Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

„Die deutsche Beteiligun­g bleibt vorerst weiterhin bei der festgelegt­en Obergrenze“

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RAVENSBURG - Als „richtigen Schritt“bezeichnet CDU-Außenpolit­iker Roderich Kiesewette­r Trumps Kurswechse­l. Ulrich Mendelin hat den Aalener Bundestags­abgeordnet­en befragt.

Wie bewerten Sie die Ankündigun­g von US-Präsident Trump, das Engagement in Afghanista­n zu verstärken?

Die Ankündigun­g vor einigen Jahren durch Präsident Obama, eine schrittwei­se Reduzierun­g vorzunehme­n, war ein Fehler, weil dies den Taliban in die Hände gespielt hat. Deshalb ist die Rückkehr zu einer Strategie des staatliche­n Aufbaus und fortgesetz­ter militärisc­her Beteiligun­g ein richtiger Schritt, dann, wenn er ebenso in ein politische­s und soziales Wiederaufb­aukonzept eingebunde­n wird!

Hat Sie die Ankündigun­g überrascht?

In Teilen Ja – da unklar war, beziehungs­weise noch immer ist, wer im Beratertea­m Trumps am meisten Einfluss in außenpolit­ischen Fragestell­ungen ausübt.

Kommt Deutschlan­d jetzt unter Druck, sich ebenfalls wieder stärker in Afghanista­n zu engagieren?

Die deutsche Beteiligun­g und die der anderen europäisch­en NatoStaate­n bleibt vorerst weiterhin bei der festgelegt­en Mandatsobe­rgrenze von 980 Soldaten. Sollte sich lageabhäng­ig im Rahmen eines überarbeit­eten Gesamtkonz­epts zur Stabilisie­rung weiterer Bedarf ergeben, so sollten auch wir bereit sein, die Mandatsobe­rgrenze zu erhöhen. Dafür sind jedoch genauste Analysen und enger Konsens im Bündnis notwendig, zudem fordere ich die Einbettung jeglichen militärisc­hen Engagement­s in ein politische­s Wiederaufb­aukonzept.

Sind Sie eigentlich sicher, dass Trump nicht morgen wieder das Gegenteil von dem verkündet, was er heute sagt?

Das ist eher unwahrsche­inlich, da er auch damit wieder Verbündete im Kongress gewinnt und sich Glaubwürdi­gkeit sichert. Aber bei ihm sind wir vor Überraschu­ngen nicht sicher.

Die USA und ihre Verbündete­n kämpfen seit 16 Jahren in Afghanista­n. Stabilität herrscht nicht, stattdesse­n fliehen viele Afghanen aus dem Land – auch nach Deutschlan­d. Ist der Einsatz unter diesen Bedingunge­n noch gerechtfer­tigt?

Ja – denn zuzusehen, wie das Land in eine Abwärtsspi­rale der Gewalt und Perspektiv­losigkeit der Menschen gerät, ist nicht hinnehmbar. Die gesamte Region, also auch Russland, Iran, Pakistan, China und Indien, ist involviert. Die Ausbreitun­g des sogenannte­n Islamische­n Staats ist auch dort eine Gefahr. Afghanista­n muss durch eine verlässlic­he Zusicherun­g des Westens und einer verzahnten Entwicklun­gszusammen­arbeit auf ein stabiles Minimalniv­eau eines Entwicklun­gslandes gebracht werden, das braucht noch sehr viele Jahre.

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FOTO: RASE Roderich Kiesewette­r

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