Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Lohnenswerter Widerstand
Idee einer Stadtbücherei in Laichingen stieß vor 35 Jahren auf Kritik – Bürger spendeten zum Auftakt Bücher
LAICHINGEN - Seit 30 Jahren existiert bereits die Stadtbücherei in Laichingen, und sie ist zu einer Institution für praktisch alle Bevölkerungsgruppen geworden. Die wenigsten der heutigen Nutzer aber werden wissen, dass diese Bücherei von einem Verein ins Leben gerufen wurde, dem Förderverein Stadtbücherei Laichingen. Und nicht nur das. In den ersten Jahren hat der Verein sogar die Bücherei eingerichtet und betrieben – ein Unikum im ganzen Ländle, wie damals auch die Stuttgarter Zeitung schrieb.
Begonnen hatte alles im Frühjahr 1981, als der damalige Bürgermeister Andreas Raab im Kulturausschuss des Gemeinderats beantragte, im Rahmen der anstehenden Sanierung des Alten Rathauses dort eine Stadtbücherei einzurichten. Ausgerechnet das für Kultur zuständige Gremium erteilte dem Antrag eine deutliche Abfuhr – vor allem mit finanziellen Argumenten.
In der Öffentlichkeit wurde dieses Verhalten mit Kopfschütteln aufgenommen und auch in den Medien entsprechend kommentiert, aber dabei blieb es zum Glück nicht. Eine Bürgerinitiative bildete sich, um doch noch zu einer Bücherei zu kommen. Viele Aktionen wurden ausgeführt, um in der Bevölkerung das Interesse weiter zu erhalten.
Im Frühjahr 1982 war die Initiative unter dem Namen „Fördervereinigung Stadtbücherei“auf dem Pfingstmarkt aktiv. Mit Plakaten und einem Preisausschreiben wurde die Idee einer öffentlichen Bücherei beworben. Dann begann im Sommer 1982 eine große Bücherspendenaktion in der Bevölkerung. Diese war unerwartet erfolgreich. Innerhalb einiger Monate wurden in die Spendenkisten in den Apotheken und Banken 3600 Bücher gelegt. Und es waren nicht nur, wie befürchtet, „alte Schinken“, sondern sogar Neuerwerbungen, aber auch Raritäten zur Heimatgeschichte. Diese Aktion machte überregional derart Furore, dass der frühere Wirtschaftsminister Alex Möller sogar sein neu erschienenes Buch „Tatort Politik“nach Laichingen schickte.
Förderverein gegründet
Andreas Raab, der auch bei der Initiative mitwirkte, drängte auf die Gründung eines Vereins, der mehr Verbindlichkeit und auch mehr Einfluss hätte. So wurde im September 1982 der „Förderverein Stadtbücherei Laichingen e.V.“geboren. Sein erster und langjähriger Vorsitzender war Wolfgang Roth, der dieses Amt bis zu seinem unerwarteten Tod im Jahr 2011 innehatte. Roth erwies sich als ein ebenso belesener wie rühriger Motor des Vereins.
Es dauerte noch weitere fünf Jahre, bis am 10. Mai 1987 die Bücherei in der Radschule eröffnet werden konnte. Lange war nicht klar, ob die Bücherei ihre Tore im Alten Rathaus öffnen würde. Außerdem ergaben Beratungen mit der Fachstelle für das Büchereiwesen in Reutlingen, dass auf jeden Fall mit einem Mindestbestand von 6000 Medien begonnen werden sollte, damit die Nutzer nicht bald das Interesse verlieren würden. Und auch die Möblierung sollte von Anfang an „professionell“sein, keine Provisorium.
Dass dies alles gestemmt werden konnte, war dem Durchhaltevermögen der Mitglieder ebenso geschuldet wie der Bereitschaft der Bevölkerung. So kamen Geldspenden in Höhe von 1000 Mark zusammen. Dem beharrlichen Engagement des Bürgermeisters und einiger Stadträte war ein städtischer Zuschuss für den Erwerb von Büchern in Höhe von 25 000 Mark zu verdanken.
Unikum: Verein betreibt eine Stadtbücherei
Mit der Eröffnung war zwar ein entscheidender Schritt vollzogen. Aber: Betrieben wurde die Bücherei vom Förderverein. Besonders engagiert zeigte sich hier Marlene Häberle als erste und langjährige Büchereileiterin. Halb ehrenamtlich mit einem mehr symbolischen Salär baute Marlene Häberle mit etlichen Ehrenamtlichen die Bücherei auf. Neben der pensionierten Lehrerin Christel Knecht und anderen Fördervereinsmitgliedern engagierte sich eine ganze Reihe von Schülern beim Dienst in der Bücherei, allen voran die Töchter von Marlene Häberle.
Aber auch der Vorstand des Fördervereins mit Wolfgang Roth und seinen Stellvertretern Ernst Joachim
Bauer, der von Marlene Häberle abgelöst wurde, und Gabriele ReulenSurek musste professionelle Arbeit leisten. Besonders viel zu tun hatte neben Marlene Häberle die Kassiererin des Vereins, Ingeborg Raab. Sie führte ehrenamtlich die Buchhaltung, worunter die Anschaffung neuer Möbel ebenso fiel wie die Rechenschaft gegenüber der Stadt.
Im Jahr 1990 endlich konnte die Verantwortung der Stadt übergeben werden, nachdem der Gemeinderat von der funktionierenden Bücherei überzeugt worden war. Marlene Häberle wurde als Büchereileiterin bei der Stadt angestellt, Helke Roller als ihre Helferin zusätzlich eingestellt.
Und seit Januar 1999 liegt die Leitung der Bücherei in den Händen von Marion König, die als ausgebildete Bibliothekarin sich mit vielen Aktionen und ihrer freundlichen und professionellen Art einen Platz im Herzen der Büchereibenutzer erobert hat.
Der Förderverein aber steht als Pate weiter hinter der Bücherei.