Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Zwischen zwei Intendanten
Bei der Spielzeitbegrüßung sprechen Andreas von Studnitz und sein Nachfolger
ULM - Alle sind pünktlich, nur die Chefin nicht: Ausgerechnet Kulturbürgermeisterin Iris Mann kommt ein paar Minuten zu spät zur Spielzeitbegrüßung – weil sie die Baustellen-Barriere auf der Olgastraße schlicht vergessen hatte. Die gerade erst aus dem Urlaub zurückgekehrten Mann führte somit zum Saisonstart vor, was die Theatermitarbeiter, zumal an der Kasse und der Garderobe in den kommenden Wochen wohl noch erwarten wird: Schließlich dürfte auch so mancher Besucher von den Bauzäunen überrascht werden.
Für das künstlerische Team freilich ist die Baustelle vor dem Haus weniger spannend als die im Haus. Denn die Spielzeit 2017/18 ist eine des Übergangs – was bei der Spielzeitbegrüßung sofort sichtbar ist: Auf der Bühne stehen zwei Intendanten: Andreas von Studnitz, der in seine zwölfte Saison in Ulm geht, und Kay Metzger, der offiziell erst in einem Jahr übernimmt, aber in den kommenden Monaten viel Zeit in der Stadt verbringen wird. Der Neue zeigte sich erfreut, das Team kennenzulernen, wollte aber noch keine „Regierungserklärung“abgeben: „Man springt als Tiger und landet als Bettvorleger.“Metzger dankte von Studnitz für seine kollegiale Zusammenarbeit bei der Übergabe und wünschte der versammelten Mannschaft ein „kräftiges Toi-toi-toi“. Ein gewisses Magengrimmen bleibt bei manchen Mitarbeitern trotzdem, schließlich werden nicht alle den Intendantenwechsel überstehen. Bis Ende Oktober stehen noch Gespräche an.
Mit dem neuen Intendanten kommen neue Gesichter
Auf Nachfrage unserer Zeitung versprach Metzger, diese Aufgabe mit „Verantwortungsgefühl und Respekt“anzugehen. Er habe bei seinen Besuchen in Ulm ein solides Ensemble mit „tollen individuellen Persönlichkeiten“erlebt. Es sei aber auch normal, dass mit einem neuen Intendanten auch neue Gesichter an ein Theater kommen. Metzger, der seine letzte Premiere in Detmold („Der fliegende Holländer“) bereits hinter sich hat, will sein künstlerisches Team im Oktober oder November präsentieren. Offen sind vor allem noch, wer die Positionen des Schauspieldirektors und des Ballettchefs übernehmen wird. Offiziell bekannt ist seit ein paar Monaten lediglich, dass Timo Handschuh auch nach dem Intendantenwechsel Generalmusikdirektor bleibt.
Bei so viel Unsicherheit tut es vielleicht ganz gut, dass es zum Probenstart auch viel Lob gibt, auch wenn es in Von-Studnitz-Manier vorgetragen wird: „Ihr seid schon ganz gut, alle so miteinander.“Etwas mehr Euphorie versprühte Bürgermeisterin Mann, die dem Team bescheinigte, zum Finale der vergangenen Spielzeit, als parallel „Aida“auf der Wilhelmsburg und die Theatertage Baden-Württemberg in Ulm über die Bühne gingen, ein „extrem sportliches Programm“bewältigt zu haben. Mann ist nach wie vor überzeugt, dass die Sanierung im laufenden Betrieb richtig war. Kay Metzger könne ein „rundum erneuertes Haus“übernehmen. Die Mitarbeiter konnten schon auf den neuen Theatersesseln im Großen Haus Platz nehmen – die ersten acht Reihen waren pünktlich zur Spielzeitbegrüßung fertig.
Verwaltungsdirektorin Angela Weißhardt zeigte sich optimistisch, dass zur ersten Premiere weder Sitzsäcke noch Bierbänke als Ersatzsitze nötig sein werden.
Interessanter waren für die Mitarbeiter allerdings die neuen Kollegen, die traditionell auf Zuruf aufstehen. So sind mit Chiara Rontini und Giorgio Strano unter anderem zwei neue Tänze dabei. Im Schauspiel gibt es drei neue Gesichter, wobei nur Benedikt Paulun wirklich neu ist: Stefan Maaß ist schon seit Mai als Nachfolger von Maximilian Wigger-Suttner in Ulm, Franziska Maria Pößl sprang schon bei „Biene im Kopf“für Sidonie von Krosigk ein, deren Nachfolgerin im Ensemble sie nun auch wird. Im Musiktheater geht mit Mezzosopran Christianne Bélanger ebenfalls ein Gast ins feste Engagement.
„Ihr seid schon ganz gut, alle so miteinander.“Noch-Intendant lobt sein Team auf schwäbisch-zurückhaltende Art.
Von Studnitz arbeitet maximal entspannt
Mit diesen Leuten geht Andreas von Studnitz in seine letzte Ulmer Spielzeit – und er tut es maximal entspannt. Denn nun müsse er sich nicht mehr mit „kulturpolitischen Tiefbohrungen“beschäftigen, sondern könne sich ganz auf die Kunst konzentrieren. Der Intendant wird zunächst „Dogville“im Großen Haus inszenieren, dann „Lächerliche Finsternis“auf dessen Drehbühne – eine Belastungsprobe gleich nach der Spielzeitbegrüßung ergab, dass die Maschinerie funktioniert.
Besonders freut er sich aber auf seine letzte Produktion als Darsteller – das 80er-Rock-Musical „Rock of Ages“, bei dem unter anderem die Ulmer Gitarristin Yasi Hofer mitwirken wird: „Das wird auf alle Fälle ganz geil.“
Und dann? Wird er sein Büro Metzger überlassen, Ulm aber treu bleiben. Denn seine Frau, die Schauspielerin Tini Prüfert, wird laut von Studnitz auch unter seinem Nachfolger Teil des Theaterensembles bleiben.