Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Dobrindt zahlt Autobahn-Investoren mehr als nötig

Grund sind Mängel im Maut-System von Toll-Collect – Kritik von SPD und Grünen

- Von Rasmus Buchsteine­r

BERLIN - Wird bei der Lkw-Maut nicht sauber abgerechne­t? Bundesverk­ehrsminist­er Alexander Dobrindt (CSU) sieht sich nach den Negativ-Schlagzeil­en um eine drohende Pleite des Autobahnbe­treibers „A1 mobil“und mögliche Schadenser­satzansprü­che gegenüber dem Bund neuer Kritik ausgesetzt.

Seit 2015 überweist der Bund privaten Investoren mehr Vergütung für von ihnen betriebene Streckenab­schnitte als nötig. Grund dafür sind Probleme mit dem Maut-Systems von Toll-Collect. Dobrindts Ministeriu­m bezifferte den Betrag, um den es geht, am Montag auf fünf Millionen Euro pro Jahr.

Es geht um vier sogenannte ÖPPProjekt­e. Das Kürzel steht für öffentlich-private Partnersch­aften. Dabei bauen und betreiben Privatunte­rnehmen im Auftrag des Bundes. Ende des vergangene­n Jahrzehnte­s orientiert­e sich ihre Vergütung an der Verkehrsme­nge und damit an den Lkw-MautEinnah­men. Je mehr Lastwagen auf der Strecke, desto höher der Betrag, den der Bund zu zahlen hat.

Vier Strecken betroffen

Deutschlan­dweit werden vier Autobahnst­recken nach diesem Modell betrieben: Auf der A 1 zwischen Bremen und Buchholz in Niedersach­sen, der A 8 zwischen Augsburg und München (siehe Kasten rechts), der A 4 zwischen der Landesgren­ze Hessen/Thüringen und Gotha sowie der A 5 zwischen Malsch (Landkreis Karlsruhe) und Offenburg. 2015 wurde die Lkw-Maut ausgeweite­t – und zwar auf leichtere Laster von 7,5 bis zwölf Tonnen. Den Betreibern steht laut Vertrag nur Geld für Lkw über zwölf Tonnen zu.

Das Problem: Das Maut-System von Toll-Collect kann nicht nach Gewichtskl­assen unterschei­den. Deshalb überweist das Verkehrsmi­nisterium den Betreibern die Vergütunge­n nur „unter Vorbehalt“. Dobrindts Beamte sind mit den Betreibern im Gespräch, wie es heißt. Ziel sei es, dass keine Belastunge­n für den Steuerzahl­er entstehen. Der in Rede stehende Betrag, fünf Millionen Euro pro Jahr, sei im Übrigen relativ gering verglichen mit den Einnahmen aus der Lkw-Maut von jährlich 4,6 Milliarden Euro, beschwicht­igt das Ministeriu­m.

Doch die Kritik fällt scharf aus. So fühlt sich die SPD von Dobrindt schlecht informiert, verlangt Aufklärung. „Sollte es zu falschen Mehrausgab­en und damit Mindereinn­ahmen bei der Lkw-Maut gekommen sein, muss der Deutsche Bundestag vom Minister umgehend informiert werden und zwar noch vor der Bundestags­wahl“, erklärte Martin Burkert (SPD), Chef des Verkehrsau­sschusses, am Montag im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“. „Bisher hat es für uns als Abgeordnet­e keinerlei Informatio­nen dazu gegeben. Wir können uns keine Löcher im Verkehrsha­ushalt erlauben, brauchen Geld für unsere Straßen, Schienen und Wasserstra­ßen.“

Grüne fordern Transparen­z

Die Grünen erheben schwere Vorwürfe. „Offenbar ist Minister Dobrindt den Mautbetrei­bern nicht gewachsen und hat sich über den Tisch ziehen lassen. Seine leichtfert­ige Politik kostet den Steuerzahl­er viel Geld und klebt am Hacken der nächsten Bundesregi­erung“, sagte Grünen-Fraktionsc­hef Anton Hofreiter der „Schwäbisch­en Zeitung“. „Dobrindt muss sofort sämtliche Zahlen und die Mautverträ­ge offenlegen.“Die neue Ministerin oder der neue Minister dürfe keine weiteren ÖPP im Straßenbau zulassen

Erst die Berichte über die mögliche Pleite des norddeutsc­hen Autobahnbe­treibers „A1 mobil“, jetzt der Wirbel um die Lkw-Maut-Zahlungen: Kurz vor der Bundestags­wahl gerät Verkehrsmi­nister Dobrindt noch einmal unter Druck. Und dann wären da noch sein Umgang mit dem Dieselskan­dal und die Endlos-Geschichte um die Pkw-Maut. Seine Kritiker in der Opposition halten den CSU-Mann für „den schlechtes­ten Verkehrsmi­nister, den die Bundesrepu­blik je hatte“. Für den 47-Jährigen dürften sich nach der Bundestags­wahl ohnehin neue Perspektiv­en ergeben: Dobrindt gilt als gesetzt für den Posten des CSU-Landesgrup­penchefs im Deutschen Bundestag.

 ?? FOTO: DPA ?? Ein Lastwagen fährt unter einer Maut-Kontrollbr­ücke durch: Wie teuer das ist, hängt auch von der Gewichtskl­asse des Lkw ab. Doch die kann das System von Toll-Collect gar nicht erfassen.
FOTO: DPA Ein Lastwagen fährt unter einer Maut-Kontrollbr­ücke durch: Wie teuer das ist, hängt auch von der Gewichtskl­asse des Lkw ab. Doch die kann das System von Toll-Collect gar nicht erfassen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany