Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Pfuhler feiern die letzte Sichelhenke
Der Zuchtgenossenschaft fehlt der Nachwuchs, deshalb hat das Fest keine Zukunft mehr
PFUHL (sz) - Am kommenden Sonntag endet eine Pfuhler Tradition. Seit 20 Jahren wurde am ersten Sonntag im September die „Sichelhenke“im und vor dem historischen Zehentstadel gefeiert. Damit ist nun Schluss. Ins Leben gerufen hat die Sichelhenke einst die Zuchtgenossenschaft Pfuhl und sie wird zum Dank für die langjährige Besuchertreue abschließend ab 19 Uhr die „Halbe“um einen Euro billiger verkaufen.
Alljährlich kamen zahlreiche Besucher zum Traditionsfest, bei dem in den Anfängen auch noch Wettkämpfe und Spiele ausgetragen wurden. Aber auch die Mitglieder der Zuchtgenossenschaft wurden immer älter, es fehlte der Nachwuchs, wie der Vorsitzende Siegfried Miller bedauert. Eigentlich plädierte ein Teil des Vorstands dafür, schon früher das Fest beerdigen, doch Miller wollte noch die „20 Jahre vollmachen“. Das ist nun der Fall – und deshalb hat das Führungsgremium einhellig beschlossen, das Fest nicht mehr fortzuführen.
Eine gute Ernte war damals ein „Segen“und „Gottes Gabe“
In früheren Zeiten wurden die sogenannten Sichelhenken einst mit dem Einfahren des letzten Erntewagens gefeiert. Dazu wusste der im vergangenen Jahr verstorbene Altlandwirt Gustav Miller einst viel zu erzählen. Etwa, dass die Helfer beim Fest neben einem guten Essen immer ein zusätzliches Bier bekamen. Und so manche Magd erhielt von dem Dienstherrn nach der Ernte ein so genanntes „Ehretgraumet“– meist einen Bettüberzug. Unvergesslich war zudem für Gustav Miller das „Walte Gott“, das seine Mutter Katharina stets vor dem ersten Kornschnitt auf dem Feld gesprochen hat. Denn eine gute Ernte war damals ein „Segen“und „Gottes Gabe“. Zumal stets die Angst vor Hungersnöten, Unwetter und Missernten sehr groß war. Wenn alles gut ging, sprach nach alten Überlieferungen der Bauer nach der Ernte auf dem Feld ein Dankgebet. Auf dem Hof wurden dann die Arbeitsgeräte bis zum nächsten Jahr im Gebälk der Scheune aufgehängt, daher auch der Name „Sichelhenke“.
In Pfuhl feierten die Bäuerinnen und Bauern die Sichelhenke seit 1997 mit reichlich Speis, Trank und Tanz. Auch heuer soll das Angebot wieder gewohnt üppig ausfallen. Im Einsatz werden zum letzten Mal zwischen 35 und 40 freiwillige Helfer sein.
Der 59-jährige Siegfried Miller belegt anhand von Zahlen das „Schmelzen“der Landwirtschaft in Pfuhl. Waren es bei der Gründung der Genossenschaft in Pfuhl anno 1925 noch 120 Landwirte dabei, so zählt sie heute gerade mal noch 39. „Jedes Jahr sterben welche“, sagt Miller und der Nachwuchs sei eher dünn gesät. So können die Vollerwerbslandwirte in Pfuhl heute an einer Hand aufgezählt werden. Werden künftig trotzdem in dem Ende der 90-iger Jahre mit viel eigener Muskelkraft sanierten Zehent-stadel Feste gefeiert? Siegfried Miller verspricht, dass zumindest nach wie vor der traditionelle Tanz in den Mai geboten werde.
Pfuhler Sichelhenke Das Fest beginnt am Sonntagmorgen um 11 Uhr mit dem Fassanstich. Aufspielen werden wie immer Alfreds Musikanten, ab 16 Uhr treten die Pfuhler Dorfmusikanten auf. Es darf getanzt werden.