Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Nein heißt Nein – auch in der Ehe
Mann wird am Amtsgericht Ehingen wegen sexuellen Übergriffs auf Ehefrau verurteilt
EHINGEN - Weil er an seiner Ehefrau in der vergangenen Silvesternacht eine sexuelle Handlung vornahm, obwohl sie dies ablehnte, ist ein Mann am Amtsgericht Ehingen zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Der Richter betonte, dass der Paragraf 177 des Strafgesetzbuches zu sexuellen Übergriffen auch in der Ehe gelte. Er sah es am Ende der Verhandlung als erwiesen an, dass der Ehemann gegen den Willen der Frau gehandelt hatte. Der Verteidiger des Angeklagten hatte daran Zweifel geäußert.
Was war geschehen in der Silvesternacht? Das Ehepaar aus dem Altkreis Ehingen – es hat einen volljährigen Sohn – lebte zu diesem Zeitpunkt noch zusammen, obwohl die Frau sich entschieden hatte, sich von ihrem Mann zu trennen. Auch das Ehebett teilten sie weiterhin.
Rückkehr von der Feier
Als die Frau in der Nacht von einer Feier bei den Nachbarn zurückkam und sich mit dem Rücken zu ihrem Mann ins Bett legte, zog der ihr von hinten Schlafanzug- und Unterhose herunter. Die Frau reagierte überrascht und sagte etwas wie „Was soll der Scheiß?“Als sie sich die Hosen wieder hochgezogen hatte, tat der Mann nochmals das gleiche und befriedigte sich an ihr.
„Ich lag da wie erstarrt, wusste gar nichts mehr, es ging nichts mehr“, so schilderte die Frau vor Gericht, wie sie sich in der Situation gefühlt habe. Als er fertig war, habe sie ihn verhöhnt. Erst am nächsten Vormittag sei ihr klar geworden, was eigentlich passiert ist. Sie sei zu ihrer Freundin gefahren. Dann hätten sie die Polizei informiert und die Tat zur Anzeige gebracht.
Vor Gericht betonte die 40-jährige Frau, dass sie ihrem Mann nichts „reinwürgen“wolle. Sie habe die Tat zur Anzeige gebracht, weil ihr zuvor, in der Kindheit, schon einmal so etwas passiert sei und weil sie ihm klarmachen wolle, „dass es eine Grenzüberschreitung ist, die so nicht geht“.
Der 44-jährige Angeklagte schilderte, dass am 24. Dezember „von Trennung keine Spur“gewesen sei, sie am zweiten Weihnachtsfeiertag noch Händchen haltend am Bodensee entlang spaziert seien. Dabei habe man sich verständigt, sich „in Ruhe“zu trennen. An Silvester habe ihn seine Frau umarmt, ihm alles Gute fürs kommende Jahr gewünscht und habe ihm ein Küsschen auf die Backe geben wollen, er habe abgelehnt. In der Nacht schließlich, als seine Frau nach Hause gekommen sei, habe sie sich vor ihm umgezogen wie immer. Im Bett habe er sich angenähert, weil er gewusst habe, dass seine Frau unter Alkoholeinfluss immer zugänglich sei. Noch am 25. Dezember hätten sie einvernehmlichen Sex gehabt.
Ablehnende Haltung erkennbar
Die 40-jährige Frau hingegen betonte, mindestens drei bis vier Wochen vorher keinen Geschlechtsverkehr mehr mit ihrem Mann gehabt zu haben, weil sie nicht mehr wollte. Als sie in der Silvesternacht nach Hause gekommen sei, habe ihr Mann nicht im Bett gelegen, sondern habe ihr eine Szene gemacht, weil sie ihn allein gelassen habe. Als sie sich umzog, sei er nicht im Raum gewesen.
Der Staatsanwalt sah ihre Aussage als glaubwürdig und den Vorwurf des sexuellen Übergriffs als erwiesen an. Spätestens nach dem ersten Versuch, seine Frau zu entkleiden, sei ihre ablehnende Haltung deutlich gewesen. Er forderte eine Freiheitsstrafe von acht Monaten auf Bewährung und als Auflage 150 Stunden gemeinnützige Arbeit.
„Es muss zu keiner Strafe kommen“, sagte hingegen der Verteidiger und betonte mehrmals, dass es sich um Eheleute handle, die sich in der Trennungsphase befanden. In der Nacht habe es viele verschiedene Signale gegeben, was seinen Mandanten überfordert habe. Er erinnerte unter anderem an die Umarmung durch die Frau an diesem Tag.
Der Richter betonte am Ende, dass der Mann die Umarmung ja aber abgewiesen habe, weil ihm klar gewesen sei, „dass sie nichts mehr von ihm will“. Das habe ihm auch die Reaktion der Frau nach dem ersten Annäherungsversuch im Bett vor Augen geführt, was als Nein zu deuten sei. „Spätestens da hat auch für den Ehemann Schluss zu sein, die Frau scheidet dann als sexuelles Objekt aus.“
Hätte das Paar zuvor einen „klaren Schlussstrich gezogen“und nicht weiterhin das Schlafzimmer geteilt, wäre es zu der Tat wohl nicht gekommen, erklärte der Richter. „Die äußeren Umstände, die beide geschaffen haben, waren schwierig zu managen.“Weil der Angeklagte eine sexuelle Handlung gegen der Willen seiner Frau ausgeführt habe, verurteilte der Richter ihn zu 90 Tagessätzen á 50 Euro. Die Verhängung einer Freiheitsstrafe sei nicht erforderlich. Man müsse auf den Angeklagten nicht weiter einwirken, er sei „kein Vergewaltiger“und habe erkannt, „dass etwas fehlgelaufen ist von seiner Seite“.