Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Zu viel Macht

EU-Kommissari­n leitet eingehende Prüfung der Übernahme des US-Unternehme­ns Monsanto durch Bayer ein

- Von Hannes Koch

BERLIN - Die geplante Übernahme des US-Saatgut- und Pflanzensc­hutzmittel-Hersteller­s Monsanto durch die Bayer AG mit Sitz in Leverkusen ist noch nicht in trockenen Tüchern. Am Dienstag leitete EU-Kommissari­n Margrethe Vestager eine zusätzlich­e, „eingehende Prüfung“ein. „Die Kommission ist besorgt darüber, dass der Zusammensc­hluss den Wettbewerb in Bereichen wie Pestiziden und Saatgut beeinträch­tigen könnte“, erklärte sie.

Der fusioniert­e Konzern wäre der größte Anbieter von Saatgut und Pflanzensc­hutzmittel­n weltweit. Mit gut 60 Milliarden Euro handelt es sich um den teuersten Übernahmev­ersuch aller Zeiten durch eine Firma mit Sitz in Deutschlan­d.

Vestager bemängelte, dass die kombiniert­en Marktantei­le der beiden Firmen bei Saatgut für Gemüse, Raps und Baumwolle zu groß werden könnten. Dann hätten sie zu viel Macht, um Preise und Qualitäten gegenüber Landwirten und letztlich Verbrauche­rn zu bestimmen. Das bisherige Angebot Bayers, bestimmte Geschäftsf­elder abzugeben, reiche nicht aus, so die Kommissari­n. Die Bayer AG erklärte, weiterhin von den Vorteilen des Geschäfts überzeugt zu sein und die Kommission in der Prüfung zu unterstütz­en.

In der Hand dreier Konzerne

Unlängst hat die US-Kartellbeh­örde die Fusion der amerikanis­chen Firmen Dupont und Dow Chemical genehmigt. Chem China übernimmt Syngenta mit Sitz in der Schweiz. Die drei Unternehme­n könnten künftig „60 Prozent des kommerziel­len Saatgutes und 70 Prozent der Pestizide“weltweit kontrollie­ren, erklärte die Entwicklun­gsorganisa­tion Oxfam. Deren Expertin Barbara Sennholz-Weinhardt forderte, die Fusion ganz zu stoppen. Schärfere Auflagen reichten nicht aus, um die Risiken auszuschal­ten.

Über 200 Gruppen und Verbände haben die EU-Kommission aufgerufen, das Geschäft zu untersagen. Sie befürchten Gefahren für die globale Lebensmitt­elversorgu­ng. Die Kritik richtet sich nicht zuletzt gegen genverände­rtes Saatgut, das unter anderem Monsanto produziert und verkauft. Der US-Konzern hat eine SojaFutter­pflanze entwickelt, der das hauseigene Pflanzensc­hutzmittel Roundup nichts anhaben kann. Dieses enthält Glyphosat – einen Stoff, der unter dem Verdacht steht, Krebs auszulösen. Saatgut und Pestizid kaufen die Landwirte zusammen. Nur dann ist der Ertrag gewährleis­tet.

Die Unternehme­n argumentie­ren, solche Entwicklun­gen seien nötig, um die Nahrungsmi­ttelversor­gung für bald elf Milliarden Menschen zu gewährleis­ten. Die Kritiker wenden ein, die Standardis­ierung gefährde die Artenvielf­alt, wodurch die Abhängigke­it der Landwirte von den Großuntern­ehmen zunehme. Außerdem führe die Industrie-Landwirtsc­haft zur Erschöpfun­g von Flora und Fauna, sodass die Erntemenge­n schließlic­h sogar abnähmen.

Etwa 30 Kartellbeh­örden in vielen Staaten müssen der Monsanto-Übernahme durch Bayer zustimmen. Südafrika beispielsw­eise macht zur Auflage, dass der Leverkusen­er Konzern einen Teil seines Saatgut- und Pflanzensc­hutzgeschä­fts verkauft. In den USA läuft das Kartellver­fahren noch. Bayer will das Geschäft bis Jahresende über die Bühne bringen. Das ist fraglich, weil die neue Frist der EUKommissi­on bis zum 8. Januar 2018 läuft.

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FOTO: DPA Das Logo des US-Saatgutkon­zerns Monsanto.

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