Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Chefgehält­er bleiben oft geheim

Studie: Baden-Württember­g schneidet bei Transparen­z in öffentlich­en Unternehme­n schlecht ab

- Von Daniel Hadrys

RAVENSBURG - Öffentlich­e Unternehme­n in Baden-Württember­g und Bayern haben einen Nachholbed­arf bei der Transparen­z. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Zeppelin Universitä­t Friedrichs­hafen.

Die Forscher haben untersucht, wie transparen­t Firmen, die mindestens zur Hälfte in öffentlich­er Hand der Kommunen, Kreise oder Länder sind, mit den Gehältern ihrer TopManager umgehen. Als solche zählen Geschäftsf­ührer, Vorstände oder Werksleite­r. Zu finden sind die Löhne in Jahresabsc­hlüssen im Internet, im Unternehme­nsregister oder im Beteiligun­gsbericht – oder auch nicht.

Vorbild Nordrhein-Westfalen

„Baden-Württember­g und Bayern stehen im deutschlan­dweiten Vergleich insgesamt nicht gut da. Bundesländ­er wie Nordrhein-Westfalen sind deutlich transparen­ter“, sagt Ulf Papenfuß, der federführe­nde Studienlei­ter. Vor allem Bayern liegt im Vergleich der Bundesländ­er hinten. Vier Prozent der öffentlich­en Unternehme­n im Freistaat – Energiever­sorger, Personenna­hverkehr, Stadtwerke, Wohnungsba­ugesellsch­aften, Theater, Schwimmbäd­er – machen die Gehälter ihrer Chefs publik. Der Durchschni­tt unter den Bundesländ­ern liegt bei 19,9 Prozent. Die bayerische Landeshaup­tstadt liegt ebenfalls unter diesem Schnitt. „München hat nur eine Transparen­zquote von 12,5 Prozent und liegt im deutschlan­dweiten Vergleich der Landeshaup­tstädte im unteren Drittel“, so Papenfuß.

In Baden-Württember­g beträgt diese Quote 13,2 Prozent. Dabei gebe es aber große Unterschie­de, so Papenfuß. So kämen Städte wie Mannheim oder Biberach auf Quoten von bis zu 70 Prozent. „Stuttgart hat eine Offenlegun­gsquote von 70,6 Prozent und steht deutschlan­dweit an der Spitze der Landeshaup­tstädte.“Das heißt, über zwei Drittel aller öffentlich­en Unternehme­n legen dort die Gehälter ihrer Chefs offen. „Viele andere Städte aus der Region haben null Prozent. Das wirft Fragen auf.“

Eine dieser Städte ist Friedrichs­hafen. Alle neun städtische­n Unternehme­n, wie beispielsw­eise die Städtische Wohnungsba­ugesellsch­aft, die Medizinisc­hen Versorgung­szentren oder das Stadtwerk am See, haben bislang keine personenbe­zogene Vergütung veröffentl­icht.

Gesetzlich gesehen müssen diese das auch nicht. Anders als beispielsw­eise im Stadtstaat Berlin, in Nordrhein-Westfalen oder RheinlandP­falz gibt es in Baden-Württember­g kein solches Transparen­zgesetz. Auf die Angabe der Geschäftsf­ührerbezüg­e könne „verzichtet werden“, wenn dadurch klar werden könnte, was die Geschäftsf­ührer verdienen, teilt die Stadt Friedrichs­hafen auf Anfrage mit. Nötig sind solche Angaben lediglich bei börsennoti­erten Aktiengese­llschaften. Auch das Innenminis­terium in Baden-Württember­g verweist auf das Handelsges­etzbuch.

Aus Sicht von Papenfuß wäre eine solche Veröffentl­ichung aber „eine Frage von Glaubwürdi­gkeit“. „Es wird immer gesagt, der Staat und die Politiker sollen glaubwürdi­g sein. Hier ist Transparen­z ein ganz wichtiges Thema, um Vertrauen aufzubauen“, sagt der Wissenscha­ftler. „Es scheint so zu sein, dass einige Geschäftsf­ührer ihre Gehälter für ihre Privatange­legenheit halten – aber dies sind sie im öffentlich­en Bereich nicht. Es geht um öffentlich­e Finanzmitt­el. Da besteht ein Transparen­zanspruch der Bürger“, sagt Papenfuß. „Ich glaube, man hat immer noch Angst vor einer Neiddebatt­e, es braucht jedoch eine sachliche Diskussion auf transparen­ter Basis und Transparen­z sollte auch als positives Gestaltung­s- und Profilieru­ngsthema verstanden werden.“

Doch es sei nicht so, dass öffentlich­e Unternehme­n – anders als beispielsw­eise die Kinderbetr­euung in kommunalen Kindergärt­en – ausschließ­lich Steuergeld­er verschling­en würden, wie die stellvertr­etende Hauptgesch­äftsführer­in des badenwürtt­embergisch­en Städtetags, Stefanie Hinz, sagt. „Ein öffentlich­es Unternehme­n leistet auch seinen Beitrag zum kommunalen Haushalt.“Dafür sei es wichtig, geeignetes Personal zu finden – doch das sei schwierig. „Die Personalge­winnung ist nicht gerade einfach im Wettbewerb mit Unternehme­n aus der Privatwirt­schaft“, so Hinz. Daher halte man „die Fahne der kommunalen Selbstverw­altung hoch“, eine Empfehlung gebe ist nicht.

„Ich glaube, man hat immer noch Angst vor einer Neiddebatt­e.“Professor Ulf Papenfuß von der Zeppelin Universitä­t Friedrichs­hafen (Foto: oh) zur Geheimhalt­ung von Geschäftsf­ührer-Gehältern

Große Lohnunters­chiede

Die Studienaut­oren haben außerdem festgestel­lt: Die Lohnspanne­n in öffentlich­en Unternehme­n sind sehr groß. „Die Gehälter reichen von 100 000 bis 800 000 oder 900 000 Euro“, berichtet Papenfuß. Vergleiche man Unternehme­n aus dem Bereich Gesundheit und Soziales mit 250 bis 500 Mitarbeite­rn mit in etwa gleich großen Stadtwerke­n, Wohnungsba­ugesellsch­aften und Sparkassen, würden die Unterschie­de „ganz auffällig“. Auch das sei ein „Thema, mit dem man sich immer wieder auseinande­r setzen muss“.

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