Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Immer neue Ideen für die Alte Musik
Am Sonntag startet im Kloster Roggenburg die zweite Ausgabe von „Diademus“- Intendant Schachtner singt diesmal auch selbst
ROGGENBURG - Die letzten Tage sind die stressigsten. Kurz vor dem Start des Roggenburger Festivals für Alte Musik stapelt sich die Arbeit bei Intendant Benno Schachtner: „Es gibt so viele Sachen, um die ich mich kümmern muss.“Es fängt bei organisatorischen Dingen wie Ablaufplänen an – und hört beim Notenlesen auf, denn wie schon bei der Premiere organisiert der gebürtige Illertisser das Festival nicht nur, er wirkt auch selbst als Künstler mit.
Dazu kommt: Kurz vor dem Start muss Schachtner einen Ausfall verkraften: Gerhard Weinberger, der das Eröffnungskonzert am Sonntag um 16 Uhr dirigieren sollte, musste seinen Auftritt wegen den Folgen einer Verletzung absagen. Für ihn springt nun einer seiner früheren Schüler ein: Schachtner selbst.
Der gebürtige Illertisser studierte katholische Kirchenmusik bei Weinberger an der Hochschule für Musik in Detmold. Schachtner ist über den Ausfall ein wenig traurig: „Ich hatte mich darauf gefreut, einfach nur zuhören und genießen zu können“, sagt der Festivalorganisator. „Jetzt muss ich es eben vorne genießen.“
Tölzer Knabenchor singt
Mit dem Tölzer Knabenchor singt ein international bekanntes und gefeiertes Ensemble. Mit der Verpflichtung der Oberbayern ist Schachtner ein Risiko eingegangen. „Für mich als Intendanten gibt es nur einen Weg. Und das ist der Weg nach vorne.“Der erfolgreiche Countertenor will nicht auf der Stelle treten. Sonst könnte er, wie er sagt, sich den Stress sparen, einfach singen gehen oder sich auf eine Professur bewerben.
Aber „Diademus“, wie das Festival nach rechtlichen Problemen mit dem alten Namen „Fr:ame“inzwischen heißt, ist eine Herzensangelegenheit für Schachtner, der mit seiner Frau in Pfuhl lebt.
Und dass es vorwärts geht, zeigt das Programm. Neu im Angebot ist ein Meisterkurs für Sänger samt Abschlusskonzert. Anfänglichen Bedenken („Ich hatte Angst, dass sich die Studenten auf den letzten Drücker melden“) sind längst zerstreut: Der viertägige Kurs, der von Sibylla Rubens und Werner Güra geleitet wird, ist ausgebucht.
Und der Vorverkauf für die vier Konzerte, die diesmal über drei Wochenenden verteilt sind, läuft. Schachtner: „Es sind schon einige hundert Tickets weg. Das Festival wird gut besucht sein.“Doch ein bisschen bibbern muss der Intendant trotzdem: „Das Risiko ist noch nicht bei null.“
Alleine steht Schachtner natürlich nicht da, das Festival hat zwei weitere Mitarbeiter: Dominik König, der sich unter anderem für Öffentlichkeitsarbeit und Vorverkauf verantwortlich zeichnet, und Assisten- tin Henriette Terpe, die sich beispielsweise um Künstlerverträge und -übernachtungen kümmert. Eine große Hilfe, sagt der „Diademus“Gründer, seien aber auch die mittlerweile rund 60 Mitglieder des Fördervereins, von denen viele weit mehr leisten als nur ihren Jahresbeitrag. Sie helfen an der Kasse und als Platzeinweiser, manche lassen auch Künstler in ihren Häusern übernachten. „Es ist wirklich ein Gefühl von Familie da“, schwärmt Schachtner.
„Diademus“ist für den 32-Jährigen nicht nur aus organisatorischer Sicht eine Herausforderung, er tritt auch zweimal selbst auf: beim Abschlusskonzert am Samstag, 9. September, als Dirigent – und bei „Nachtaktiv“am Samstag, 2. September, als Sänger. Dann präsentiert er im Innenhof des Kloster Roggenburg seine neue CD „Clear or cloudy“mit Liedern von Henry Purcell und anderen englischen Meistern. Schachtner: „Das hat sich schön ergeben.“
Bereits Pläne für 2018
Bei aller Arbeit, die der Intendant noch für die bevorstehende Ausgabe des Festivals leisten muss: Im Kopf ist er schon im nächsten Jahr. Dann will er statt eines Meisterkurses für Musikstudenten eine Chorakademie für ambitionierte Laiensänger zwischen 30 und 60 anbieten. „Diademus“wird sich weiterentwickeln. Für Schachtner dürfte der Stress nicht geringer werden.