Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Erdogans Spiel mit der Angst
Allmachtsfantasien sind dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan nicht fremd. Nach Meinung von Psychologen kann die Ausbildung solcher Fantasien die Folge von labilen Selbstwertgefühlen von Narzissten sein. Auf einem Erdogan vergleichbarem Niveau bewegt sich seit Jahrzehnten in Afrika Simbabwes Diktator Robert Mugabe. Kann man die Ausfälle dieser Despoten also als eine Art pathologisch angehauchte Folklore abtun? Nein, denn dafür ist Erdogan zu gefährlich und zu einflussreich, außenwie innenpolitisch.
Österreichs Außenminister Sebastian Kurz wirft dem türkischen Staatschef zu Recht vor, er wolle die türkischstämmigen Gemeinschaften instrumentalisieren und er trage Konflikte aus der Türkei in die EU hinein. Fakt ist, dass die türkische Regierung versucht, Angst in Deutschland zu schüren und dass sie über Vorfeldorganisationen Spionage betreibt. Das muss Berlin stoppen und darüber hinaus den wirtschaftlichen Druck auf Ankara verstärken. Denn politisch scheint Erdogan nicht mehr erreichbar zu sein. Und auch die Europäische Union muss mitziehen, wenn es darum geht, den türkischen Präsidenten in seine Schranken zu weisen. Deshalb darf es nicht zu einer Ausweitung des Zollabkommens zwischen der EU und der Türkei kommen, und es muss ein international abgestimmtes Ende der Rüstungslieferungen beschlossen werden. Wie dreist Ankara mittlerweile vorgeht, ist die auf Druck der Türkei über Interpol veranlasste Festnahme des deutschen Dichters Dogan Akhanli in Spanien. Schlicht inakzeptabel.
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