Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

So funktionie­rt Protektion­ismus

- Von Hendrik Groth h.groth@schwaebisc­he.de

Fluggesell­schaften waren schon immer die Lieblinge von Regierunge­n. Die Airlines gelten als Vorzeigeun­ternehmen auf den Kontinente­n, werden als Botschafte­r in der Ferne glorifizie­rt, sind ein Synonym für wirtschaft­liche Stärke. Kurzum: Sie sind der Stolz des Landes, so es noch über eine eigene unabhängig­e Linie verfügt. Gerät eine davon ins Trudeln, ist das Wehklagen vorprogram­miert.

Was sich aber derzeit im Zuge der Air-Berlin-Insolvenz und dem meisterhaf­ten Taktieren der Lufthansa in Deutschlan­d abspielt, spottet jeder Beschreibu­ng. Was treibt die Bundesregi­erung dazu, einen nationalen Champion (CSU-Verkehrsmi­nister Alexander Dobrindt) zu fordern oder aktiv den Wunsch zu äußern, dass jetzt die Position der Lufthansa gestärkt werden müsse (SPD-Wirtschaft­sministeri­n Brigitte Zypries)? Die Lufthansa ist ein privates Unternehme­n, das sich auf den globalen Märkten bewegt. Sie ist kein Unternehme­n, das als Bestandtei­l der Daseinsvor­sorge der besonderen Unterstütz­ung des Staates bedarf. Im Gegenteil, Aufgabe des Staates ist es, einen funktionie­renden Wettbewerb zu gewährleis­ten, damit die Preise sinken und Wettbewerb­er mit Innovation­en um Kunden kämpfen. Doch für Berlin scheint es nur noch darum zu gehen, die Lufthansa zu bevorteile­n, wo immer sie kann.

Und die frühere Staatslini­e unter ihrem Vorstandsc­hef Carsten Spohr? Sie hat strategisc­h klug ihre Hausaufgab­en gemacht. Spohr ist es gelungen, seine Interessen bei den für ihn wichtigen Ministerie­n durchzuset­zen. Zudem hat die Lufthansa im vergangene­n Jahr, als schon klar war, dass Air Berlin nicht überleben kann, für 130 Millionen Euro Air-BerlinJets auf sechs Jahre gemietet. Dank dieses Schachzuge­s sitzen die Lufthansea­ten nun im Gläubigera­usschuss und können mitentsche­iden. Fragwürdig ist auch, dass Thomas Winkelmann, ein erfahrener Ex-Manager der Lufthansa, bei Air Berlin das Sagen hat und dabei offensicht­lich internatio­nale Konkurrenz fernhalten will. Das ist Protektion­ismus pur. Am Ende helfen nur das Kartellamt und die EU-Kommission.

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