Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
„Weihnachten zu Hause war eine neue Erfahrung“
Dominik Klein über das Ehinger Turnier und sein Leben in Frankreich
EHINGEN - Dominik Klein zählt seit Langem zu den besten Linksaußen im Handball. Er spielte zehn Jahre für den THW Kiel, gewann mit dem THW achtmal die deutsche Meisterschaft, sechsmal den DHB-Pokal und dreimal die Champions League. 2007 wurde Klein mit der Nationalmannschaft Weltmeister. 2016 verließ der heute 33-Jährige Kiel und wechselte zum HBC Nantes, mit dem er im ersten Jahr den französischen Pokal holte, Rang zwei in der Liga belegte und ins Achtelfinale der Champions League kam. Mit Nantes gewann Klein 2016 auch den Sparkassen-Cup und ist nun zum insgesamt achten Mal beim Turnier in Ehingen dabei. SZ-Redakteur Andreas Wagner sprach mit Klein über die Erfahrungen in Ehingen, die Unterschiede zwischen Handball in Deutschland und Frankreich, Druck im Profisport und seine Pläne für die Zukunft.
Im vergangenen Jahr haben Sie nach dem Finale gesagt, dass Sie mit Nantes unbedingt auch 2017 beim Sparkassen-Cup spielen wollten. Sie waren zuvor etliche Male mit Kiel in Ehingen und kennen das Turnier in der Längenfeldhalle. Was schätzen Sie daran?
Das habe ich damals gesagt, weil ich davon ausgegangen bin, dass man den Titelverteidiger wieder dabeihaben will. Aber es gilt, was ich schon als Spieler des THW in Ehingen erfahren habe. Mir gefällt, wie familiär es hier zugeht, die Betreuung der Mannschaften durch die vielen Helfer und die Unterbringung in den Hotels mit super Service. Es wird einem viel geboten, auch wenn der Rummel vor der Halle früher größer war. Dazu kommen hochkarätige Spiele – für uns die ersten in der Vorbereitung, da wir später eingestiegen sind. Und alle Spiele gegen Top-Gegner.
Waren Sie überrascht, dass Sie mit Nantes 2016 auf Anhieb Turniersieger wurden?
Wir haben eine Mannschaft mit vielen erfahrenen Spielern und recht schnell zusammengefunden. Wegen Olympia haben aber auch einige Nationalspieler bei den Gegnern gefehlt, nichtsdestotrotz wollen wir den Erfolg von 2016 bestätigen.
In Frankreich war Nantes vergangene Saison recht erfolgreich.
Wir waren Pokalsieger und Zweiter in der Liga hinter Paris, aber PSG spielt auf einem anderen Stern. Die Frage wird sein, wie wir unser Spielsystem mit schnellem Ball und schnellem Umschalten von Abwehr auf Angriff weiterentwickeln. Persönlich finde ich es schön, diesen Prozess mitzugestalten.
Sie kamen vor wenigen Tagen nicht von Nantes nach Ehingen, sondern von Kiel, wo Sie an einer Benefizaktion zugunsten der Mukoviszidose-Hilfe in einer Bäckerei mithalfen. Wie gern kehren Sie noch nach Kiel zurück?
Das tut immer gut. Kiel ist für mich ein Stück Heimat, das spürt man schon, wenn man in die Stadt reinfährt. Man fühlt sich wohl dort, hat Freundschaften und ist Teil der THW-Familie, mit der man sich immer verbunden fühlen wird.
Ihr früherer Teamkollege Christian Zeitz, der ein Jahr vor Ihnen Kiel verließ und nach Veszprém wechselte, äußerte sich ähnlich und ist inzwischen zum THW zurückgekehrt. Ist das für Sie ebenfalls vorstellbar?
Auf sportlicher Ebene nicht. Ich bin aber nach wie vor im Austausch mit den Verantwortlichen des THW.
Wie sehr unterscheidet sich der deutsche vom französischen Handball?
In Frankreich spielt das Individuelle eine größere Rolle, den Spielern wird ein größerer Freiraum gegeben. Man darf seine Schnelligkeit, seine Kraft mehr ausleben. Auch im Spielsystem gibt es Unterschiede, im taktischen Verhalten. In Deutschland ist man oftmals disziplinierter. Aber der Trend geht auch in Frankreich dahin, dass das Spiel taktisch immer ausgeprägter wird.
In der Bundesliga ist oft von einer sehr hohen Belastung für die Spieler die Rede. Wie sieht es damit in Frankreich aus?
Die Belastung ist nicht wesentlich geringer. Die französische Liga hat mit 14 zwar weniger Mannschaften als die Bundesliga, aber es gibt in Frankreich einen zusätzlichen Pokalwettbewerb und durch die internationalen Spiele sind wir auch im Drei-Tage-Rhythmus. Allerdings fängt die Saison später an und hört früher auf. Und Weihnachten ist frei. In Frankreich gibt es eine starke Spieler-Gewerkschaft, die darauf achtet.
Weihnachten bei der Familie ist nichts Selbstverständliches für einen Handballprofi?
In der Bundesliga haben sich neun der 18 Vereine gefreut, wenn sie an Weihnachten ein Heimspiel hatten. An dem Tag gab es auch wenige Konkurrenzveranstaltungen. Aber für uns Spieler bedeutete das, dass wir am ersten Weihnachtsfeiertag zum Videostudium in der Halle waren und am zweiten Feiertag war das Spiel. An Weihnachten frei zu haben und zu Hause bei der Familie zu sein, war für mich eine ganz neue Erfahrung.
Haben Sie sich rasch an das Leben in Frankreich gewöhnt?
Wir haben es schnell angenommen, wobei natürlich der sportliche Alltag vorn ansteht. Sprachlich habe ich bei Lesson Zero angefangen, ich erhalte Privatunterricht, um auf ein Niveau zu kommen, das mich durch den Alltag bringt.
In Ihrer Mannschaft sind Spieler aus unterschiedlichen Nationen, nicht nur Franzosen. In welcher Sprache wird geredet?
Es wird Französisch gesprochen. Das Vokabular für die Halle und den Sport lernt man recht schnell, es funktioniert ganz gut.
Nutzen Sie Ihre Freizeit auch für Ausflüge?
Von Nantes aus ist es nur eine halbe Stunde zur Atlantikküste. Dort fährt man hin, um aufzutanken. Aber diese Tage sind leider selten.