Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Der ganz normale Wahnsinn
Polizei spricht von friedlichem Schwörmontag – Prügelnde Betrunkene und Bombendrohung
- Bis zu 70 000 Menschen waren nach Schätzungen der Ulmer Stadtverwaltung am Schwörmontag auf den Beinen. Angesichts dieser Masse bewertet die Ulmer Polizeidirektion 14 Fälle von Körperverletzung als niedrig und spricht von einem „überwiegend friedlichen Verlauf“des Ulmer „Nationalfeiertags“. Bei der Open-Air-Veranstaltung auf dem Münsterplatz verzeichnete die Polizei gut 3 500 Zuschauer.
Der teilweise hohe Alkoholpegel der Festbesucher führe immer wieder zu Problemen. Beim Nabada auf der Donau wurden etwa Einsatzkräfte von betrunkenen Jugendlichen lautstark im Chor beleidigt. Als bei ihnen die Personalien festgestellt werden sollten, wehrte sich einer der Trunkenbolde. Zwei 17-Jährige erwartet nun ein Strafverfahren.
Die Ulmer Polizei musste im Laufe des Abends und der Nacht mehrere Male Streitigkeiten schlichten, in 14 Fällen kam es zu körperlichen Übergriffen. In drei Fällen hatten es die Beamten mit Personen zu tun, die sich den Maßnahmen der Polizei widersetzen. Hierbei wurde ein Polizeibeamter leicht verletzt.
Auch im Bereich des Jugendschutzes waren Polizei und Stadt Ulm im Trubel des Schwörmontags unterwegs. In elf Fällen musste eingeschritten werden, weil Jugendliche mit Tabakwaren oder für sie nicht zulässigen alkoholischen Getränken angetroffen wurden.
Nur einen Fall von sexueller Belästigung verzeichnete die Ulmer Polizei. Gleich mehrmals fasste am Montag gegen 16.30 Uhr ein junger Mann in einer Gaststätte am Weinhof eine 19-jährige Frau unsittlich an. Diese setzt sich zur Wehr und hielt den Grapscher fest, um ihm unmissverständlich ihr Missfallen zu verdeutlichen. Einige Zeit später traf die Frau nochmals auf den Mann und konnte ihn fotografieren. Mit diesem erstattete sie noch am Abend Anzeige. Der junge Mann ist offenbar polizeibekannt, wie Polizeibeamter Marco Ziller sagt. Von „Schorndorfer Verhältnissen“könne Ulm jedoch keine Rede sein, wie Ziller auf die Vorkommnisse bei einem Stadtfest in dem baden-württembergischen Städtchen anspielt.
Für großes Aufsehen sorgte gegen 21 Uhr eine Bombendrohung. Ein bislang unbekannter Mann rief am Montagabend bei der Polizei an und teilte mit, dass er in einer Gaststätte in der Frauenstraße eine Bombe deponiert habe. Die Polizei räumte die voll besetzte Gaststätte und durchsuchte die Räumlichkeiten unter anderem mit einem Sprengstoffsuchhund. Eine Bombe konnte nicht aufgefunden werden.
Mit der Räumung einer voll besetzten Gaststätte am Schwörmontag hatte die Polizei nach eigenen Angaben aber große Mühe, Beamten wurden wüst beleidigt. Die Ermittlungen in Sachen Bombendrohung laufen noch. „Aber wir gehen von einem ganz schlechten Scherz aus“, sagt Polizeibeamter Marco Ziller.
Eine unschöne Begegnung mit aggressiven Menschen hatte die Polizei auch gegen 22 Uhr in der Neuen Straße. Während die Polizei mit der Schlichtung und der Personalienfeststellung beschäftigt war, griff ein 22-jähriger Mann plötzlich einen Polizeibeamten an und trat ihm mit dem Fuß ins Gesicht. Gegen den Mann wird jetzt wegen gefährlicher Körperverletzung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte ermittelt.
Kind steht neben dem betrunkenen Vater
Ebenfalls um 22 Uhr berichtete der Polizei ein Zeuge von einem in der Fischergasse auf dem Boden liegenden Betrunkenen. Neben diesem würde ein Kind stehen. Die Streife fand den Mann wie beschrieben vor. Neben dem am Boden liegenden 31Jährigen stand sein achtjähriger Sohn. Das verstörte Kind brachten die Polizeibeamte zu seiner Mutter.
Mit einer Gruppe volltrunkener Jugendlicher im Alter zwischen 15 und 17 Jahren hatte um 1.45 Uhr die Bundespolizei am Ulmer Hauptbahnhof zu tun. Ihr Schnaps wurde konfisziert, nachdem Atemalkoholwerte zwischen einem und 1,8 Promille festgestellt wurden.
Die Neu-Ulmer Polizei schritt gegen 23 Uhr bei einer handfesten Auseinandersetzung auf dem Schwal ein. Hintergrund war wohl, dass der 20jährige Besucher auf Bierbänken tanzte und ihm dies vom Sicherheitsdienst untersagt wurde.
Gegen 0.40 Uhr ereignete sich dann eine weitere Körperverletzung auf der Insel. Ein 20-jähriger geriet mit einem bislang Unbekannten aneinander. Im Verlauf des Streits schlug der Unbekannte dem jungen Mann mit der Faust in das Gesicht.
Kurze Zeit später wurde ein 25Jähriger in der Augsburger Straße in Neu-Ulm geschlagen. Offenbar unvermittelt durch zwei Personen, die an einem Bordstein saßen.
Dennoch spricht auch die Polizei in Neu-Ulm von einem friedlichen Schwörmontag mit einer insgesamt geringeren Beteiligung als im vergangenen Jahr. Einen Eindruck, den auch die Ulmer Entsorgungsbetriebe (Ebu) bestätigen: Mit vermutlich unter 20 Tonnen eingesammelten Müll, gab es für die 30-Ebu-Mitarbeiter, die ab Dienstagmorgen um 4 Uhr Ulm wieder besenrein machten, weniger zu tun als 2016. Dafür sammelten die Müllmänner mehr Scherben ein, wofür Ebu-Chef Michael Potthast eine Erklärung hat: „Die jungen Leute nehmen verstärkt ihre eigenen Getränke mit.“Denn bei den offiziellen Ausschankstellen ist Glas tabu.
„Wir gehen von einem ganz schlechten Scherz aus“,