Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Ulms Alt-OB Ernst Ludwig ist gestorben
Stadt Ulm trauert um ihr ehemaliges Stadtoberhaupt, das von 1984 bis 1992 im Amt war
(sz) - Ernst Ludwig, Ulmer Oberbürgermeister von 1984 bis 1992, ist in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch im Alter von 90 Jahren verstorben. Die Stadt Ulm und Oberbürgermeister Gunter Czisch trauern um den Ulmer Ehrenbürger. Czisch nannte seinen Vor-Vorgänger einen „Oberbürgermeister mit eigenem Kopf, eigenem Stil und einer großen persönlichen und politischen Leidenschaft für seine Heimatstadt. Für Ulm war er der richtige Mann zur richtigen Zeit“. Am Freitag, 2. Juni, findet im Ulmer Münster ein Requiem für Ernst Ludwig statt. Ab Dienstag früh wird im Ulmer Rathaus ein Kondolenzbuch ausliegen, in das sich alle Bürger eintragen können.
Ludwig hatte in seiner Amtszeit als Ulmer Oberbürgermeister mit den Schwierigkeiten des Strukturwandels zu kämpfen. Mit dem Stadtqualitätsprogramm, das unter anderem den Bau des Congress Centrums, des Stadthauses auf dem Münsterplatz und die Konzeption und Umsetzung der Wissenschaftsstadt auf dem Oberen Eselsberg beinhaltete, fand er in die Zukunft gerichtete Antworten auf die politischen Fragen der Zeit. Unter seiner Ägide gelang es, die Arbeitslosenzahlen, die nach der für Ulm traumatischen Schließung von Videocolor in die Höhe geschnellt waren, wieder deutlich zu senken. Das Stadtbild Ulms hat sich in Ludwigs Amtszeit verändert – vor allem aber auch das Selbstverständnis der Stadt: Ulm solle seine Zukunft selbst und aktiv gestalten, das war das politische Credo des gebürtigen Ulmers.
Mit Ernst Ludwig übernahm 1984 ein Mann das Oberbürgermeisteramt, dem schnell der Stempel des Machers, des Managers der Stadt aufgedrückt wurde, so die Stadtverwaltung. Ludwig überraschte und forderte die Ulmer Bürgerschaft mit einem millionenschweren Stadtqualitätsprogramm. Vieles wurde umgesetzt, einzig bei der Untertunnelung der Neuen Straße verweigerte ihm die Ulmer Bürgerschaft per Volksentscheid die Gefolgschaft. Am Ende war das Qualitätsprogramm aber nicht nur ein optischer Gewinn für die Stadt –es machte den Standort Ulm auch zukunftsfest und für Investitionen attraktiver.
Bürger jüdischen Glaubens zu Schwörmontag eingeladen
Unvergessen Ludwigs Diktum „Stadt ist Stein“. Dabei hat gerade er die Stadt auch in ihren bürgerschaftlichen Wesenszügen geprägt: Als Mitte der 1980er Jahre diskutiert wurde, ob Ulm ein soziokulturelles Zentrum brauche, stand Ludwig auf Seiten der Roxy-Befürworter. Er war es, der die Initiative ergriff, die ehemaligen Ulmer Bürger jüdischen Glaubens zum Schwörmontag 1988 in ihre alte Heimatstadt einzuladen. Noch zu Zeiten des Eisernen Vorhangs initiierte er das erste Donaufest, aus dem später das Internationale Donaufest Ulm/ Neu-Ulm hervorging. Die Aktion „Ulmer helft euren Mitbürgern“wurde von ihm – noch vor seiner Amtszeit als OB - gegründet und blieb ihm zeitlebens ein Herzensanliegen.