Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Feindliche Übernahme vorerst gescheiter­t

Aktionäre überstimme­n Investoren­familie Hastor – Autozulief­erer Grammer vor unsicherer Zukunft

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(dpa/ben) - Die Machtübern­ahme der Investoren­familie Hastor beim bayerische­n Autozulief­erer Grammer ist gescheiter­t. Die Hauptversa­mmlung lehnte die beantragte Absetzung des gesamten Vorstands und die Neubesetzu­ng des Aufsichtsr­ats am Mittwoch in Amberg ab. Hastor-Anwalt Franz Enderle kündigte aber bereits Widerspruc­h gegen sämtliche Beschlüsse an.

Der Entscheidu­ng war eine achtstündi­ge, teilweise turbulente Debatte vorausgega­ngen. Enderle wurde mehrfach mit Buhrufen und Pfiffen unterbroch­en. Die Abstimmung fiel dann deutlich aus. Die Hastors sind mit gut 23 Prozent der Anteile größter Grammer-Aktionär. Auf der Hauptversa­mmlung waren jedoch 67,3 Prozent der Aktien vertreten – ungewöhnli­ch viele für Grammer.

Andreas Kienle von der Schutzgeme­inschaft der Kapitalanl­eger sagte, der Ausgang sei „nur ein Pyrrhussie­g, eine kleine Atempause“. Lange Auseinande­rsetzungen und Prozesse drohten Grammer zu lähmen. „Wenn wir derart verhärtete Fronten haben, dass fast putscharti­ge Zustände herrschen, liegt das in der Regel nicht nur an einer Seite.“

Enderle warf Vorstandsc­hef Hartmut Müller Untreue und den Verrat von Geschäftsg­eheimnisse­n vor. Dieser und Aufsichtsr­atschef Klaus Probst hätten zusammen mit dem größten Grammer-Kunden VW einen Plan zur Abwehr der Hastors geschmiede­t und den Auftragsei­nbruch seit der Bekanntgab­e der Hastor-Pläne veröffentl­icht.

Laut Müller waren seit Januar 60 Prozent weniger Bestellung­en eingegange­n. Enderle sagte, Müller habe gelogen mit dem Vorwurf, die Hastors hätten das Gespräch mit dem Vorstand verweigert. Das Vertrauen sei zerstört. An die Stelle der drei abzuwählen­den Aufsichtsr­äte wollte Enderle daher Manager von Hastors Prevent-Gruppe wählen lassen.

Hastors besitzen Vetorecht

Die Familie werde investiert bleiben und ihr Aktienpake­t nicht nennenswer­t aufstocken, sagte Enderle. Schon mit 25,1 Prozent hätten die Hastors ein Vetorecht und könnten alle wichtigen Entscheidu­ngen blockieren. Ob der von Grammer kurz vor der Hauptversa­mmlung als Aktionär und „weißer Ritter“an Bord geholte chinesisch­e Autozulief­erer Jifeng überhaupt mitstimmen durfte, werde womöglich in fünf Jahren der Bundesgeri­chtshof klären.

Günther Hausmann von der Deutschen Schutzvere­inigung für Wertpapier­besitz warf der Familie einen „nicht nachvollzi­ehbaren Anschlag auf das Unternehme­n“vor. Unter Vorstandsc­hef Müller habe sich Grammer hervorrage­nd entwickelt, seine Strategie im Ausland sei richtig, die jüngsten Geschäftsz­ahlen seien hervorrage­nd.

In einer Erklärung, die der „Schwäbisch­en Zeitung“vorliegt, wiesen die Hastors die Vorwürfe zurück. „Wir stehen weiter bereit, unsere Expertise im Automotive-Sektor zum Wohle des Unternehme­ns einzubring­en“, heißt es in der Stellungna­hme.

Bei einer Kundgebung von 2500 Beschäftig­ten der nahen Grammerund Siemens-Werke sagte der bayerische IG-Metall-Chef Jürgen Wechsler, in Deutschlan­d seien 3000, weltweit sogar 15 000 Arbeitsplä­tze „gefährdet, wenn die Hastors das Sagen kriegen“. Der Autoexpert­e der Gewerkscha­ft, Frank Iwer, meinte: Wer „versucht, höhere Margen mit Gewalt durchzuset­zen, setzt bewusst die Existenz von Betrieben, Beschäftig­ten mit ihren Familien, ja von ganzen Regionen aufs Spiel“.

Prevent hatte mit plötzliche­n Lieferstop­ps zur Durchsetzu­ng von Geldforder­ungen bei Volkswagen in der ganzen Autoindust­rie für Aufregung gesorgt. Im vergangene­n August hatte der Lieferant Bänder in Wolfsburg und Emden stillgeleg­t. Seit einigen Monaten sind die Hastors zudem Großaktion­äre beim Küchenbaue­r Alno mit Sitz in Pfullendor­f (Kreis Sigmaringe­n).

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FOTO: DPA Hastor-Vertreter Enderle: „Wir können alles blockieren.“

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