Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
„Mit Rucksack und Bibel“rund um Klingenstein
Spirituelle Wanderung des katholischen Dekanats mit zahlreichen Stationen handelt vom Pflügen und Säen
- 80 bibelinteressierte Pilger sind am Samstag der Einladung des katholischen Dekanats Ehingen-Ulm zur spirituellen Wanderung „Mit Rucksack und Bibel“gefolgt. Start und Ziel war in der Kirche St. Josef am Berg in BlausteinKlingenstein nahe Ulm.
Dekanatsreferent Wolfgang Steffel verdeutlichte zu Beginn der Tour den Sinn des Wandertages, der seit 2003, also zum 15. Mal, am letzten Samstag vor den großen Sommerferien an wechselnden Orten des Dekanats stattfindet. In den vergangenen Jahren wanderten die Pilger in Schmiechen, Gögglingen, Hüttisheim, Westerheim, Böfingen und Allmendingen. Der ehrenamtliche Wanderführer Hans-Jürgen Gerber hatte eine landschaftlich reizvolle und mit kirchlichen Kostbarkeiten reich gefüllte 15 Kilometer lange Strecke bei Klingenstein ausgewählt.
„Wir dürfen die Schriftworte in der Stille zu uns reden lassen und dabei unser Leben mit hellen und dunklen Stunden einbringen. Diese geistliche Arbeit kann anstrengend sein“, sagte Wolfgang Steffel. Dafür wurden an sechs Stationen Pflugworte meditiert. Diese sind in der Bibel nicht groß an Zahl, aber allesamt herausfordernd.
Die Schriftstellen aus den alttestamentlichen Weisheits- und Prophetenbüchern und die Pflugworte Jesu im Neuen Testament ergaben in Summe und Zusammenspiel der Motive eine Einladung zur Nachfolge mitten im Alltag. „Ziehen wir freudig und mit Sorgfalt die Furche, die Gott uns jeden Tag neu anvertraut“, rief Wolfgang Steffel den Pilgern zu.
Auf Schloss Klingenstein
Eine solche unspektakuläre Bewährung des Glaubens mitten im Alltag wurde durch die Motive in den Kapellen und Kirchen am Weg verdeutlicht. Immer wieder begegnete die Gestalt des heiligen Josef, der sich um Maria und das Jesuskind in Offenheit für Gottes Weisung sorgte. Die Dreifaltigkeitskapelle auf Schloss Klingenstein zeigt auf dem Altarbild die heilige Dreifaltigkeit, also einen Gott, der nicht bei sich und in sich bleibt, sondern sich in Christus in die Welt hinein und auf den Menschen hin öffnet.
Die Florianskirche Harthausen beherbergt das Bild eines Heiligen, der einlud, sich Gott vorzustellen als einen, der schwere Arbeit verrichtet: Ignatius von Loyola. Dies hat die jesuitische Tradition später zur Vorstellung Gottes als Pflüger weiterentwickelt. „Gott müht sich ab in allem und wirkt ständig. Wir dürfen ihn in allem suchen und finden“, fasste Wolfgang Steffel diese ignatianische Spurensuche zusammen. Das Wechselspiel von innerer Einkehr und Stillephasen mit weiten Ausblicken ins Blautal und auf die Stadt Ulm vertiefte die geistliche Suche.
Die Teilnehmer konkretisierten ihre persönliche Nachfolge in vielfältiger Weise. „Ich möchte regelmäßig Menschen in Not besuchen“, so eine Frau. „Dauernd pflügen reicht nicht“, ergänzte ein Mann. „Es braucht immer wieder Zeiten des Innehaltens, des Säens und Wachsenlassens.“
Andere Pilger zählten wichtige Haltungen auf: Vergebungsbereitschaft, ein offenes Ohr für den Nächsten, das Glaubenszeugnis im Berufsleben, Dankbarkeit für Gottes Gaben statt ständigem Stolz auf die eigene Leistung sowie Treue und Beständigkeit in den Aufgaben, die man übernommen und zugesagt hat.
Das geistliche Sinnbild des Pfluges ist Leitbild im Jahresprogramm 2017 des Dekanats. „Oftmals werden heute nur noch die entspannenden Seiten der Religion betont, dabei ist Glaube doch ein lebenslanger Lernprozess, der Anstrengung und Opferbereitschaft erfordert“, sagt Wolfgang Steffel und verweist auf ein deutsches Sprichwort: „Gebrauchter Pflug blinkt, stehend Wasser stinkt.“ Pflügen bedeute, neugierig zu werden, sich herausfordern zu lassen und in die radikale Jesus-Nachfolge einzutreten, gemäß dessen eigenen Worten: „Wer die Hand an den Pflug legt und zurückschaut, taugt nicht für das Reich Gottes.“