Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Was geschah im U-Boot?

Frauentors­o bei Kopenhagen gefunden

- Von Sigrid Harms

KOPENHAGEN (dpa) - Freitag, 11. August. Vier Freunde schippern mit ihrem Motorboot in der Køge-Bucht vor der Südküste Dänemarks. Die Angeln sind ausgeworfe­n. Ein schöner Tag, die Stimmung gut. Plötzlich sehen die Männer ein U-Boot, im Ausguck steht ein Mann: Peter Madsen, Ingenieur, Erfinder, U-BootBauer. „Bist du ok?“fragt einer der Freunde einem Bericht des „Helsingør Dagblad“zufolge. Madsen soll geantworte­t haben: „Ja, aber seid so nett und wartet einen Moment. Ich muss versuchen, was zu reparieren und das könnte gefährlich sein.“Daraufhin sei Madsen im U-Boot verschwund­en, aber schnell wieder nach oben gekommen. Die „Nautilus“sank, die vier Freunde retteten Madsen aus dem Wasser.

Ein Ventil am Ballasttan­k sei kaputt gegangen. Beim Versuch, es zu reparieren, sei der Griff abgebroche­n, erklärte Madsen. Der Polizei habe er über Funk gesagt, er sei allein an Bord gewesen. Die schwedisch­e Journalist­in Kim Wall habe er am Donnerstag­abend abgesetzt. Zeugen hatten gesehen, wie die 30-Jährige zuvor in Kopenhagen an Bord gegangen war. Sie wollte eine Reportage über den Ingenieur schreiben, der 46-Jährige ist in Dänemark als schillernd­e Persönlich­keit bekannt.

Er hat zusammen mit anderen drei U-Boote gebaut. Sein anderes Steckenpfe­rd ist die Raumfahrt. Seit Jahren arbeitet er an der Entwicklun­g von Raketen, weshalb ihn dänische Medien auch „Raketen-Madsen“nennen. Er und seine Mitstreite­r testeten 2011 und 2012 unbemannte Raketen vor Bornholm.

Für die Polizei war schnell klar, dass das Verschwind­en von Kim Wall keinen natürliche­n Grund hat. Madsen wurde festgenomm­en und einem Haftrichte­r vorgeführt. Der Vorwurf: fahrlässig­e Tötung. Alles andere blieb der Öffentlich­keit verborgen. Der Fall wurde hinter verschloss­enen Türen behandelt – aus Rücksicht auf die Familie der Journalist­in, lautete die Begründung.

Am 12. August wurde das U-Boot aus sieben Metern Wassertief­e in der Køge-Bucht gehoben und in den Hafen gebracht. Einen Tag später gingen Techniker mit Schutzklei­dung und Gasmasken an Bord, eine Leiche wurde nicht gefunden. Es gab aber Anzeichen, dass die „Nautilus“absichtlic­h versenkt wurde. Dann begann die Suche – mit Tauchern und Helikopter­n. Schnell war klar: Man sucht nach einer Leiche. Die Polizei selbst tat kund, sie glaube nicht, dass Kim Wall noch am Leben sei.

Wann Madsen ausgesagt hat, dass die Journalist­in an Bord seines UBootes gestorben sei, ist unklar. Die Öffentlich­keit erfuhr davon erst elf Tage nach Verschwind­en der Schwedin. Sie sei durch ein Unglück umgekommen, hatte Madsen im Polizeiver­hör gesagt. Was genau auf der „Nautilus“geschah, bleibt für die Öffentlich­keit ein Rätsel.

Womöglich gibt es heute mehr Aufklärung. Am Montagaben­d fand ein Radfahrer am Ufer der Insel Amager bei Kopenhagen eine weibliche Leiche, beziehungs­weise Teile einer Leiche. Kein Kopf, keine Beine, keine Arme: ein Torso. Die Polizei in Kopenhagen erwartet frühestens heute Erkenntnis­se darüber, ob es sich um den Torso der vermissten Kim Wall handelt.

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