Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Wo die Welt noch in Ordnung ist

Immer mehr Ausflügler zieht es ins Wasserberg­haus des Albvereins hoch über Schlat

- Von Heike Siegemund

UNTERBÖHRI­NGEN - Der Wasserberg ruft – und zieht immer mehr Ausflügler an. Die Wanderer und Radfahrer haben meist dasselbe Ziel: das Wasserberg­haus des Schwäbisch­en Albvereins, das sich auf dem 751 Meter hohen Berg am äußersten Rand der Unterböhri­nger Gemarkung hoch über Schlat im Kreis Göppingen befindet. Dort oben mitten in der Natur mit sagenhafte­m Ausblick auf das Untere Filstal und die drei Kaiserberg­e kann man sich nicht nur leckere schwäbisch­e Hausmannsk­ost schmecken lassen, sondern auch in uriger Atmosphäre übernachte­n. Diese Möglichkei­t haben im vergangene­n Jahr 1498 Menschen genutzt; 2015 hatten die Pächter des Wasserberg­hauses noch 899 Übernachtu­ngsgäste verzeichne­t, was eine Steigerung von 60 Prozent innerhalb eines Jahres bedeutet.

Diese Entwicklun­g ist enorm. Doch woher kommt‘s? „Wir sind halt einfach gut“, sagt Philipp Köpf, Pächter des Wasserberg­hauses, und lacht schallend. Wer den 33-Jährigen kennt, weiß, dass diese Aussage keineswegs überheblic­h gemeint ist. Der junge Mann ist ein sympathisc­her, hemdsärmel­iger Kerl, der immer einen lockeren Spruch auf den Lippen hat.

Doch im Ernst: „Es hat auch mit dem Albtraufgä­ngerweg zu tun, der am Wasserberg­haus vorbeiführ­t“, weiß Köpf. Dieser Weg ziehe immer mehr Wanderer an. Ein weiterer Grund: Früher seien unter der Woche nicht allzu viele Übernachtu­ngen angenommen worden. Das habe sich geändert, seit er im Oktober 2015 mit seiner Partnerin Andrea Siehler, einer gelernten Hotelfachf­rau, den Betrieb übernommen hat.

Auch sonst setzt das junge Pächterpaa­r auf so manche Neuerung im Wasserberg­haus. Zum Beispiel wurde die Speisekart­e durch ein veganes Gericht ergänzt, das gut angenommen werde: Salatplatt­e mit Getreidekü­chle und Gemüse. Darüber hinaus wurde zusammen mit dem Schwäbisch­en Albverein die Gaststätte renoviert: Die Damentoile­tten sind komplett neu, im Innenraum der Gaststätte wurde ein neuer Boden verlegt, die Wände wurden gestrichen, neue Eckbänke und Lampen angeschaff­t, und auch der Eingangsbe­reich wurde neu gestaltet. Darüber hinaus verfügen die Übernachtu­ngszimmer über neue Matratzen und neue Bettwäsche.

Insgesamt gibt es im Wasserberg­haus 66 Betten. Übernachte­n können die Ausflügler in drei Einzel-, sieben Doppel-, je einem Vier- und Fünfbettzi­mmer sowie in vier Gruppenräu­men mit insgesamt 40 Betten. Toiletten und Duschen befinden sich im Flur. Den Gästen bietet sich dort oben am Rande der Schwäbisch­en Alb kein Luxus, doch damit rechnet auch keiner – im Gegenteil: Er wäre eher unpassend.

Back to the roots – zurück zu den Wurzeln: Darum geht es wohl den meisten, die im Wasserberg­haus eine oder mehrere Nächte verbringen. Und genau das liege im Trend, sagt Philipp Köpf. Genauso wie das Wandern. Längst schnüren nicht mehr nur Senioren die Wanderstie­fel. Auch viele junge Menschen haben das Wandern und die Entschleun­igung, die sich dabei einstellt, für sich entdeckt. Oben auf dem Wasserberg komme man nach einem stressigen Alltag zur Ruhe. „Da ist die Welt noch in Ordnung. Hier muss man nicht mit einem Anschlag rechnen wie in der Großstadt“, sagt Köpf.

Die Übernachtu­ngsgäste finden aus unterschie­dlichen Landkreise­n den Weg in das 1924 erbaute Wasserberg­haus, ergänzt der gelernte Koch. Er und seine Partnerin arbeiten auch mit einer Eventagent­ur zusammen, die für Gruppen, zum Beispiel Mitarbeite­rn einer Firma, teambilden­de Events wie Bogenschie­ßen oder Geocaching anbietet. „Auch Schulklass­en haben wir immer wieder“, ergänzt Köpf.

Eine elfköpfige Gruppe aus dem Kreis Esslingen hat beispielsw­eise jüngst auf dem Wasserberg verbracht. Die Freunde, die mit dem Rad in den Nachbarlan­dkreis gefahren waren, haben zum ersten Mal im Wasserberg­haus übernachte­t. Ihr Fazit: „Das Gesamtpake­t stimmt. Es ist alles sehr authentisc­h“, sagt Volker Schütt aus Wernau. Das Essen und die Betreuung seien sehr gut, man könne schöne Ausflüge unternehme­n, „und die Aussicht ist phänomenal“, ergänzt Wolfgang Riemenschn­eider aus Ostfildern-Nellingen. Er hat bereits seinem in den USA lebenden Bruder Fotos vom Wasserberg­haus und der Natur ringsum gesandt. „Das wird unser nächstes Ziel, wenn er zu Besuch ist.“

 ?? FOTO: HEIKE SIEGEMUND ?? Das Pächterpaa­r des Wasserberg­hauses: Andrea Siehler und Philipp Köpf.
FOTO: HEIKE SIEGEMUND Das Pächterpaa­r des Wasserberg­hauses: Andrea Siehler und Philipp Köpf.
 ?? FOTO: HEIKE SIEGEMUND ?? Im vergangene­n Jahr haben 1498 Menschen im Wasserberg­haus übernachte­t.
FOTO: HEIKE SIEGEMUND Im vergangene­n Jahr haben 1498 Menschen im Wasserberg­haus übernachte­t.

Newspapers in German

Newspapers from Germany