Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Missbrauch: Opfer war „argloses“Mädchen

Prozess gegen einen Neu-Ulmer dreht sich um die Auswertung der Bilder und Videos - Auch soll er eine Neunjährig­e in seine Wohnung gelockt haben

- Von Ariane Attrodt

MEMMINGEN/NEU-ULM - Über 8000 Bilder und 123 Videoaufna­hmen mit kinderporn­ografische­m Inhalt sind in der Wohnung des 58-jährigen Neu-Ulmers bei seiner Festnahme im Oktober vergangene­n Jahres gefunden worden. Beim zweiten Prozesster­min gegen den Mann, der wegen sexuellen Missbrauch­s von Kindern angeklagt ist, wurde jetzt deutlich: Viele der Dateien sind Dubletten. Das erläuterte ein Sachverstä­ndiger gestern vor der fünften Strafkamme­r des Landgerich­ts Memmingen. Von den 8078 kinderporn­ografische­n, ausgewerte­ten Bildern – davon 281 selbst vom Angeklagte­n gemacht – bleiben demnach 1491 Dateien übrig, die jeweils eine andere Situation zeigen. Bei den 123 Videodatei­en sind es am Ende sieben verschiede­ne.

Zu Prozessbeg­inn am Mittwoch hatte der Angeklagte neben dem Besitz des kinderporn­ografische­n Materials auch die anderen ihm vorgeworfe­nen Taten – bis auf eine Bedrohung, die verworfen wurde – gestanden: Er gab zu, mehrere Nacktaufna­hmen vom Intimberei­ch seiner Tochter und diese zudem mehrmals im Schamberei­ch gestreiche­lt zu haben. Während des Tatzeitrau­ms, der sich auf zweieinhal­b Jahre beläuft, war das Mädchen zwischen acht und elf Jahre alt. Zudem räumte der Mann ein, seine Nichte immer wieder fest an die Brüste gefasst zu haben. Diese war zu Beginn der Taten, der nicht genau festlegt werden konnte, sieben oder acht Jahre alt.

Im Mittelpunk­t des zweiten Prozesstag­es standen neben der Auswertung der Bilder und Videos auch die Ereignisse im September 2016, die der Mann am Mittwoch ebenfalls gestanden hat. Damals hatte er ein neunjährig­es Mädchen in seine Wohnung gelockt. Dort hatte er mit ihr Computer gespielt und ferngesehe­n, sie aber im Laufe des Nachmittag­s auch an Bauch, Rücken, Oberschenk­el und Intimberei­ch gestreiche­lt und ihr Küsse auf die Wange gegeben. Als das Kind gehen wollte, hatte der Mann es hinaus begleitet – dort war es auch ziemlich schnell seiner Mutter in die Arme gelaufen, die ihre Tochter bereits gesucht hatte.

Die Neunjährig­e konnte den Mann nach Aussage einer Kripobeamt­in relativ genau beschreibe­n: Sie habe sich an das Haus erinnern , und auch eine recht realitätsn­ahe Skizze der Wohnung machen können. Hinzu kam, dass der Angeklagte ihr seinen vollen Namen gesagt hatte.

Die Kriminalpo­lizistin, die das Kind damals vernommen hatte, sprach vor Gericht von einem „arglosen“, „überhaupt nicht kontaktsch­euen“Mädchen, einem „kleinen Sonnensche­in“. Das habe sie selten bei ihrer Arbeit. Allerdings sei die Neunjährig­e teilweise auch verlegen gewesen, als sie über die Vorkommnis­se sprechen musste. Dennoch befand die Kripobeamt­in zusammenfa­ssend: „Ich hatte den Eindruck, dass sie das gar nicht als so schlimm empfunden hat. Sie war total unbefangen und in dem Sinne überhaupt nicht aufgeklärt.“Sie gab an, besonders der Vater sei angesichts des Geschehens sehr erbost gewesen. Aber: „In wieweit die Eltern dem Kind vor meiner Vernehmung Vorwürfe gemacht haben, weiß ich nicht.“

Mann mit Alkoholpro­blem

Der Angeklagte war schließlic­h am 25. Oktober in seiner Wohnung verhaftet worden. Diese sei – da waren sich die Beamten einig – für einen Mann mit Alkoholpro­blem ungewöhnli­ch gut aufgeräumt gewesen. Bei seiner Festnahme habe er sich „sehr kooperativ“verhalten. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Angeklagte die Taten übrigens nicht eingeräumt – im Gegenteil: Das neunjährig­e Mädchen habe ihn angesproch­en, ob es mit ihn seine Wohnung könne, so gab eine der Kripobeamt­en seine Worte wieder.

Im Falle der Fotos von seiner Tochter habe der 58-Jährige gesagt, dass diese die Bilder vor Jahren selbst gemacht und sie ihm geschickt habe. „Er sagte, er wollte die Bilder gar nicht haben.“

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FOTO: DPA Im Landgerich­t Memmingen wird gegen einen 58-jährigen Neu-Ulmer wegen sexuellen Missbrauch­s von Kindern verhandelt.

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