Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Kleine Parteien legen in Ulm kräftig zu
In Wiblingen stimmt ein Viertel der Wähler für die AfD - Im Wahlkreis Neu-Ulm wird die AfD in vielen Orten zweitstärkste Kraft - CSU-Man Nüsslein wieder im Bundestag
ULM/NEU-ULM (mö/mru/heo) Grüne, FDP, AfD und die Linkspartei haben bei der Bundestagswahl am Sonntag in der Stadt Ulm jeweils bei den Zweitstimmen deutlich zugelegt. Dagegen mussten CDU und SPD klare Verluste hinnehmen. Mit 11,8 Prozent (plus 6,2 Prozentpunkte) schnitt die FDP überdurchschnittlich ab, gefolgt von der AfD mit 10,2 Prozent (plus 5,6 Prozentpunkte). Auch die Linke verbuchte mit einem Plus von zwei Punkten auf aktuell 7.6 Prozent einen Erfolg. Zehn Prozentpunkte auf 30,9 Prozent büßte die CDU ein, die SPD verlor sechs Prozentpunkte der Zweitstimmen und verbuchte 17,5 Prozent.
Die CDU-Stadtverbandsvorsitzende Barbara Münch freute sich am Sonntagabend: „Das ist ein tolles Ergebnis für Ronja Kemmer, die ja bei den Erststimmen noch besser als bei den Zweitstimmen abgeschnitten hat.“Kemmer habe einen „tollen Wahlkampf“geführt: „Sehr engagiert und kompetent.“Münch: „Sie hat Antworten auf Fragen – und das haben die Menschen ihr abgenommen.“
„Das Ergebnis ist besser als erwartet, auch im Bund“, sagte Marcel Emmerich (Grüne). Angesichts des Ergebnisses der AfD gelte es für die Grünen, weiter proaktiv für eine offene Gesellschaft zu kämpfen. Wenn er manche Aussagen von AfD-Politikern höre, „da wird mir schlecht.“Da gebe es noch viel zu tun für die anderen Parteien.
Die AfD fuhr in Ulm ihren größten Erfolg in Wiblingen ein, einem Stadtteil, in dem viele Spätaussiedler leben. Dort erzielte sie beispielsweise im Wahllokal „Schulzentrum“25,0 Prozent und ist damit fast so stark wie die CDU (28,1 Prozent). „Sehr zufrieden“zeigte sich Eugen Ciresa, der Spitzenkandidat der AfD. Seine Partei werde „konstruktive Politik“machen. Wenngleich ohne den örtlichen Kandidaten, nachdem Ciresa aus persönlichen Gründen keinen Listenplatz besetzt hatte. Der Kreisvorsitzende hofft auf eine Normalisierung der politischen Auseinandersetzung. Beschimpfungen als „Nazis“oder „Pack“seitens der politischen Gegner seien nicht hinzunehmen.
Stimmengewinne verzeichnete auch die Linke. „Das ist ein Erfolg für uns“, sagte Eva-Maria Glathe-Braun, die weiter als Lokalpolitikerin auf das Gefälle zwischen Arm und Reich in der Donaustadt hinweisen will.
CSU-Frau Katrin Albsteiger wohl nicht im Bundestag
Im Wahlkreis Neu-Ulm war der Wahlabend der Abend der langen Gesichter. Selbst Sieger sahen diesmal nicht glücklich aus. Der Grund war klar, das Abschneiden der AfD. Die wurde in weiten Teilen des Wahlkreises zur zweitstärksten Kraft, nämlich im Landkreis Günzburg und in den Teilen des Unterallgäus, die noch zum Wahlkreis gehören. Im Landkreis Neu-Ulm landete sie knapp hinter der SPD auf Platz drei. Angesichtes dieser Lage war auch Wahlsieger Georg Nüßlein (CSU) alles andere als glücklich. Er nahm die Gratulationen routiniert, aber erkennbar nicht frohen Herzens entgegen. Zumal er angesichts der herben Verluste seiner Partei wohl auch noch eine Mitstreiterin verloren hat: Katrin Albsteiger hat es vermutlich nicht mehr geschafft, ein zweites Mal über die Liste in den Bundestag einzuziehen. Das endgültige Ergebnis stand bei Redaktionsschluss noch nicht fest.