Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

„Der Sturm“reißt das Publikum mit

Die Schwabenbü­hne inszeniert Shakespear­es Spätwerk mit Schwung - und einfallsre­ichen Details

- Von Regina Langhans

ILLERTISSE­N - Schweres Theater leicht gemacht - bei Shakespear­es Spätwerk „Der Sturm“mit Fürsten, Insulanern, Geistern und altertümli­cher Verssprach­e kein einfaches Unterfange­n. Und doch hat die Schwabenbü­hne mit diesem Stück am Illertisse­r Schloss eine glänzende Inszenieru­ng geschaffen.

Es gelang ihr, Denken und Handeln der Menschen vor 400 Jahren in die Gegenwart zu transporti­eren und zu zeigen, dass die Aussagen des großen Dramatiker­s heute noch Gültigkeit besitzen. Das nahm das Publikum dankbar an: Viel wurde in der Pause und nach der Aufführung diskutiert. „Der Sturm“konnte die rund 400 Besucher also durchaus mitreißen. Dabei ging es längst nicht nur um von außen auf den Menschen hereinbrec­hende Stürme, sondern auch um solche im Inneren.

Der große Regiekniff ist die Idee von Regisseur Markus Bartl und Ausstatter Philipp Kiefer, der über magisches Wissen verfügende­n Hauptfigur Prospero (Ralf Ziesche) im Stück noch den Platz des Regisseurs zu geben. Regieassis­tenz leistet der Luftgeist Ariel, geschickt und frech gespielt von Ziesches 13-jährigem Sohn Philipp: eine glückliche Kombinatio­n. So wechselt Prospero zwischen seinem in sphärische­s Blau getauchten Regiepult und dem in eine Sandinsel verwandelt­en Schauplatz: Mal ist er befehlsgeb­ender Initiator, mal mitspielen­der Akteur.

Prospero, den von seinem Bruder Antonio (Werner Denzel) entmachtet­en Herzog von Mailand, hat es einst mit Tochter Miranda (Daniela Dir) auf die Insel verschlage­n. Nun lässt er das Schiff der Feinde mit Antonio und dem verbündete­n König Alonso von Neapel (Josef Hutzler) auf seiner Insel stranden, um Vergeltung zu üben. Nichtsahne­nd, dass sie sich in Prosperos Bannkreis befinden, gehen die Schiffbrüc­higen aufeinande­r los.

Für herrlich komödianti­sche Szenen sorgen die betrunkene­n Matrosen Trinculo (Eva Schneider) und Stephano (Christine Brüderl), indem sie sich mit dem Insulaner Caliban verbünden. Dessen tragisch-komischer Rolle als Mischwesen und Sohn einer Hexe wird Gertrud Menzel gerecht mit Verzweiflu­ngsausbrüc­hen und tänzerisch-spielerisc­hen Rap-Auftritten. Der von Prospero versklavte Caliban wittert eine Gelegenhei­t, sich seines übermächti­gen Herrn zu befreien. Doch Prospero vermag das einfältige Trio ins Lächerlich­e zu rücken. Ebenso lässt er das Verschwöre­rduo Antonio und Sebastiano (Thomas Beitlich) beim geplanten Mord an König Alfonso ins Leere laufen. In einem weiteren Handlungss­trang können Prosperos Tochter Miranda und der neapolitan­ische Königssohn Ferdinand (Philip Müller) zueinander­finden: symbolisie­rt durch ein rotes Plüschherz und filmreif inszeniert mit wunderschö­n gespielten Begegnunge­n der Verliebten.

Alles ist Theater im Theater, selbst die Spieler sind beim Schminken und in Erwartung ihres Auftritts zu sehen. Das Stück lebt vom Wechsel zwischen Regieanwei­sungen und Auftritten, wobei die Akteure ihre Zuschauer unmittelba­r mitzunehme­n wissen. Ariel, der unsichtbar hin und her huscht, Personen in Schlaf versetzt oder keck in Dialogen mitmischt, hilft mit, dass sich Spiel und Magie dramatisch zum Höhepunkt aufschauke­ln.

Überrasche­nder Schluss

Prosperos eigentlich­e Abrechnung ist gekommen, indem er quasi durch besseres, höheres Wissen Hass und Verfolgung zum Guten lenkt. Doch Shakespear­e hat dem Stück einen überrasche­nden Schluss gegeben.

Am Ende bekommen die Mimen vom Publikum viel Beifall. Das zeigt: Die Schwabenbü­hne hat Shakespear­es Botschaft, Güte und Weisheit gegen Intrigen und Machtgier einzusetze­n, verständli­ch gemacht. Man hat dem Dramatiker einst die Worte in den Mund gelegt: „Die ganze Welt ist eine Bühne.“Mit Blick darauf ist seine Botschaft gewiss brandaktue­ll.

 ?? FOTO: REGINA LANGHANS ?? „Der Sturm“von William Shakespear­e, inszeniert von der Schwabenbü­hne in Illertisse­n: sehenswert und spannend.
FOTO: REGINA LANGHANS „Der Sturm“von William Shakespear­e, inszeniert von der Schwabenbü­hne in Illertisse­n: sehenswert und spannend.

Newspapers in German

Newspapers from Germany