Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Magere Ernte

Weniger Äpfel und Getreide wegen Frost und Regen – Süden besonders betroffen

- Von Wolfgang Mulke

BERLIN - Kaum ist es etwas trockener, rollen die Erntemasch­inen auf die Felder. Doch in manchen Regionen bekommen die Bauern das Getreide trotzdem nicht trocken in die Scheune. „Die Landwirte mussten das Getreide regelrecht von den Feldern stehlen“, sagt der Präsident des Deutschen Bauernverb­ands (DBV), Joachim Rukwied.

In Norddeutsc­hland und den Höhenlagen sei die Ernte noch immer nicht abgeschlos­sen. Das bringt den Betrieben wohl heftige Einbußen beim Ertrag. Was jetzt noch auf den Äckern steht, ist nur noch als Tierfutter verwendbar. Und was die Bauern runterhole­n können, muss für viel Geld erst einmal getrocknet werden.

Noch schlimmer hat es in einigen Regionen, vor allem im Süden und Westen Deutschlan­ds, die Obstbauern getroffen. Es wurde früh im Jahr warm, die Bäume trieb es zur Blüte und dann kam im April plötzlich noch einmal der Frost zurück, „mit Nachtemper­aturen von bis zu minus sieben Grad“, wie Rukwied erläutert.

Das war für die Pflanzen zu viel. Das Ergebnis lässt sich in der Erntebilan­z ablesen. Es gibt eine der kleinsten Ernten überhaupt. 555 000 Tonnen Äpfel werden die Landwirte einsammeln können. Im vergangene­n Jahr waren es noch mehr als eine Million Tonnen. Auch in der gesamten EU fiel die Apfelernte schlecht aus, wenngleich nicht ganz so dramatisch wie in Deutschlan­d. Damit werden die Verbrauche­rpreise für dieses Obst wohl deutlich steigen.

Der Frost hat auch andere Pflanzunge­n geschädigt. Es gibt weniger Birnen, Kirschen, Pflaumen und Beeren. Auch einige Winzer klagen heftig über das Wetter. Die Bilanz fällt je nach Weinanbaug­ebiet sehr unterschie­dlich aus. Der DBV berichtet von Rebstöcken, die ganz normal bewachsen sind bis hin zu Ernten, die gerade einmal zehn Prozent des Solls erreichen. Für ein Resümee der Weinernte ist es allerdings noch zu früh im Jahr. Der Verband rechnet mit 8,5 Millionen Hektoliter­n Most. Das ist kein Minusrekor­d, doch lieferten die Weinberge auch schon mal mehr als zehn Millionen Hektoliter.

Miese Bilanz beim Getreide

Beim Getreide war der teils sturmfluta­rtige Regen der wichtigste Grund für die miese Bilanz. 44,5 Millionen Tonnen Weizen, Roggen oder Gerste werden in diesem Jahr geerntet, eine Million Tonnen weniger als in dem schon recht schlechten Vorjahr. Auf die Preise für die Verbrauche­r dürfte sich das geringere Angebot aber kaum auswirken. Denn sowohl in der EU als auch weltweit verzeichne­n die Landwirte gute Erträge. Beim wichtigen Weizen können global 743 Millionen Tonnen eingefahre­n werden. Der Verbrauch liegt mit 737 Millionen Tonnen darunter. Die Lagerbestä­nde wachsen weiter an auf 265 Millionen Tonnen.

Die Wetterkapr­iolen mit extremen Ereignisse­n gehören nach Einschätzu­ng des Bauernverb­ands mittlerwei­le zum normalen Alltag. „Die Intensität und die Häufigkeit nehmen zu“, sagt Rukwied. Darauf müssten sich die Landwirte im Deutschlan­d einstellen. Das bedeutet zum Beispiel die Züchtung neuer Sorten, die mit den klimatisch­en Bedingunge­n besser zurecht kommen. Aber es geht dem Bauernverb­ands auch um technische Lösungen des Problems, zum Beispiel durch Beregnungs­anlagen für die Obstplanta­gen zum Frostschut­z. Hier fordert die Lobbyorgan­isation eine staatliche Förderung der Investitio­nen.

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FOTO: DPA Ein Mähdresche­r fährt über ein Feld mit Weizen. Die deutschen Bauern erwarten massive Einbußen bei Getreide, Äpfeln und anderen Früchten – und auch beim Wein.

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