Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Flügelflat­tern in der Dunkelheit

Batnight-Besucher erfahren in Sontheim, wie sie Lebensräum­e für Fledermäus­e schaffen

- Von Susanne Kuhn-Urban Lebensraum optimalen

HEROLDSTAT­T - Einen informativ­en und auch spannenden Abend haben rund 150 fledermaus­begeistert­e Besucher bei der Sontheimer Höhle erlebt. Der Höhlenvere­in Sontheim hat wie viele andere Vereine europaweit eine Batnight veranstalt­et. Diese findet in der Regel stets Ende August statt, wenn die Fledermäus­e schwärmen.

Dies konnten die Besucher in Sontheim hautnah erleben: Die Veranstalt­er hatten in der Sontheimer Höhle, die auf der Schwäbisch­en Alb das größte Winterquar­tier für Fledermäus­e ist, eine Infrarot-Filmkamera aufgestell­t. Im grünlich schimmernd­en Bild auf der großen Leinwand vor der Höhle war ein reger Fledermaus­flugverkeh­r in die Höhle hinein und wieder hinaus zu sehen.

Da die Fledermäus­e jedoch erst zur fortgeschr­ittener Stunde, nämlich erst nach Mitternach­t richtig aktiv werden, haben die Fledermaus­experten Alfred Nagel und Elke Wunsch den Gästen die Wartezeit mit zahlreiche­n Informatio­nen zu den nächtliche­n Jägern verkürzt.

Während es weltweit rund 1000 Arten von Fledermäus­en gibt, kommen in Deutschlan­d etwa 26 Arten vor. Davon sind rund 20 Arten im Biosphären­gebiet Schwäbisch­e Alb nachgewies­en – allerdings sind alle Fledermaus­arten stark gefährdet und stehen auf der Roten Liste, führte Alfred Nagel aus.

Mausohr verliert Lebensraum durch Dachsanier­ung

Probleme bereiten ihnen vor allem fehlende Lebensräum­e. „Das wichtigste Wohnquarti­er ist die abstehende Rinde von abgestorbe­nen Bäumen“, erklärt Alfred Nagel. „Das hatten wir aber in unsere aufgeräumt­en Wäldern immer weniger“, ergänzt er. „Bartfleder­mäuse wiederum bevorzugen Fensterläd­en, hinter denen sie schlafen; das Große Mausohr dagegen ist die typische Dachbodenf­ledermaus. Allerdings bekommen diese Tiere Probleme, wenn Dächer saniert werden und sie keine Möglichkei­t mehr finden, in die Dachböden hineinzufl­iegen.“Wasserfled­ermäuse machen es sich unter einem Kanaldecke­l bequem, ohne sich an den Autos, die oberhalb ihres Quartiers unterwegs sind, zu stören. Während für viele Fledermaus­arten die Höhlen im Sommer zu kühl sind, werden diese im Winter aufgesucht. „Die Tiere gleichen ihre Körpertemp­eratur der Umgebungst­emperatur an und verbrauche­n deshalb sehr wenig Energie. So überwinter­n sie beispielsw­eise in der Sontheimer Höhle“, sagt Nagel.

Fledermaus-Film zieht sogar Freizeit-Agenten in seinen Bann

Einen liebevolle­n Film über die Fledermäus­e auf dem Dachboden des Schorndorf­er Burgschlos­ses hat die Biologin Elke Wunsch im Anschluss präsentier­t. Wochenlang­e Drehzeiten hat sie in Kauf genommen, um die Tiere lebensecht darzustell­en. Und das ist ihr gelungen. Selbst die jüngsten Batnight-Besucher, die zuvor noch höchst aktiv in Agentenspi­ele rund ums Höhlenrast­haus verwickelt waren, kamen zur Ruhe und verfolgten gebannt die Wohn- und Wochenstub­e des Großen Mausohres im Gebälk des alten Gemäuers. In ihrem Film nahm Elke Wunsch dem Publikum die Angst vor den Fledermäus­en und stellte diese als liebevolle Mütter vor, die ein reges Soziallebe­n führen.

Anschließe­nd machten sich die Besucher auf zu einer Nachtwande­rung rund um die Höhle. Die Höhlenvere­insmitglie­der haben sich allerhand einfallen lassen, um ihre Gäste gut zu unterhalte­n. In der Blockhütte beim Spielplatz erhielten die Nachtwande­rer einen roten Fledermaus­trunk, der sich jedoch als Johannisbe­ersaft entpuppte. Nach einer Strecke durch die Dunkelheit tauchten plötzlich Sitzbänke mitten im Wald auf und es hieß, dort Platz zu nehmen. Schon erklang eine Stimme und las aus dem Buch Lilli Langohr, die Fledermaus aus dem Ulmer Münster vor. Nach einer weiteren Strecke durch den dunklen Wald baute Alfred Nagel seinen Laptop auf und die Besucher durften im Dunklen verschiede­nen Rufen der Fledermaus lauschen. An der letzten Station schließlic­h war ein leuchtende­r Turm aufgebaut: eine UV-Lampe leuchtete unter einem Insektenne­tz. Auf diesem Netz ließen sich zahlreiche nächtliche Insekten nieder, der gedeckte Tisch der Fledermäus­e. Elke Wunsch betrachtet­e mit den Besuchern all die Käfer, Heuschreck­en, Wanzen, Spinner, Spanner und Eulen. Wobei es sich bei der Eule nicht – wie ein Besucher vermutet hat – um den Vogel, sondern um eine Schmetterl­ingsart handelte.

Kurz vor Mitternach­t wieder am Höhleneing­ang angekommen, zeigten die Fledermäus­e auf der großen Leinwand und eine stärkere Aktivität. Also ging es hinunter in die Tiefe, um dort das Schwärmen der Fledermäus­e hautnah zu erleben und mit Hilfe eines Fledermaus­detektors ihre Ruf zu hören.

Was kann jeder für einen für Fledermäus­e

tun?

Fledermaus­kästen oder Fledermaus­bretter im Garten und am Haus aufhängen.

Nachtblühe­nde Blumen im Garten anpflanzen.

Kleine Einfluglöc­her auf dem Dachboden belassen.

 ?? FOTO: SUSANNE KUHN-URBAN ?? Im grünlich schimmernd­en Bild auf der großen Leinwand vor der Höhle war ein reger Fledermaus­flugverkeh­r in die Höhle hinein und wieder hinaus zu sehen.
FOTO: SUSANNE KUHN-URBAN Im grünlich schimmernd­en Bild auf der großen Leinwand vor der Höhle war ein reger Fledermaus­flugverkeh­r in die Höhle hinein und wieder hinaus zu sehen.
 ?? FOTO: SUSANNE KUHN-URBAN ?? Eine UV-Lampe leuchtete unter einem Insektenne­tz. Auf diesem Netz ließen sich zahlreiche nächtliche Insekten nieder, der gedeckte Tisch der Fledermäus­e.
FOTO: SUSANNE KUHN-URBAN Eine UV-Lampe leuchtete unter einem Insektenne­tz. Auf diesem Netz ließen sich zahlreiche nächtliche Insekten nieder, der gedeckte Tisch der Fledermäus­e.

Newspapers in German

Newspapers from Germany