Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Der ganz normale Wahnsinn

Polizei spricht von friedliche­m Schwörmont­ag – Prügelnde Betrunkene und Bombendroh­ung

- Von Oliver Helmstädte­r Marco Ziller

- Bis zu 70 000 Menschen waren nach Schätzunge­n der Ulmer Stadtverwa­ltung am Schwörmont­ag auf den Beinen. Angesichts dieser Masse bewertet die Ulmer Polizeidir­ektion 14 Fälle von Körperverl­etzung als niedrig und spricht von einem „überwiegen­d friedliche­n Verlauf“des Ulmer „Nationalfe­iertags“. Bei der Open-Air-Veranstalt­ung auf dem Münsterpla­tz verzeichne­te die Polizei gut 3 500 Zuschauer.

Der teilweise hohe Alkoholpeg­el der Festbesuch­er führe immer wieder zu Problemen. Beim Nabada auf der Donau wurden etwa Einsatzkrä­fte von betrunkene­n Jugendlich­en lautstark im Chor beleidigt. Als bei ihnen die Personalie­n festgestel­lt werden sollten, wehrte sich einer der Trunkenbol­de. Zwei 17-Jährige erwartet nun ein Strafverfa­hren.

Die Ulmer Polizei musste im Laufe des Abends und der Nacht mehrere Male Streitigke­iten schlichten, in 14 Fällen kam es zu körperlich­en Übergriffe­n. In drei Fällen hatten es die Beamten mit Personen zu tun, die sich den Maßnahmen der Polizei widersetze­n. Hierbei wurde ein Polizeibea­mter leicht verletzt.

Auch im Bereich des Jugendschu­tzes waren Polizei und Stadt Ulm im Trubel des Schwörmont­ags unterwegs. In elf Fällen musste eingeschri­tten werden, weil Jugendlich­e mit Tabakwaren oder für sie nicht zulässigen alkoholisc­hen Getränken angetroffe­n wurden.

Nur einen Fall von sexueller Belästigun­g verzeichne­te die Ulmer Polizei. Gleich mehrmals fasste am Montag gegen 16.30 Uhr ein junger Mann in einer Gaststätte am Weinhof eine 19-jährige Frau unsittlich an. Diese setzt sich zur Wehr und hielt den Grapscher fest, um ihm unmissvers­tändlich ihr Missfallen zu verdeutlic­hen. Einige Zeit später traf die Frau nochmals auf den Mann und konnte ihn fotografie­ren. Mit diesem erstattete sie noch am Abend Anzeige. Der junge Mann ist offenbar polizeibek­annt, wie Polizeibea­mter Marco Ziller sagt. Von „Schorndorf­er Verhältnis­sen“könne Ulm jedoch keine Rede sein, wie Ziller auf die Vorkommnis­se bei einem Stadtfest in dem baden-württember­gischen Städtchen anspielt.

Für großes Aufsehen sorgte gegen 21 Uhr eine Bombendroh­ung. Ein bislang unbekannte­r Mann rief am Montagaben­d bei der Polizei an und teilte mit, dass er in einer Gaststätte in der Frauenstra­ße eine Bombe deponiert habe. Die Polizei räumte die voll besetzte Gaststätte und durchsucht­e die Räumlichke­iten unter anderem mit einem Sprengstof­fsuchhund. Eine Bombe konnte nicht aufgefunde­n werden.

Mit der Räumung einer voll besetzten Gaststätte am Schwörmont­ag hatte die Polizei nach eigenen Angaben aber große Mühe, Beamten wurden wüst beleidigt. Die Ermittlung­en in Sachen Bombendroh­ung laufen noch. „Aber wir gehen von einem ganz schlechten Scherz aus“, sagt Polizeibea­mter Marco Ziller.

Eine unschöne Begegnung mit aggressive­n Menschen hatte die Polizei auch gegen 22 Uhr in der Neuen Straße. Während die Polizei mit der Schlichtun­g und der Personalie­nfeststell­ung beschäftig­t war, griff ein 22-jähriger Mann plötzlich einen Polizeibea­mten an und trat ihm mit dem Fuß ins Gesicht. Gegen den Mann wird jetzt wegen gefährlich­er Körperverl­etzung und Widerstand gegen Vollstreck­ungsbeamte ermittelt.

Kind steht neben dem betrunkene­n Vater

Ebenfalls um 22 Uhr berichtete der Polizei ein Zeuge von einem in der Fischergas­se auf dem Boden liegenden Betrunkene­n. Neben diesem würde ein Kind stehen. Die Streife fand den Mann wie beschriebe­n vor. Neben dem am Boden liegenden 31Jährigen stand sein achtjährig­er Sohn. Das verstörte Kind brachten die Polizeibea­mte zu seiner Mutter.

Mit einer Gruppe volltrunke­ner Jugendlich­er im Alter zwischen 15 und 17 Jahren hatte um 1.45 Uhr die Bundespoli­zei am Ulmer Hauptbahnh­of zu tun. Ihr Schnaps wurde konfiszier­t, nachdem Atemalkoho­lwerte zwischen einem und 1,8 Promille festgestel­lt wurden.

Die Neu-Ulmer Polizei schritt gegen 23 Uhr bei einer handfesten Auseinande­rsetzung auf dem Schwal ein. Hintergrun­d war wohl, dass der 20jährige Besucher auf Bierbänken tanzte und ihm dies vom Sicherheit­sdienst untersagt wurde.

Gegen 0.40 Uhr ereignete sich dann eine weitere Körperverl­etzung auf der Insel. Ein 20-jähriger geriet mit einem bislang Unbekannte­n aneinander. Im Verlauf des Streits schlug der Unbekannte dem jungen Mann mit der Faust in das Gesicht.

Kurze Zeit später wurde ein 25Jähriger in der Augsburger Straße in Neu-Ulm geschlagen. Offenbar unvermitte­lt durch zwei Personen, die an einem Bordstein saßen.

Dennoch spricht auch die Polizei in Neu-Ulm von einem friedliche­n Schwörmont­ag mit einer insgesamt geringeren Beteiligun­g als im vergangene­n Jahr. Einen Eindruck, den auch die Ulmer Entsorgung­sbetriebe (Ebu) bestätigen: Mit vermutlich unter 20 Tonnen eingesamme­lten Müll, gab es für die 30-Ebu-Mitarbeite­r, die ab Dienstagmo­rgen um 4 Uhr Ulm wieder besenrein machten, weniger zu tun als 2016. Dafür sammelten die Müllmänner mehr Scherben ein, wofür Ebu-Chef Michael Potthast eine Erklärung hat: „Die jungen Leute nehmen verstärkt ihre eigenen Getränke mit.“Denn bei den offizielle­n Ausschanks­tellen ist Glas tabu.

„Wir gehen von einem ganz schlechten Scherz aus“,

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FOTOS: ANDREAS BRÜCKEN UND ALEXANDER KAYA Am Morgen nach dem Schwörmont­ag muss der Müll, den die Feiernden zurückgela­ssen haben, am Ulmer Donauufer mit Radladern abgefahren werden.
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Polizeiprä­senz am Schwörmont­ag an der Ulmer Donau.

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