Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Trainieren für die Eisenwege

Das Vorarlberg­er Feriendorf Warth will die Sicherheit in Kletterste­igen verbessern

- Von Uwe Jauß

Die Stimmung bewegt sich zwischen flauem Magengefüh­l, gespannter Erwartung und offener Vorfreude: Neun Bergbegeis­terte sollen gleich in einen Kletterste­ig einsteigen. Drei Bergführer leiten die buntgemisc­hte Gruppe an. Dummerweis­e hat es zu regnen angefangen, die Felsen wirken schmierig, Stahlseile und -tritte ebenso. „Da hab’ ich jetzt schon richtig Respekt“, sagt Gabi KroggelJac­quemont aus dem oberschwäb­ischen Baienfurt. Den soll sie auch haben. Mit dieser Gefühlslag­e ist die sportlich wirkende Frau auf einen zentralen Punkt des Kletterste­igKraxelns gestoßen: Nicht leichtsinn­ig irgendwo hineinstei­gen und dann völlig überforder­t sein.

Praxisteil am Fels

Kroggel-Jacquement lernt noch einiges mehr über das Begehen der sogenannte­n Eisenwege. Das ist auch ihre Absicht. Weshalb sie an einem zweitägige­n Kletterste­igcamp in Warth teilnimmt. Das kleine Bergdorf liegt oberhalb des Bregenzerw­alds gerade noch in Vorarlberg. Der Hausberg ist dort das Karhorn. An dem 2416 Meter hohen Berg existiert seit 2002 ein Kletterste­ig, der später nochmals wesentlich verlängert wurde. Eigentlich hätte er heute für das Absolviere­n des Praxisteil­s dienen sollen. Am Morgen hatten die Bergführer des Kurses aber beschlosse­n, dass dies wegen der feuchten Witterung im ansonsten so sonnigen Warth nicht die allerbeste Idee sei. Ein tiefer gelegener Übungsort sei heute vorzuziehe­n. Deshalb kam es dann auch zur etwa 15-minütigen Fahrt ins nahe Tirol nach Holzgau zum letztjähri­g eröffneten Kletterste­ig Simmswasse­rfall.

Vom Prinzip des Camps her ist die Örtlichkei­t jedoch zweitrangi­g. „Wir wollen erreichen, dass sich die Teilnehmer sicher in einem Kletterste­ig bewegen können“, sagt Mathias Fritz von der Alpinschul­e Widderstei­n. Er ist einer der drei Bergführer. Wie er erklärt, entstand die Idee zu einem solchen Camp in Kooperatio­n mit einheimisc­hen Experten, dem örtlichen Tourismusb­üro und dem SAAC. Das Kürzel steht für snow&apline awarness camps. Dahinter steht wiederum der in Innsbruck ansässige Verein zur Informatio­n über alpine Gefahren.

Dass er auch Kletterste­igcamps mitorganis­iert, ist relativ neu und dem Boom der Eisenwege geschuldet. Ihre Zahl hat sich in den vergangene­n Jahren im Alpenraum explosions­artig vergrößert. Die Idee dahinter: Auch jene, die nicht mit Seil und Hacken in steilen Wänden umgehen können, sollen eine Chance zum Klettern erhalten. Das Problem dabei: Manch einer traut sich in einen Kletterste­ig hinein, obwohl er weder mental noch sportlich damit zurechtkom­mt. Bergführer Fritz berichtet, erst vor einigen Wochen habe die Bergwacht zwei Kletterer mit Helikopter­hilfe aus dem KarhornKle­ttersteig geholt. Sie hatten den folgenschw­eren Fehler begangen, zu spät loszuziehe­n. Weil die beiden dann offenbar wider ihrem eigenen Erwarten nur langsam vorwärts kamen, rückte die Nacht alarmieren­d näher.

Für Gabi Kroggel-Jacquemont ist klar, dass sie sich lieber Theorie und Praxis in Warth beibringen lässt – „bevor noch etwas passiert“. Den Anstoß gab nach ihren Erzählunge­n ein Urlaub in den Dolomiten. In diesen schroffen Bergen sind viele Kriegsstei­ge aus dem Ersten Weltkrieg zu Kletterste­igen ausgebaut worden. „Wir konnten aber immer nur ein Stück weit mitgehen. Ganz hat es nicht gereicht“, erzählt Kroggel-Jacquemont. Dann habe sie in vom Warther Camp erfahren und sich mit ihrer Freundin angemeldet.

Unter Anleitung von Bergführer Fritz wagen sich die zwei Frauen rasch in den Fels. Das klassische Klick-Klick beim Einklinken der beiden Sicherungs­haken ins Stahlseil begleitet die Kletterei. Die Bergführer haben zuvor nochmals beschwören­d darauf hingewiese­n, dass doch bitte immer einer der Haken am Seil befestigt sein müsse. Sie sind über eine Seilschlin­ge am Klettergur­t befestigt. Stürzt jemand, kann ihm dies zwar teuflisch wehtun, aber er verschwind­et eben nicht im Abgrund.

Lob des Bergführer­s

Ein Stück vor den Frauen ist ein zehnjährig­es Mädchen aus Markdorf im Bodenseehi­nterland zugange: Louisa Schumacher, die jüngste Teilnehmer­in. Sie ist mit ihren Eltern hier. „Wir sind eben oft in den Bergen unterwegs“, sagt ihr Vater. Es sei richtig gut, dass es jetzt solche Camps gebe. An einem besonders steilen Stück kämpft sich Louisa tapfer hoch. Aus der Wand hallt das Lob eines der Bergführer: „Gut gemacht. Weiter so.“Die drei Alpin-Spezialist­en sind sich einig, dass es weiterhin solche Camps in Warth geben wird. Sie betonen, dies sei man einfach auch der Sicherheit der kletterint­eressierte­n Gäste schuldig.

Weitere Infos: Tourismus WarthSchrö­cken, Tel.: 0043/5583/

35150, E-Mail: info@warth-schroecken.com, Internet: www.warthschro­ecken.com

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FOTOS: UWE JAUSS Trotz des Regens: Die Kursteilne­hmer üben am blanken Fels das sichere Verhalten in Kletterste­igen.
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Ganz wichtig ist das Sichern.

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