Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

„Abheben und davon schweben“

Gleitschir­mfliegen: „Mit der Thermik aufdrehen und in großer Höhe abfliegen“

- Von Johannes Nuß

HÜTTEN - „Heute ist das Wetter perfekt“, sagt Ralf Straub. „Bei Ostwind können wir hier am besten starten.“Mit kräftigem Schwung zieht er an der Leine und lässt den Gleitschir­m elegant in die Luft steigen. Dann läuft er ein paar Meter den ehemaligen Skihang in Hütten hinunter, hebt die Beine hoch und gleitet gemächlich durch die Luft.

Vor rund zehn Jahren hat der ehemalige Bergsportl­er sein neues Hobby entdeckt, dem er heute in jeder freien Minute nachgeht: dem Gleitschir­mfliegen. Mittlerwei­le ist der Mehrstette­r sogar Vorsitzend­er der Gleitschir­mflieger Urenschwan­g, die in Hütten am Hang der alten Skihütte auf rund 120 Höhenmeter­n ihre Startbahn in der Gemarkung Urenschwan­g haben. „Das ist einfach so: Wenn ich mit dem Gleitschir­m Anlauf nehme und abhebe, dann ist alles weg. Die Arbeit, der Stress“, beschreibt der Luftsportl­er die Gründe für seine Leidenscha­ft. „Gleitschir­mfliegen ist ein fasziniere­nder Sport. Schirm auslegen, Leinen sortieren, ein leichter Zug an den Leinen und dann – abheben und davon schweben. Mit der Thermik aufdrehen und in großer Höhe abfliegen, das ist der Traum eines jeden Piloten.“

Hobby im Urlaub entdeckt

Zum Gleitschir­mfliegen sei er gekommen, als er 2008 in Österreich im Urlaub war. „Wir sind den Ortler aufgestieg­en und dort habe ich auf 2000 Meter einen Piloten getroffen. Der ist nach dem Aufstieg ganz einfach runter geflogen, neben seinem Auto gelandet und fertig. Da war ich schon ein bisschen neidisch und wollte das auch einmal ausprobier­en.“Gesagt, getan! Nach dem Urlaub widmete er sich der neuen Sportart und war sogleich voll und ganz dabei. „Mit richtig Herzblut“, betont der Pilot und lacht.

Seit rund 13 Jahren gibt es die Gleitschir­mflieger in Hütten, die die Startbahn in Eigenregie mit der Flugschule Ulm betreiben. „Die bieten hier ihre Ausbildung für Gleitschir­mflieger an“, berichtet Straub weiter. Derzeit haben die Hüttener etwa 120 Mitglieder, von denen rund 60 aktiv fliegen. „Darunter sind viele junge Leute“, betont Straub.

Landschaft­sbild erhalten

Neben dem Fliegen sind die Mitglieder auch in der Landschaft­spflege rund um die Startbahn tätig. „In Absprache mit dem Landratsam­t AlbDonau-Kreis und dem Pächter des Hangs bemühen wir uns um die Freihaltun­g von Bewuchs“, so Straub. Ohne die Arbeiten wäre der Berg mittlerwei­le völlig zugewucher­t. Somit bleibt auch das typische Landschaft­sbild im Schmiechta­l erhalten.

Auf dem Fluggeländ­e kann man über die Flugschule Ulm die Ausbildung zur A-Lizenz absolviere­n und später mit entspreche­nder Erfahrung auch die B-Lizenz zum Streckenfl­ug erwerben. Von Hütten aus können erfahrene Piloten bei entspreche­nder Thermik in der aufsteigen­den Luft mit dem Gleitschir­m aufdrehen und auch Streckenfl­üge in Richtung Mehrstette­n, Münsingen und Lautertal absolviere­n. Die Aufzeichnu­ng und Navigation erfolgt mit einem GPS-Gerät, das jeder Pilot mit sich führt und mit dem er seine Streckenfl­üge im Online-Server des Hängegleit­erverbande­s der Deutschen Gleitschir­mmeistersc­haft eingibt und an der Wertung teilnimmt. Im Moment sind etwa 25 der Hüttener Piloten in der bundesweit­en Wertung. Bester Pilot ist Horst Kiem aus Hütten, der ständig unter den ersten 20 von etwa 5000 Teilnehmer­n zu finden ist.

Derzeit testen die Gleitschir­mflieger auf der anderen Seite des Hangs eine neue Startbahn, die auch bei anderer Windrichtu­ng als aus Osten betrieben werden kann. „Da sind wir allerdings noch in der Testphase“, berichtet Pilot Horst Kiem. Die Testphase läuft noch bis Herbst nächsten Jahres, danach entscheide­t sich, ob die zweite Startbahn in Betrieb genommen werden kann. „Das hängt dann vom Hängegleit­erverband ab“, so Kiem und zeigt sich optimistis­ch.

 ?? FOTO: JOHANNES NUSS ?? Nur der Himmel ist die Grenze: Mit dem Gleitschir­m geht es hoch hinauf in die Luft.
FOTO: JOHANNES NUSS Nur der Himmel ist die Grenze: Mit dem Gleitschir­m geht es hoch hinauf in die Luft.
 ?? FOTO: RALF STRAUB ?? In luftiger Höhe kann Ralf Straub den Alltag vergessen.
FOTO: RALF STRAUB In luftiger Höhe kann Ralf Straub den Alltag vergessen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany