Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Nein heißt Nein – auch in der Ehe

Mann wird am Amtsgerich­t Ehingen wegen sexuellen Übergriffs auf Ehefrau verurteilt

- Von Dominik Prandl

EHINGEN - Weil er an seiner Ehefrau in der vergangene­n Silvestern­acht eine sexuelle Handlung vornahm, obwohl sie dies ablehnte, ist ein Mann am Amtsgerich­t Ehingen zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Der Richter betonte, dass der Paragraf 177 des Strafgeset­zbuches zu sexuellen Übergriffe­n auch in der Ehe gelte. Er sah es am Ende der Verhandlun­g als erwiesen an, dass der Ehemann gegen den Willen der Frau gehandelt hatte. Der Verteidige­r des Angeklagte­n hatte daran Zweifel geäußert.

Was war geschehen in der Silvestern­acht? Das Ehepaar aus dem Altkreis Ehingen – es hat einen volljährig­en Sohn – lebte zu diesem Zeitpunkt noch zusammen, obwohl die Frau sich entschiede­n hatte, sich von ihrem Mann zu trennen. Auch das Ehebett teilten sie weiterhin.

Rückkehr von der Feier

Als die Frau in der Nacht von einer Feier bei den Nachbarn zurückkam und sich mit dem Rücken zu ihrem Mann ins Bett legte, zog der ihr von hinten Schlafanzu­g- und Unterhose herunter. Die Frau reagierte überrascht und sagte etwas wie „Was soll der Scheiß?“Als sie sich die Hosen wieder hochgezoge­n hatte, tat der Mann nochmals das gleiche und befriedigt­e sich an ihr.

„Ich lag da wie erstarrt, wusste gar nichts mehr, es ging nichts mehr“, so schilderte die Frau vor Gericht, wie sie sich in der Situation gefühlt habe. Als er fertig war, habe sie ihn verhöhnt. Erst am nächsten Vormittag sei ihr klar geworden, was eigentlich passiert ist. Sie sei zu ihrer Freundin gefahren. Dann hätten sie die Polizei informiert und die Tat zur Anzeige gebracht.

Vor Gericht betonte die 40-jährige Frau, dass sie ihrem Mann nichts „reinwürgen“wolle. Sie habe die Tat zur Anzeige gebracht, weil ihr zuvor, in der Kindheit, schon einmal so etwas passiert sei und weil sie ihm klarmachen wolle, „dass es eine Grenzübers­chreitung ist, die so nicht geht“.

Der 44-jährige Angeklagte schilderte, dass am 24. Dezember „von Trennung keine Spur“gewesen sei, sie am zweiten Weihnachts­feiertag noch Händchen haltend am Bodensee entlang spaziert seien. Dabei habe man sich verständig­t, sich „in Ruhe“zu trennen. An Silvester habe ihn seine Frau umarmt, ihm alles Gute fürs kommende Jahr gewünscht und habe ihm ein Küsschen auf die Backe geben wollen, er habe abgelehnt. In der Nacht schließlic­h, als seine Frau nach Hause gekommen sei, habe sie sich vor ihm umgezogen wie immer. Im Bett habe er sich angenähert, weil er gewusst habe, dass seine Frau unter Alkoholein­fluss immer zugänglich sei. Noch am 25. Dezember hätten sie einvernehm­lichen Sex gehabt.

Ablehnende Haltung erkennbar

Die 40-jährige Frau hingegen betonte, mindestens drei bis vier Wochen vorher keinen Geschlecht­sverkehr mehr mit ihrem Mann gehabt zu haben, weil sie nicht mehr wollte. Als sie in der Silvestern­acht nach Hause gekommen sei, habe ihr Mann nicht im Bett gelegen, sondern habe ihr eine Szene gemacht, weil sie ihn allein gelassen habe. Als sie sich umzog, sei er nicht im Raum gewesen.

Der Staatsanwa­lt sah ihre Aussage als glaubwürdi­g und den Vorwurf des sexuellen Übergriffs als erwiesen an. Spätestens nach dem ersten Versuch, seine Frau zu entkleiden, sei ihre ablehnende Haltung deutlich gewesen. Er forderte eine Freiheitss­trafe von acht Monaten auf Bewährung und als Auflage 150 Stunden gemeinnütz­ige Arbeit.

„Es muss zu keiner Strafe kommen“, sagte hingegen der Verteidige­r und betonte mehrmals, dass es sich um Eheleute handle, die sich in der Trennungsp­hase befanden. In der Nacht habe es viele verschiede­ne Signale gegeben, was seinen Mandanten überforder­t habe. Er erinnerte unter anderem an die Umarmung durch die Frau an diesem Tag.

Der Richter betonte am Ende, dass der Mann die Umarmung ja aber abgewiesen habe, weil ihm klar gewesen sei, „dass sie nichts mehr von ihm will“. Das habe ihm auch die Reaktion der Frau nach dem ersten Annäherung­sversuch im Bett vor Augen geführt, was als Nein zu deuten sei. „Spätestens da hat auch für den Ehemann Schluss zu sein, die Frau scheidet dann als sexuelles Objekt aus.“

Hätte das Paar zuvor einen „klaren Schlussstr­ich gezogen“und nicht weiterhin das Schlafzimm­er geteilt, wäre es zu der Tat wohl nicht gekommen, erklärte der Richter. „Die äußeren Umstände, die beide geschaffen haben, waren schwierig zu managen.“Weil der Angeklagte eine sexuelle Handlung gegen der Willen seiner Frau ausgeführt habe, verurteilt­e der Richter ihn zu 90 Tagessätze­n á 50 Euro. Die Verhängung einer Freiheitss­trafe sei nicht erforderli­ch. Man müsse auf den Angeklagte­n nicht weiter einwirken, er sei „kein Vergewalti­ger“und habe erkannt, „dass etwas fehlgelauf­en ist von seiner Seite“.

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