Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Landwirtschaft wie anno dazumal
Biosphärentag in Hütten bietet für die Besucher viel Interessantes in Theorie und Praxis
HÜTTEN - Das Biosphäreninfozentrumsteam und der Heimatverein Sondernach haben einen gut organisierten ersten Biosphärentag auf die Beine gestellt. Der Vortrag über die Landwirtschaft erwies sich in Hütten als lehrreich und gleichfalls unterhaltsam. Hermann Eberhardt aus Mehrstetten trat als kurzweiliger Redner auf, der seinen Vortrag im reinstem Urschwäbisch hielt und viel über das Leben in der Landwirtschaft in den vergangenen Jahrzehnten und Jahrhunderten zu berichten hatte. Er sprach über die Allmende, das Gemeindeeinkommen durch Vermieten des Schafpferchs, das Abhüten von „G’weisch“und die Dreifelderwirtschaft. Das Leben war „koin Schleckhafa“.
Dass Biber und Wolf sich wieder ansiedeln dürfen, lehnt Eberhardt ab. Die Wölfe kämen dann eben tagsüber und rissen die Schafe, wenn die nachts in den Stall gesperrt werden. „Wölfe sind wie Ratten“, sagt Eberhardt und erklärte, dass die Tiere zum Beispiel in Italien und Spanien durchaus geschossen werden dürfen. Wildschweine würden ihm eigentlich als Plage ausreichen. In der heutigen Gesellschaft mache man sich die falschen Gedanken, keiner fragt danach, wie viel Laibe Brot durch einen Flurschaden verloren gingen.
Eberhardts Großmutter sei im Ersten Weltkrieg verhungert, nachdem die Familie zu spät das geplante Auswandern angepackt habe. Das war im sogenannten Kohlrübenwinter. Der 30-jährige Krieg habe nur knapp über 20 Prozent Überlebende gehabt. Aus der Schweiz kamen Bauern und Bräute. 1757 befahl Friedrich der Große den Kartoffelanbau zur Volksernährung. Im 19. Jahrhundert sorgte ein Vulkanausbruch für Missernten und drückten Abgabenlasten die Bauern. Prostestanten wanderten bevorzugt nach Osten aus, die Anderen nach Amerika.
Eberhardt, der 1939 geboren wurde, den Haghof im Brändt 4 in Mehrstetten bewirtschaftete und heute noch ein Altenteil, hat im März das Büchlein „Erlebte Zeit in der Landwirtschaft“herausgegeben. Sein Anliegen ist, die Geschichte festzuhalten, gerade für die Jungen, die noch keine wirtschaftliche Not oder gar Hungerszeit erlebt haben. Heutzutage dürfte in Deutschland wieder nichts passieren, man könnte sich nicht selbst versorgen. „Deswega sott ma lau, was id lebenswichtig isch“, sagte Hermann Eberhardt, was übersetzt heißt, man solle sich mit wichtigen Dingen beschäftigen. Er riet dazu, sinnvolle Bücher zu lesen, zum Beispiel über den Untergang vergangener Hochkulturen, und plädierte dafür, mit den Landwirten zu sprechen.
Rund 25 Personen hörten aufmerksam zu und konnten anschließend mit Kräuterpädagogin Uta Kramer nach Gundershofen starten. Auf dem Weg gab es Thymian, Oregano, Spitzwegerich, Wacholder, Weißdorn und mehr zu sehen. In Gundershofen duftete es im neuen Seifenlädele, das jetzt in einem 1900 erbauten Bauernhaus ist und wo es neben den Ziegenmilchseifen jetzt auch ein paar Eselmilchseifen gibt. Da rauchte der Diesel auf der Ausstellungsfläche der landwirtschaftlichen Maschinen und Gefährte und es waren viele Gäste zum Mittagessen versammelt. Oldtimerfans aus Ermingen erweiterten den historischen Fuhrpark. Viel Interesse erregte das Dreschen von Getreide mit einer Dreschmaschine. Ein feines Märktle der regionalen Vielfalt mit Musik dehnte sich in Sondernach unterhalb des Bahnhofs aus. Köstliches aus dem Backhaus wurde verkauft und vieles anderes Nützliche zudem, von Alblinsen über Kinderkleidung bis hin zu Sensen und Denglerutensilien.