Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Harte Linie gegen Gefährder bleibt noch die Ausnahme
Bundesverwaltungsgericht nennt Abschiebung zweier Islamisten ins Ausland rechtens
HANNOVER (dpa) - Harte Kante zeigen gegen Islamisten: Angesichts von Terrordrohungen und Anschlägen steht das Thema Innere Sicherheit im Wahlkampf hoch im Kurs. Abseits einfacher Slogans erweist sich der Umgang mit Gefährdern, denen die Polizei jederzeit einen Terrorakt zutraut, in der Praxis aber als zäh. So mancher zieht alle juristischen Register, um sich dem Zugriff der Behörden zu entziehen. In zwei Grundsatzurteilen hat das Bundesverwaltungsgericht am Dienstag aber dem Land Niedersachsen recht gegeben: Die Abschiebung von zwei Gefährdern nach Algerien und Nigeria sei korrekt gewesen, urteilte das Gericht.
Eine Bestätigung ist dies für Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius, der im Team von SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz für die Innere Sicherheit zuständig ist. Nach der angeordneten Abschiebung zweier Islamisten aus Göttingen nach Nigeria und Algerien drohte er weiteren Gefährdern im Frühjahr „jederzeit mit der vollen Härte der uns zur Verfügung stehenden Mittel“. Weitere Abschiebungen aber gab es nach diesen markigen Worten in Niedersachsen zunächst nicht, denn die beiden jungen Männer, die bereits nach Nigeria und Algerien ausgeflogen wurden, zogen vor das Bundesgericht.
Trotz der Bestätigung der Leipziger Richter aber sind Abschiebungen kein Allheilmittel im Kampf gegen gefährliche Islamisten. Denn sie kommen nur bei einem kleineren Teil der bundesweit knapp 700 Gefährder in Betracht. Wer Deutscher ist oder die deutsche Staatsangehörigkeit neben einer ausländischen besitzt, ist vor Abschiebung geschützt. Dazu kommt, dass das Gesetz eine Abschiebung nur aufgrund einer „besonderen Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr“möglich macht.
Große Nachahmung hat der harte niedersächsische Schritt gegen die in Göttingen geborenen Gefährder bislang nicht gefunden. Möglicherweise auch, weil das Leipziger Gericht im Fall des Algeriers die Abschiebung von der Zusicherung der algerischen Regierung abhängig machte, dass dem Betroffenen keine Folter oder unmenschliche Behandlung droht. Etliche Monate verstrichen, bis eine solche Zusage in Hannover eintraf.
Ein langes Hickhack gibt es auch um den terrorverdächtigen Tunesier Haikel S. Das Verwaltungsgericht Frankfurt hatte die Abschiebung mit dem Hinweis untersagt, dass dem Mann in seiner Heimat die Todesstrafe drohe. Nun müssen auch hier die Leipziger Richter entscheiden.
Um Gefährder an der Ausreise in die IS-Kampfgebiete zu hindern, können deutsche Behörden auch die Reisepässe der Betroffenen einkassieren. Auch hier gibt es aber rechtliche Probleme, wie sich kürzlich am Verwaltungsgericht Hannover zeigte. Zwar gaben die Richter der Stadt Hildesheim recht, die eine Gefährderin zur Abgabe ihres libanesischen Reisepasses aufgefordert hatte. „Meinen Pass kriegt ihr nicht“, schleuderte die Frau aber Polizisten entgegen, als diese das Dokument abholen wollten, eine Durchsuchung blieb ergebnislos.