Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Mogelpackung Luftkurort?
Messstationen in Westerheim reichen einem Bürger nicht aus – Kamine im Wohngebiet nicht berücksichtigt
WESTERHEIM - Hinter der Bezeichnung „Luftkurort“steckt mehr, als man denken könnte. Viele, aufwendige Messungen sind nötig, um später ein aussagekräftiges Ergebnis zu bekommen. So wie derzeit in Westerheim. Ein besorgter Bürger aus Westerheim hat nun aber seinen Unmut kund getan. Er ist mit den Stellen, an denen die Luftreinheit Westerheims gemessen wird, nicht zufrieden. Die Kamine im Wohngebiet würden seiner Meinung nach nicht beachtet, obwohl diese viel Dreck in die Luft blasen würden.
Wie verläuft eigentlich eine Messung in Gemeinden, die sich danach das Prädikat „Luftkurort“ans Revers heften möchten? Auch in Westerheim stehen derzeit wieder zwei Messstationen – aufgestellt vom Deutschen Wetterdienst (DWD). Dieser misst alle zehn Jahre die Luftqualität in besagten Kommunen. Wenn es zu gravierenden Veränderungen in einer Gemeinde kommt, also sich beispielsweise viele neue Firmen ansiedeln, dann erfolgt die Messung früher: alle fünf Jahre. Jedoch sei dieses Verfahren nicht so aufwendig, wie das, das alle zehn Jahre stattfindet, erklärt Stefan Gilge vom Deutschen Wetterdienst der SZ.
Höhere Feinstaubrate beim Rathaus
Bei der „großen Messung“legen Ortsvertreter in Absprache mit dem DWD genau zwei Standpunkte fest, an denen die Messung vollzogen wird. Im Westerheimer Fall wird einmal am Albbad und einmal am Rathaus gemessen. Warum am Rathaus? Weil dort alle „Straßen zusammenlaufen“und deswegen an dieser Stelle eine „eher hohe“Feinstaubrate herrsche, so Lydia Köpf von der Haupt- und Bauverwaltung des Rathauses.
Aufgestellt wurden die Messmasten in Westerheim Anfang März, und im April wurden die ersten Daten gesammelt. Feinstaubmessungen müssen in diesem Fall 52 Wochen dauern. Benötigt werden für die Auswertung mindestens 48 Proben, welche in wöchentlichen Abständen genommen wurden. Das heißt: In Westerheim ist erst ein Drittel der Messzeit rum. Alle Proben werden in einem Labor dann genauestens unter die Lupe genommen. Das sind neben der Feinstaub- und Rußmessung auch die Messung von Grobstaub und Stickstoffdioxid.
Die Messungen erstrecken sich deshalb über einen so langen Zeitraum, damit von allen Jahreszeiten Proben vorliegen. Der Stickstoffdioxid-Gehalt zum Beispiel in der Luft sei im Winter deutlich höher, als im Sommer. Das liege daran, dass man im Winter öfter mit dem Auto fährt und die Kamine qualmen.
Apropos Kamine: Der besorgte Bürger ist der Ansicht, dass die Kamine in den Wohngebieten die Hauptverursacher von verschmutzter Luft in Westerheim sind. Da dort aber keine Messgeräte aufgestellt seien, stellt er das spätere Ergebnis der aktuellen Messung in Frage. Egal, was dabei herauskommt: Für ihn ist es nicht repräsentativ.
Weiter meint er zu den Öfen: „Die Öfen aus dem Internet und Baumarkt haben keine Filter“, und außerdem seien „sie viel zu niedrig ans Haus gebaut“. Hinzu komme, dass viele Personen sogar ihren Müll in den Ofen werfen würden. „Klar geht das schnell. Türchen auf – Müll rein – Türchen zu und ab geht die Post.“Der aufgebrachte Bürger zeigt sich gegenüber der SZ enttäuscht, denn noch immer warte er angeblich auf eine Antwort des Rathauses darauf, wie mit den luftverpestenden Kaminen umgegangen werden könne; und ob hier in Westerheim alles mit rechten Dingen zugeht. Er fordert zudem: eine Messstation in einem Wohngebiet, dort wo seiner Meinung nach die Luft am schmutzigsten sei. Schon jetzt ist klar: An den beiden Messstandpunkten in Westerheim wird das Ergebnis unterschiedlich ausfallen. Das Verkehrsaufkommen ist im Bereich der Albhalle niedriger als am Rathaus. Deshalb wird und darf der Feinstaubwert im Zentrum auch höher sein, erklärt Stefan Gilge weiter. Aktuelle Messergebnisse aus Westerheim sind auf der Internetseite des Deutschen Wetterdienstes zu finden. Laut Stefan Gilge seien die Werte gut – und damit die Chancen dementsprechend, dass Westerheim seinen Luftkurort-Titel behält.