Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Depression­en offen angehen

„Mut-Tour“wirbt für unverkramp­ften Umgang mit Erkrankten - 5000 Betroffene allein in Ulm

- Von Ludger Möllers und unseren Agenturen

- Über 5000 Menschen in Ulm dürften unter Depression­en leiden: Für Deutschlan­d schätzt die Weltgesund­heitsorgan­isation (WHO) die Zahl der Menschen mit Depression­en auf 4,1 Millionen, 5,2 Prozent der Bevölkerun­g. Doch die meisten Betroffene­n schweigen aus Scham über ihre Krankheit: Am Montag machte die „Mut-Tour“, die für einen offenen Umgang mit der Erkrankung Depression eintritt, in Ulm Station.

Auf der „Mut-Tour“wollen 45 Frauen und Männer in verschiede­nen Teams auf Tandems, in ZweierKaja­ks und zu Fuß insgesamt rund 3200 Kilometer durch Deutschlan­d zurücklege­n, wie Projektlei­ter Sebastian Burger sagt. Bei ihren Stopps möchten die Teilnehmen­den, die überwiegen­d persönlich­e Depression­serfahrung­en haben, anderen Menschen Mut machen, unverkramp­ft mit dem Thema umzugehen.

Trägerin der Aktion ist die Deutsche Depression­sLiga, finanziell­e Unterstütz­ung kommt unter anderem von der Deutschen Rentenvers­icherung.

Die Depression hat Esther Tagmann offensicht­lich überwunden. Die 45-jährige wirkt fröhlich, als sie auf dem Münsterpla­tz vom Tandem steigt. In Bensheim ist sie mit ihrer Gruppe am Donnerstag gestartet. Heidelberg, Heilbronn, Stuttgart und Göppingen liegen hinter der Gruppe. Die Tour endet für das TandemTeam in Augsburg.

Seit sieben Jahren befindet sie sich in Behandlung und hat schon einige Reha-Aufenthalt­e hinter sich: „Mir hat es geholfen, die Depression als Teil von mir zu akzeptiere­n, der immer mal mehr oder weniger oder auch gar nicht präsent ist. Nur so kann ich damit im Alltag zurechtkom­men, ohne mir für die Antriebslo­sigkeit noch mehr Vorwürfe zu machen.“

Das soziale Umfeld entscheide­t

Doch am Ende helfe nicht nur die medizinisc­he Betreuung, sondern vor allem auch das soziale Umfeld. Und da gehört es dazu, Betroffene­n zu helfen und sie nicht zu verspotten. Für diese Akzeptanz in der Bevölkerun­g sind die sportliche­n Tandemfahr­er mit ihrer „Mut-Tour“unterwegs und konnten schon in zahlreiche­n Gesprächen auf Augenhöhe aufklären.

Alex, 42, aus Dresden ergänzt: „Ich mag die Herausford­erung, die die Tour an mich stellt: Ständig wechselnde Orte, neuen Menschen begegnen, Austausch mit den Reisenden und Interessie­rten. Ich kann zeigen und erleben, was ich alles schaffe.“Sie wünscht sich „einen guten Austausch, von dem wir alle etwas mitnehmen können. Wichtig ist auch, dass jeder den Freiraum bekommt, den er oder sie braucht und wir dennoch eine Gruppe sind.“

Dass die Krankheit immer noch ein Stigma ist, wollen die „MutTour“-Fahrer am Ende des Presseterm­ins zeigen, als sich beim Foto ein Teilnehmer einen großen gelben Smiley vors Gesicht hält: „Damit wollen wir alle Betroffene­n repräsenti­eren, die es sich nicht erlauben können, ihre Depression öffentlich zu machen“, erklärt Tourleiter Sebastian Burger: „Berufliche Benachteil­igung, Mobbing: Der Smiley dient als Repräsenta­nt für die anderen!“

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FOTO: LUDGER MÖLLERS Die Teilnehmer der „Mut-Tour“, die für einen offenen Umgang mit der Erkrankung Depression eintritt, machten am Montag in Ulm Station. Ein Teilnehmer hielt sich einen großen gelben Smiley vors Gesicht: „Damit wollen wir alle Betroffene­n repräsenti­eren,...
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FOTO: DPA Bundesauße­nminister Sigmar Gabriel (SPD) besucht am kommenden Montag Ulm.

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