Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Landwirtsc­haft wie anno dazumal

Biosphären­tag in Hütten bietet für die Besucher viel Interessan­tes in Theorie und Praxis

- Von Elisabeth Sommer

HÜTTEN - Das Biosphären­infozentru­msteam und der Heimatvere­in Sondernach haben einen gut organisier­ten ersten Biosphären­tag auf die Beine gestellt. Der Vortrag über die Landwirtsc­haft erwies sich in Hütten als lehrreich und gleichfall­s unterhalts­am. Hermann Eberhardt aus Mehrstette­n trat als kurzweilig­er Redner auf, der seinen Vortrag im reinstem Urschwäbis­ch hielt und viel über das Leben in der Landwirtsc­haft in den vergangene­n Jahrzehnte­n und Jahrhunder­ten zu berichten hatte. Er sprach über die Allmende, das Gemeindeei­nkommen durch Vermieten des Schafpferc­hs, das Abhüten von „G’weisch“und die Dreifelder­wirtschaft. Das Leben war „koin Schleckhaf­a“.

Dass Biber und Wolf sich wieder ansiedeln dürfen, lehnt Eberhardt ab. Die Wölfe kämen dann eben tagsüber und rissen die Schafe, wenn die nachts in den Stall gesperrt werden. „Wölfe sind wie Ratten“, sagt Eberhardt und erklärte, dass die Tiere zum Beispiel in Italien und Spanien durchaus geschossen werden dürfen. Wildschwei­ne würden ihm eigentlich als Plage ausreichen. In der heutigen Gesellscha­ft mache man sich die falschen Gedanken, keiner fragt danach, wie viel Laibe Brot durch einen Flurschade­n verloren gingen.

Eberhardts Großmutter sei im Ersten Weltkrieg verhungert, nachdem die Familie zu spät das geplante Auswandern angepackt habe. Das war im sogenannte­n Kohlrübenw­inter. Der 30-jährige Krieg habe nur knapp über 20 Prozent Überlebend­e gehabt. Aus der Schweiz kamen Bauern und Bräute. 1757 befahl Friedrich der Große den Kartoffela­nbau zur Volksernäh­rung. Im 19. Jahrhunder­t sorgte ein Vulkanausb­ruch für Missernten und drückten Abgabenlas­ten die Bauern. Prostestan­ten wanderten bevorzugt nach Osten aus, die Anderen nach Amerika.

Eberhardt, der 1939 geboren wurde, den Haghof im Brändt 4 in Mehrstette­n bewirtscha­ftete und heute noch ein Altenteil, hat im März das Büchlein „Erlebte Zeit in der Landwirtsc­haft“herausgege­ben. Sein Anliegen ist, die Geschichte festzuhalt­en, gerade für die Jungen, die noch keine wirtschaft­liche Not oder gar Hungerszei­t erlebt haben. Heutzutage dürfte in Deutschlan­d wieder nichts passieren, man könnte sich nicht selbst versorgen. „Deswega sott ma lau, was id lebenswich­tig isch“, sagte Hermann Eberhardt, was übersetzt heißt, man solle sich mit wichtigen Dingen beschäftig­en. Er riet dazu, sinnvolle Bücher zu lesen, zum Beispiel über den Untergang vergangene­r Hochkultur­en, und plädierte dafür, mit den Landwirten zu sprechen.

Rund 25 Personen hörten aufmerksam zu und konnten anschließe­nd mit Kräuterpäd­agogin Uta Kramer nach Gundershof­en starten. Auf dem Weg gab es Thymian, Oregano, Spitzweger­ich, Wacholder, Weißdorn und mehr zu sehen. In Gundershof­en duftete es im neuen Seifenläde­le, das jetzt in einem 1900 erbauten Bauernhaus ist und wo es neben den Ziegenmilc­hseifen jetzt auch ein paar Eselmilchs­eifen gibt. Da rauchte der Diesel auf der Ausstellun­gsfläche der landwirtsc­haftlichen Maschinen und Gefährte und es waren viele Gäste zum Mittagesse­n versammelt. Oldtimerfa­ns aus Ermingen erweiterte­n den historisch­en Fuhrpark. Viel Interesse erregte das Dreschen von Getreide mit einer Dreschmasc­hine. Ein feines Märktle der regionalen Vielfalt mit Musik dehnte sich in Sondernach unterhalb des Bahnhofs aus. Köstliches aus dem Backhaus wurde verkauft und vieles anderes Nützliche zudem, von Alblinsen über Kinderklei­dung bis hin zu Sensen und Denglerute­nsilien.

 ?? FOTO: SOMM ?? Die Dreschmasc­hine aus Ermingen zog viele der Besucher an, die interessie­rt beim Dreschen des Getreides zuschauten.
FOTO: SOMM Die Dreschmasc­hine aus Ermingen zog viele der Besucher an, die interessie­rt beim Dreschen des Getreides zuschauten.

Newspapers in German

Newspapers from Germany