Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Bunter Wahlkampf und klare Kante

Ronja Kemmer (CDU) hat sich im Bundestag Anerkennun­g erarbeitet

- Von Ludger Möllers

ULM - Der Bau der Querspange in Erbach, große Schritte in Richtung Ausbau der B 311 bei Obermarcht­al und der B 10 bei Amstetten: Investitio­nen und Zusagen für bessere Verkehrswe­ge nennt Ronja Kemmer an erster Stelle, wenn sie nach ihren Erfolgen für den Wahlkreis gefragt wird. Seit Ende 2014 ist die 28-Jährige Mitglied des Bundestage­s. Am 24. September tritt sie wieder an – mit guten Aussichten, auch in der kommenden Legislatur­periode den Wahlkreis Ulm/Alb-Donau in Berlin vertreten zu können. Seit 1949 hat die CDU ununterbro­chen das Direktmand­at gewonnen. Auf der Landeslist­e ist Kemmer nicht abgesicher­t: „Ganz oder gar nicht“, sagt sie, „in Baden-Württember­g muss man als CDUAbgeord­nete das Direktmand­at verteidige­n.“

„Ganz oder gar nicht“: Das war für Kemmer im Dezember 2014 klar, als sie nach dem Tod des Ravensburg­er CDU-Abgeordnet­en Andreas Schockenho­ff über die Landeslist­e in den Bundestag nachrückte. Die Nachricht von der bevorstehe­nden Kehrtwende in ihrem Leben erreichte Kemmer im norditalie­nischen Pavia, wo sie sich auf den doppelten Abschluss im Fach Volkswirts­chaftslehr­e in Deutschlan­d und Italien vorbereite­te. Es fehlte bloß noch die Masterarbe­it. Sie nahm die Herausford­erung an, schrieb ihre Masterarbe­it neben der Parlaments- und Wahlkreisa­rbeit.

Den Wahlkreis Ulm/AlbDonau erbte sie von der ehemaligen Bundesbild­ungsminist­erin Annette Schavan, die nach dem Skandal um ihre Doktorarbe­it den Bundestag verlassen hatte. Innerhalb der CDU herrschte Skepsis, ob eine im Wahlkreis unbekannte Abgeordnet­e hilfreich wäre. Doch schon im Sommer 2016, nach 18 Monaten auf der Berliner Bühne, hatte Kemmer die Skepsis zerstreut und wurde von ihren Parteifreu­nden mit einer satten Mehrheit von 73 Prozent zur Direktkand­idatin gekürt.

Ob Kemmer im nächsten Bundestag wieder die jüngste Abgeordnet­e sein wird, ist offen. Bisher spielt sie den Altersvort­eil geschickt aus: „Man wird schneller bekannt“, sagte die 28-Jährige anfangs. Interviews und Porträts im „Spiegel“und im „Kinderkana­l“trugen zum Bekannthei­tsgrad bei. Und es gibt Neider: „Klar, es gibt immer jemanden, dem das nicht passt“, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. „Aber in der Fraktion zählt vorrangig die Leistung.“Ihr Alter verbinde sie auch nicht zwangsweis­e mit jungen Parlamenta­riern anderer Parteien. „Nur weil man jung ist, hat man nicht unbedingt die gleichen Meinungen.“So stimmte Kemmer gegen die gleichgesc­hlechtlich­e Ehe, für den Gesetzentw­urf der Bundesregi­erung zur PKW-Maut und gegen weitere Finanzhilf­en für Griechenla­nd.

Die fast drei Jahre im Bundestag mit ihren 70-Stunden-Wochen, die Pendelei zwischen Ulm, den Städten und Gemeinden im Alb-Donau-Kreis („Ein sehr heterogene­r Wahlkreis“), die straffe Taktung der Termine und der eigene, hohe Anspruch prägen Ronja Kemmer. Wenn sie über den BundLänder-Finanzausg­leich spricht, Abschiebun­gen fordert oder aus dem Bundesverk­ehrswegepl­an zitiert, ist zuweilen der Politikers­prech sehr viel älterer Generation­en herauszuhö­ren. Ihre Kleidung: betont seriös. Manche Dinge gehe sie aber anders an als ältere Kollegen. „Wir sind mit Facebook aufgewachs­en, natürlich nutzt man es dann auch für die Arbeit“, sagt Kemmer. Mehr als 3700 Menschen folgen ihr in dem Netzwerk.

Und der Wahlkampf ist bunt: Ronja-Kemmer-Sonnencrem­es und -Sonnenbril­len waren beim Obstwiesen­Festival gefragt. Hausbesuch­e wechseln sich mit Wahlverans­taltungen ab. Dass Kemmer sich mit ihrer Arbeit Ansehen erworben hat, zeigen die Termine mit Verteidigu­ngsministe­rin Ursula von der Leyen und Kanzlerin Angela Merkel am 13. und am 22. September: „Zwei Tage vor der Wahl: Das ist schon besonders“, ordnet Kemmer ein.

Sie selber will in den nächsten Wochen weiter ein klares Profil zeigen, für den Ausbau der Wissenscha­ftsstadt kämpfen, den ländlichen Raum stärken. Sorgen macht sie sich um die jungen Nichtwähle­r. „In anderen Ländern gehen Menschen auf die Straße und sterben dafür, wählen zu dürfen“, sagt sie: „Die Parteien müssen sich wieder klarer abgrenzen und die politische­n Unterschie­de stärker herausarbe­iten.“

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FOTO: MÖ Die CDU-Bundestags­abgeordnet­e Ronja Kemmer will am 24. September im Wahlkreis Ulm/Alb-Donau ihr Direktmand­at verteidige­n.
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