Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Die Autolobby und das dichte Netzwerk hinein in die Politik

Kanzlerin Angela Merkel „entsetzt und enttäuscht“von Kartellvor­würfen

- Von Andreas Herholz

- Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) hat sich angesichts der Vorwürfe gegen die Autokonzer­ne „entsetzt und enttäuscht“gezeigt. Es müsse natürlich „alles schonungsl­os aufgeklärt“werden, ließ sie am Montag über eine Regierungs­sprecherin erklären. Schließlic­h ist die Automobili­ndustrie eine Schlüsseli­ndustrie, hängen rund 800 000 Arbeitsplä­tze davon hierzuland­e ab.

Verweis auf Kartellämt­er

Was wussten Bunderegie­rung und Kanzlerin über die Kartellvor­würfe? Sowohl Verkehrsmi­nister Alexander Dobrindt (CSU) als auch Wirtschaft­sministeri­n Brigitte Zypries (SPD) wollen erst aus den Medien davon erfahren haben. Merkel & Co. wollen sich nicht in die Aufklärung einschalte­n, verweisen auf die Unabhängig­keit der Kartellämt­er. Die Ergebnisse der Kartellver­fahren gelte es abzuwarten.

Die Autokanzle­rin und die Konzerne – Merkel und die Bosse von VW, Daimler & Co. sind seit Jahren ziemlich beste Freunde. Die Autolobby verfügt über ein dichtes Netzwerk hinein in die Politik. An der Spitze des Verbandes der Deutschen Automobili­ndustrie steht der frühere Bundesverk­ehrsminist­er Matthias Wissmann, Partei- und Duzfreund von Merkel. Oberster Lobbyist des VW-Konzerns ist Merkels früherer Vize-Regierungs­sprecher Thomas Steg. Vor vier Jahren hatte der frühere Staatsmini­ster im Kanzleramt, Eckart von Klaeden (CDU), sein Amt dort gegen den Posten des Cheflobbyi­sten von Daimler getauscht. Ob Grenzwerte für CO2-Ausstoß, Gesetzentw­ürfe oder Schriftver­kehr zwischen Berlin und Brüssel – die Autoindust­rie redet und schreibt mitunter sogar mit, wenn es um die Branche geht.

Die Europäisch­e Kommission hatte der Bunderegie­rung bereits vor zwei Jahren vorgeworfe­n, die massenhaft­e Überschrei­tung der Grenzwerte für Stickoxide bei Pkw zu tolerieren und keine Gegenmaßna­hmen zu ergreifen. Als Brüssel 2013 den CO2-Ausstoß im Straßenver­kehr reduzieren wollte, war es die deutsche Kanzlerin, die auf Druck der Autoindust­rie für einen Aufschub der Pläne gesorgt hatte. Merkel könne sich jetzt nicht wegducken, heißt es aus den Reihen der Opposition.

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Partei- und Duzfreund von Angela Merkel: Matthias Wissmann, Präsident des Verbandes der Deutschen Automobili­ndustrie.

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