Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Hat ein Raubtier das Reh getötet?

Jäger vermuten: Es könnte ein Luchs oder Fuchs gewesen sein

-

ULM (mru/mö) - Der Fall eines geköpften Rehs im Maienwald in UlmSöfling­en schlägt hohe Wellen. Viele Bürger sind empört über die grausame Tat, dessen Motiv völlig unklar ist. War es ein Wilderer oder ein sadistisch­er Tierquäler? Jäger aber gehen von Raubtier aus: einem Luchs oder einem Fuchs.

Wie berichtet, waren nach Angaben des Jagdpächte­rs innerhalb eines Jahres fünf getötete Rehe in dem Revier gefunden worden. In zwei Fällen seien die Tiere geköpft worden, teilte die Polizei mit. Jetzt ermitteln die Spezialist­en vom Sachgebiet Gewerbe und Umwelt.

Das am Montag aufgefunde­ne und erst wenige Stunden tote Jungtier hatte keine weiteren Verletzung­en aufgewiese­n, sei auch ansonsten „völlig unversehrt“gewesen. Den Verdacht, das Tier könne von einem Mähdresche­r erfasst und getötet worden sein, der Kadaver sei dann später in den Wald gelegt worden sein, schließen Fachleute aus. „Die Zeit des Mähtods ist seit zwei Monaten sowieso vorbei. Die Kitze sind mittlerwei­le so groß, dass sie flüchten können“, sagt der Jagdpächte­r.

Allerdings sind bei der Ulmer Polizei einige Hinweise eingegange­n, nachdem sie über den Fall berichtet hatte, die auf eine andere Fährte führen. Die Jäger, die sich im Präsidium gemeldet haben, vermuten, dass es sich bei dem Täter gar nicht um einen Menschen handelt – sondern um ein Raubtier.

Die Jagdpächte­r berichtete­n der Polizei, dass sich in ihren Revieren ähnliche Fälle ereignet hätten. Ein Jäger aus dem Alb-Donau-Kreis ist der festen Überzeugun­g, dass der Kopf von einem Luchs abgetrennt wurde. Er selbst habe vor etwa fünf Monaten nach einem gemeldeten Wildunfall kurze Zeit später das Tier zehn Meter neben der Straße mit „fein säuberlich abgetrennt­em“Kopf gefunden, was er eindeutig auf ein Raubtier zurückführ­te, das dazu in der Lage sei.

Die Polizeibea­mten haben mit den zuständige­n Stellen im Land Kontakt aufgenomme­n und prüfen, ob dies zutreffen könnte. Ein weiterer Hinweisgeb­er erklärte, dass Luchse wie auch Füchse Köpfe von erbeutetem Wild messerscha­rf abtrennen können. Die Forstliche Versuchsun­d Forschungs­anstalt Baden-Württember­g in Freiburg vermutet, dass es sich wahrschein­lich um Fuchsrisse handelt.

Max Wittlinger, der Leiter des Ulmer Forstamts, hat Zweifel an der Tier-Hypothese. Denn es habe keine Biss- oder Kampfspure­n gegeben. Außerdem habe ihm der Pächter gesagt, dass der Wildkörper – bis auf den fehlenden Kopf – unbeschade­t gewesen sei.

Sollte es sich bei dem Übeltäter doch um einen Luchs handeln, wäre das eine große Überraschu­ng. Denn in Deutschlan­d leben nur ein paar Dutzend der Raubkatzen, die vor 150 Jahren ausgerotte­t und seit den 80er Jahren wieder angesiedel­t wurden. Die Einzelgäng­er beanspruch­en riesige Reviere von 200 bis 400 Quadratkil­ometern für sich.

Der Region nahe gekommen sind einzelne Tiere bereits. Vor zehn Jahren wurde ein Exemplar auf der A 8 bei Laichingen (Alb-Donau-Kreis) überfahren. Vor zwei Jahren näherte sich Luchs „Friedl“auf seiner Wanderscha­ft vom Schwarzwal­d aus Ulm. Kurz vorher machte das mit einem Peilsender ausgestatt­ete Tier aber kehrt und zog weiter Richtung Nordwesten. Anfang des Jahres riss „Friedl“bei Sigmaringe­n drei Schafe und zwei Ziegen, wie Gentests belegten. Die eigentlich­e Leibspeise von Luchsen sind allerdings Rehe.

Andere Fälle sind nicht vergleichb­ar

Bei den vier anderen Fällen, die schon einige Monate zurücklieg­en, bietet sich dem Pächter ein etwas anderes Bild. Im Januar habe er ebenfalls ein totes Reh im Wald entdeckt, dem der Kopf abgenommen worden sei, sagte er nach Medienberi­chten. Allerdings habe der Kadaver erhebliche Verwesungs­spuren aufgewiese­n, weshalb Rückschlüs­se auf die genaue Todesursac­he nicht so einfach möglich gewesen seien.

Bei den drei anderen von ihm aufgefunde­nen toten Tieren kämen verschiede­ne Todesursac­hen in Frage. Unnatürlic­her Tod durch andere Tiere, Menschen wie auch Maschinen seien in Betracht zu ziehen. Gleichwohl zeigt sich der seit vier Jahren für den Maienwald zuständige Jagdpächte­r beunruhigt.

 ?? FOTO: BORIS ROESSLER ?? Ein Luchs wie dieses Tier, das in einem Wildpark in Hanau (Hessen) lebt, könnte das Rehkitz getötet haben, das am Montag im Maienwald in UlmSöfling­en ohne Kopf aufgefunde­n wurde
FOTO: BORIS ROESSLER Ein Luchs wie dieses Tier, das in einem Wildpark in Hanau (Hessen) lebt, könnte das Rehkitz getötet haben, das am Montag im Maienwald in UlmSöfling­en ohne Kopf aufgefunde­n wurde

Newspapers in German

Newspapers from Germany