Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Merklinger bestimmen Hochrechnung mit
Forschungsgruppe befragte für Wähler vor Ort – Einer von etwa 400 „Sample Points“
MERKLINGEN - Gebannt haben viele Menschen in ganz Deutschland und im Ausland am Wahlsonntag ab 18 Uhr die Hochrechnungen der Bundestagswahl-Ergebnisse im Fernsehen und Internet verfolgt. Auch die Wähler aus Merklingen trugen einen Teil dazu bei, dass es diese Hochrechnungen überhaupt gab: Die Forschungsgruppe Wahlen hatte den Merklingern für den Fernsehsender ZDF einige Fragen gestellt.
Merklingen sei als sogenannter Sample Point zufällig ausgewählt worden, erklärte Bernhard Kornelius von der Forschungsgruppe gegenüber der „Schwäbischen Zeitung“. Insgesamt lieferten etwa 850 Korrespondenten aus etwa 400 zufällig für die Stichproben ausgewählten „Sample Points“im gesamten Bundesgebiet Daten. In Merklingen befragten Harald Mikschy (57) und Björn Kress (41) die Wähler, nachdem diese ihr Kreuz gemacht und das Wahlbüro verlassen hatten. So wollten sie das Alter, das Geschlecht, die Berufsgruppe und natürlich die Partei, die gewählt wurden, wissen. „Damit analysieren wir das ,Wer wählte wen’, also welche Parteien in welchen demografischen beziehungsweise sozialen Gruppen besonders stark oder schwach abschneiden oder wo es im Detail Veränderungen gibt“, erklärte Bernhard Kornelius. Die Befragung erfolgte anonym, die Teilnahme freiwillig.
In Merklingen beteiligten sich zahlreiche Bürger an den Befragungen. „Die meisten sind aufgeschlossen“, freute sich Harald Mikschy. So zum Beispiel Andreas Zeller. „Warum sollte ich nicht an der Umfrage zur Hochrechnung mitmachen?“, fragte der Merklinger. Er müsse sich schließlich nicht verstecken.
Die beiden Mitarbeiter der Forschungsgruppe hatten sich gezielt den Merklinger ausgesucht, weil sie jeden siebten Wähler befragen sollten. Hätte Andreas Zeller kein Interesse gehabt, wäre er trotzdem für die Hochrechnung gewertet worden – als neutraler Wähler, erklärte Harald Mikschy. Doch der 57-Jährige und sein Kollege hatten Glück: Sie erhielten kaum Absagen. „Das liegt an unserem Charme“, witzelte Harald Mikschy. „Wir versuchen die Wähler zu überzeugen. Die Umfrage ist anonym und dauert nur zehn bis 15 Sekunden“, ergänzte Björn Kress. Auch Daniela Weisenburger beteiligte sich gerne: Sie hatte den Umfragezettel der Forschungsgruppe ebenfalls ausgefüllt und ihn in ein weißes Kästchen mit ZDF-Logo gesteckt. „Ich finde es wichtig zu wissen, welcher Bürger welche Partei gewählt hat“, betonte sie.
AfD-Wähler bekennen sich
Verraten auch AfD-Wähler dem Forschungsgruppen-Duo, bei welcher Partei sie ihr Kreuzchen gemacht haben? „Bei der Bundestagswahl 2014 hatte noch niemand zugegeben, dass er die AfD gewählt hat“, erinnerte sich Harald Mikschy. Das sei nun anders: Einige AfD-Wähler, die es auch in Merklingen gibt, hätten sich zu ihrer Wahl bekannt. „Die AfD ist in der Mitte angekommen“, sagte Harald Mikschy.
Sowohl für Andreas Zeller als auch für Daniela Weisenburger ist es selbstverständlich, für ihre Meinung einzutreten und wählen zu gehen. „Man muss seinen Standpunkt klar machen“, betonte Andreas Zeller. Als Mutter zweier Kinder sei ihr ein Mitspracherecht wichtig, erklärte Daniela Weisenburger – „in der Hoffnung, dass es etwas bringt“. Deutlicher wurde ihr Ehemann Holger Weisenburg: „Im Prinzip schimpft jeder. Aber wenn du nicht wählst, darfst du dich auch nicht beschweren“.