Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
„Rückblick auf ein erfülltes Leben“
Gerhard Scheible feiert heute seinen 80. Geburtstag – und zwar in der Bundeshauptstadt
LAICHINGEN - Die Volkshochschule Blaubeuren-Laichingen-Schelklingen, das Abendgymnasium in Ulm sowie die lebendige Städtepartnerschaft zu Ducey in der französischen Normandie sind seine großen Werke und Verdienste. Für diese Leistungen auf drei Gebieten ist vor drei Jahren Gerhard Scheible die Staufermedaille des Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg verliehen worden. An diesem Mittwoch kann Scheible bei guter Gesundheit seinen 80. Geburtstag feiern. Mit Freunden aus Berlin wird der ehemalige Oberstudiendirektor seinen Festtag in der Bundeshauptstadt begehen und dabei sicherlich auch auf sein Lebenswerk für Laichingen und Ulm zurückblicken.
„Ich glaube, ich kann auf ein erfülltes Leben zurückblicken“, sagt der nun 80-Jährige, der am 30. August 1937 in Schwäbisch Gmünd geboren wurde. Auf zwei Errungenschaften ist der Vollpädagoge besonders stolz: Das sei der Aufbau des Abendgymnasiums in Ulm, mit dem er vielen jungen und lernwilligen Menschen zum Abitur verholfen habe. Und dann sei ihm die deutsch-französische Aussöhnung zu einer Herzensangelegenheit gewesen. Scheible war 1986 einer der Gründungsväter der Stadtpartnerschaft Laichingens mit Ducey und ist bis heute der Partnerschaftspräsident auf deutscher Seite. Dafür dass er das normannische Städtchen „vom Ende der Welt in Richtung Zentraleuropa rückte“, wie es einst Senator Jean-Pierre Tizon formulierte, ist er zum Ehrenbürger Duceys ernannt worden. Das hat den heute 80-Jährigen mit großer Freude und Stolz erfüllt.
Bereits im Alter von zwei Monaten war Gerhard Scheible mit seiner Familie nach Westerheim auf die Alb gekommen – „auf dem warmen Armaturenbrett des Autos“, wie er humorvoll erzählt. Der Vater Alois Scheible übernahm dort einen Lehrerposten, die Familie bezog die Wohnung in der Alten Schule. „Ein schmucker Bau mit schöner Aussicht in Ostrichtung, der damals noch nicht verbaut war“, berichtet Gerhard Scheible.
In Westerheim gelebt und Inferno zum Kriegsende erlebt
Doch der junge Gerhard Scheible erlebte auch schlimme Momente; die schrecklichen Ereignisse während des Zweiten Weltkriegs, vor allem jenen 21. April 1945, als die Ortsmitte zum brennenden Inferno wurde. Bis heute habe ihn ein schreckliches Bild nicht losgelassen: ein Westerheimer brachte seine tote Frau in einer Schubkarre fort.
Nach der Grundschule besuchte Gerhard Scheible in Laichingen die Realschule und dann die Höhere Schule. Die Wegstrecke legte er meist mit dem Fahrrad zurück, wobei er bei schönem Wetter gelegentlich ein Päuschen einlegte, sich hinlegte und einschlief. Mutter Emma, die lieber Emmy genannt werden wollte, musste ihn öfters suchen und fand ihn im grünen Gras träumend vor. 13 Jahre seiner Kindheit verbrachte er in Westerheim, bevor sein Vater die Rektorenstelle in Allmendingen antrat.
In Ehingen schrieb Gerhard Scheible dann sein Abitur, ein sehr gutes, wie er wissen lässt. Mit den besten Noten beendete er auch sein Hochschulstudium an den Universitäten von Tübingen und Hamburg, wo er Mathematik, Physik und Informatik für das höhere Lehramt studierte.
Bis zu seiner Studienzeit in Hamburg habe er breit schwäbisch geredet, dort schnell Hochdeutsch erlernt, da sich manche Hanseaten „unglaublich über mein Schwäbisch amüsierten und sich fast totlachten“, schildert Scheible. Die „Kunst des klaren Redens“habe er in Tübingen fortgesetzt, da die Mutter nach dem frühen Tod des Vaters auf einen Ortswechsel ins Württembergische gegen seinen Willen pochte.
Durch Zufall nach Laichingen
Nach dem Studium unterrichtete Gerhard Scheible sechs Jahre an der Waldorfschule in Tübingen. Nach dem Referendariat und dem zweiten Staatsexamen in Nürtingen wechselte er im Jahr 1971 zum damaligen Progymnasium nach Laichingen. Dort unterrichtete er bis zu seinem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst im Juli 2002. „Ob er Laichingen denn kenne?“, sei er von Mitarbeitern des Kultusministeriums gefragt worden, die den engagierten Pädagogen unbedingt für die Leinenweberstadt gewinnen wollten, um dort ein Vollgymnasium aufzubauen. „Und ob“, habe er prägnant und lächelnd geantwortet. Als „Fügung des Schicksals“sah er es, dass er an seine ehemalige Schule als Lehrkraft zurückkehren durfte.
Als einen „Lehrer mit Leidenschaft“, einen Partnerschaftspräsidenten „mit unermüdlicher Power“und „einen Erwachsenenbildner ganz nah am Volk“hatte vor fünf Jahren der damalige Bürgermeister Friedhelm Werner Gerhard Scheible bezeichnet, als dessen 75. Geburtstag mit zahlreichen Ehrengästen im Alten Rathaus gefeiert wurde. Seine Lebensmelodie habe Scheible auf drei großen Gebieten erklingen lassen und Großartiges geleistet, legte damals Werner dar: Als Lehrer mit Leidenschaft und einer Liebe zu den Schülern habe er junge Menschen sogar in Mathematik und Physik aufblühen lassen. Als Partnerschaftspräsident habe er die Freundschaft zwischen Laichingen und Ducey „in ihren schönsten und farbenfrohsten Blüten“entfaltet. Und als Erwachsenenbildner habe er das zarte Pflänzchen Volkshochschule zu einem starken Baum mit tiefen Wurzeln gedeihen lassen sowie mit „viel gärtnerischem Geschick“das Ulmer Abendgymnasium zur Reife gebracht, das der Jubilar initiiert hatte.