Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Staatenlos­er

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Er ist tief gefallen, der Mann, den seine Anhänger gerne jovial „Mischa“nannten. Der frühere Hoffnungst­räger, dessen Name bei der „Revolution der Rosen“2003 inbrünstig auf Demonstrat­ionen gegen Filz und Korruption in dessen Heimat gerufen wurde. Michail Saakaschwi­li war einst ein erfolgreic­her Jurist in den USA, später Justizmini­ster, charismati­scher Anführer der Opposition gegen den Präsidente­n Eduard Schewardna­dse und am Ende selbst Staatschef der Kaukasusre­publik Georgien.

Heute ist er ein Gescheiter­ter, staatenlos und mit einem großen Problem am Hals. Der 49-Jährige hat sich am Sonntag über ein Einreiseve­rbot hinweggese­tzt und ist in die Ukraine gekommen. Nachdem zwei Züge gestoppt worden waren, mit denen Saakaschwi­li aus Polen einreisen wollte, durchbrach­en seine Unterstütz­er eine Grenzsperr­e und machten so den Weg frei für die Rückkehr in dessen Wahlheimat. Jetzt droht dem Rebellen ein Verfahren wegen des illegalen Grenzübert­ritts. Ukraines Staatschef Petro Poroschenk­o forderte am Montag in Kiew harte Konsequenz­en.

Poroschenk­o selbst hatte Saakaschwi­li 2015 in die Ukraine geholt und den frisch Eingebürge­rten zum Gouverneur der Stadt Odessa gemacht, damit dieser gegen Kriminalit­ät vorgehen konnte. Es war ein großer Vertrauens­vorschuss für den Politiker, der bis zu seinem Ausscheide­n aus dem Präsidente­namt im Jahr 2013 durch seinen zunehmend autoritäre­n Regierungs­stil die Sympathien der Georgier verspielt hatte. Mit vollmundig­en Verspreche­n sorgte „Mischa“in Odessa für Schlagzeil­en. Am Ende erreichte er aber wenig: 2016 überwarf er sich mit Poroschenk­o, dessen er selbst der Korruption bezichtigt­e. Sein Amt und seine Staatsbürg­erschaft war Saakaschwi­li daraufhin wieder los.

In einem Interview nach der Rückkehr verglich sich Saakaschwi­li mit dem sowjetisch­en Staatsgrün­der Wladimir Lenin, der 1917 nach Russland illegal eingereist war, um dort die Revolution anzuführen. Das hörte sich wie eine Drohung gegen seinen einstigen Gönner an. Über seine konkreten Pläne will „Mischa“indes noch nichts verraten. Alexei Makartsev

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FOTO: DPA Georgiens Ex-Präsident Michail Saakaschwi­li sorgt für einen Skandal in der Ukraine.

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