Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Ein Riesenband über Riesen: Taschen Verlag präsentiert Paläo-Art
Kein Mensch hat sie je erblickt, und doch hat jeder sofort Bilder im Kopf, wenn der Begriff Dinosaurier fällt. Heute kann ein Computer aus einem Skelett eine Figur erschaffen. Als vor bald 200 Jahren jedoch die ersten Überreste der faszinierenden Urzeitriesen gefunden wurden, waren es Künstler, die die Skelette mit „Leben füllten“und jene Bilder schufen, die bis heute unsere Vorstellung prägen von Pterodaktylus und Iguanodon, Tyrannosaurs rex und Brontosaurus. Paläo-Art ist der Fachbegriff. Der Taschen-Verlag stellt diese unter Kitsch-Verdacht stehende und deswegen gern ignorierte Kunstrichtung in einem prachtvollen Riesenband vor. Die amerikanische Kunsthistorikerin Zoë Lescaze beschreibt kenntnisreich und klug die Paläo-Art von ihren Anfängen mit Aquarellen des britischen Geologen Henry Thomas de La Bèche (1796-1855) bis heute mit den an de Chirico gemahnenden Werken der kanadischen Künstlerin Ely Kish (1924-2014). Lescaze interpretiert die Bilder stets vor dem Hintergrund der Zeit, in der sie entstanden. Zunächst lieferten die Maler Illustrationen für wissenschaftliche Werke. Aber im Laufe der Zeit emanzipierte sich die Kunst. Viele Werke, schreibt Lescaze, können als Allegorien gelesen werden – auf den britischen Imperialismus, auf die russische Revolution oder den Kalten Krieg. Ihren Anfang hat die Paläo-Art in Großbritannien genommen, doch bald fand sie Anhänger in den USA, Tschechien, Russland und Deutschland. Die Abbildung zeigt „The Primitive World“von Adolphe François Pannemaker aus dem Jahr 1857.
Paläo-Art: Darstelleungen der Urgeschichte.
Hrsg. v. Zoë Lescaze . Taschen Verlag. 292 Seiten. 75 Euro.