Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Regen bei Bulletproof
Was ein echter Musik-Festivalfan ist, den schreckt das schlechte Wetter nicht.
LAICHINGEN - Es hätte ein Reinfall werden können, das Bulletproof-Festival auf dem Delau-Festplatz in Feldstetten. Regen war ganztägig für Freitag angesagt, der Samstag startete beinahe trocken, ab dem späten Nachmittag regnete es immer wieder, zum Teil auch kräftig. Die Temperaturen sanken kräftig unter den Wohlfühlbereich. Aber was ein echter Festivalfan ist, den schreckt auch das schlechteste Wetter nicht.
„Festivalbesucher sind Regen und Matsch erprobt“, erklärte Festivalprofi Bianca Walleczek bestimmt. Sie hatte wie in Wacken vor einem Monat ihre Springerstiefel angelegt, extra frisch geputzt, waren doch die Zeltplätze beim WOA (Wacken Open Air) im hohen Norden Deutschlands Anfang August wie beinahe jedes Jahr im mehr als knöchelhohen Sandmatsch abgesoffen.
Das Absaufen blieb den Festivalveranstaltern in Feldstetten zwar erspart, und auch die Allrad-Bulldogs zum Herausschleppen der Festivalbesucher wie bei den meisten Rockfestivals mussten nicht ausrücken. Der große Besucheransturm blieb jedoch aus. Hartgesottene Musikliebhaber standen trotzdem vor der Bühne, allerdings drängten sie sich unter den zweckentfremdeten Sonnenschirmen zusammen. Und auch das beheizte Barzelt lockte die Gäste zum Zusammenkuscheln herein. Wirkliche Gemütlichkeit kam beim Festival dann leider doch nicht auf.
Mittags noch hatten sich die Kinder in der Hüpfburg vergnügt oder sich beim Dosenwerfen gemessen. Denn beim Opening um 16 Uhr am Samstag mit dem Musikverein Feldstetten unter der Leitung von Wolfgang
Hörrle war der Himmel locker bewölkt und der zweite Tag versprach besser zu werden als Tag eins. „Wir sind es gewöhnt, dass der Platz vor der Bühne gut gefüllt ist“, begrüßte MV-Vorsitzender Johannes Bäumler die Gäste.
Holly Would Surrender aus Hamburg übernahm als erster das Abendprogramm. Holly Would Surrender – vier Hamburger Jungs, die seit April 2010 im Zeichen des Punkrocks gemeinsame Sache machen. Weiter ging’s mit A Hurricanes Revenge, einer Punk-, Rock-, HardcoreBand, die extra für den Auftritt in Feldstetten aus Trier angereist war.
„Wir scheißen gemeinsam auf das Wetter“, feuerte Frontmann Johannes Steffen die Besucher an. Just zu den ersten Takten der Band öffnete der Himmel seine Schleusen und es goss in Strömen. Trotzdem trudelten immer mehr hartgesottene Fans der Szene ein. Sie wollten auch Letters and Trees, Johnny Blade, Amplitheater und No Brainer hören.
Letters an Trees sind sechs junge Männer aus Ulm, eine Idee und die gemeinsame Leidenschaft für Musik. Daraus entstand etwas Großartiges, orientiert an Bandgrößen wie Kings of Leon, 30 Seconds to Mars und Boysetsfire versuchen sie ständig, mit ihrer Vorstellung von guter Musik, aus schönen Synthesizer-Lines und klangvollen Soundscapes etwas Eigenes zu schaffen, was man dann stilistisch als Electronic Post Rock definieren würde, was durchaus auch mal etwas lauter werden klang – und auch darf. Johnny Blade, ebenfalls Ulm, gelten bereits seit ihrem ersten Auftritt als Speerspitze der interstellaren Prä-Astronautik Rockszene. Als sich die vier Jungs von Amplitheater aus Aalen 2011 zusammengetan haben, um etwas Neues auszuprobieren, wusste noch niemand‚ wohin die Reise geht. Zu unterschiedlich war die Vorgeschichte der vier Musiker. Man war sich allerdings bei einer Sache einig: „Wir machen die Musik, die uns gefällt und nicht um anderen zu gefallen“, ganz nach dem Motto ‚Friss oder Stirb‘, melodischer Deutschrock, der ordentlich nach vorne geht.
Die letzte Band des Festivals No
Brainer aus Ulm spielte ausschließlich eigene Songs, die sich stilistisch im Bereich von Metal ansiedeln lassen. Durch zusätzliche Elemente aus angrenzenden Genres wie Heavy, Progressive, Trash oder Melodic, entsteht eine abwechslungsvolle Mixtur von Stücken, die live und vor Publikum richtig gut abgehen. Und damit einen tollen Schlussakkord am Festival setzten.
Am Freitagabend spielten bereits Fun is Elsewhere, Hell and Back, Homestayer und Pornophone. Auch hier war das Gelände keineswegs überlaufen, die Veranstalter waren aber trotzdem zufrieden. Fun is Elsewhere (Stuttgart) ist klassischer Punkrock in Dreierbesetzung, Gitarre, Bass, Schlagzeug und zweifach Gesang. Textlich bewegen sich die Jungs aus Langenau zwischen gesellschaftskritischen, antirassistischen und persönlichen Themen. Ebenfalls aus Stuttgart: Hell and
Back – einmal Hölle und zurück, steht an der Spitze einer neuen Generation des Punkrocks, die ihren amerikanischen Vorbildern in Nichts nachstehen. Homestayer aus Suttgart sind Punk, Tattoos, Bart, Flanellhemd – eben eine Hardcoreband. Bei Philipp Dunkel aus Berlin sieht das auch nicht großartig anders aus. Die Emo und Punk angehauchten Songs kommen von Herzen und direkt aus seinem Leben.
Den Abschluss am Freitag machte die Ulmer Band Pornophon. Die Musiker sind seit 1998 dabei. Ihre Songs handeln von Liebe, Leben, Hass und Wut. Sie haben schon mit sehr vielen namhaften Bands gespielt und begeistern seit Anfang an.