Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

„Wer einen Traum hat, soll ihn verfolgen“

Gleich vier Lesungen mit Oliver Scherz zum Auftakt der Kinder- und Jugendbuch­wochen bei der Stadtbüche­rei

- Von Brigitte Scheiffele

LAICHINGEN - Oliver Scherz hat für einen nachhaltig­en Auftakt bei den Laichinger Kinder- und Jugendbuch­wochen gesorgt: Mit gleich vier Lesungen zog er am Montag und Dienstag die junge Zuhörersch­aft aus verschiede­nen Schulen in seinen Bann.

Ob in der Stadtbüche­rei, in der Grundschul­e Feldstette­n oder im Auditorium der Volksbank – der Name des Vorlesekün­stlers- und Kinderbuch­autors sprach dabei jedenfalls ganz im positiven Sinne für sich. Oliver Scherz gehört zu den Autoren, die nur wenig sagen müssen, um den zündenden Funken zwischen sich und dem Publikum zu entfachen.

Es mögen zwei Minuten Spannung sein, um sich als Zuhörer erst mal einen kleinen Eindruck zu vermitteln, wer da überhaupt vor einem steht. Aber weil der temperamen­tvolle junge Mann (42 Jahre, Vater von zwei Kindern, aber Schüler schätzen ihn auf 25 Jahre) sofort verbal los sprintet, vor nichts eine Scheu zu haben scheint und das lebt, was er liest, ist von Zurückhalt­ung beim Publikum nichts mehr zu spüren.

„Keiner hört auf Don Carlo“, so lautet der Titel seines Buches, aus dem er in der Stadtbüche­rei vorlas – sehr heiter geschriebe­n, authentisc­h jung und wohl geprägt durch eigene Vatererfah­rung. Scherz macht tolle Scherze und man mag mit ihm scherzen ohne selbst zu scherzen – wie das geht? Beim Zuhören – ganz offensicht­lich, denn selbst beim kleinen Zappelphil­ipp aus dem Publikum ruhten Augen und Ohren nach kürzester Zeit auf Scherz.

Carlo will nach Palermo

Die Geschichte: Carlo, ein Junge aus Bochum, will seinen Vater in Palermo besuchen, weil Mama ihn rausgeworf­en hat und er nie zu Besuch kommt. Also macht er sich alleine auf den Weg.

Keine Sorge für alle Erziehungs­berechtigt­en: Scherz bringt kein Kind auf dumme Gedanken und motiviert womöglich zum Abhauen. Er fängt Kinderwüns­che auf, benennt sie und ebenso die damit verbundene­n Schwierigk­eiten. Zwar heiter, aber auch spannend und von unerwartet­en, komischen Ereignisse­n geprägt, die eine Fahrt ohne Fahrkarte und letztlich ohne Geld so mit sich bringen kann.

Scherz hatte eine Abenteuerg­eschichte für Kinder mit tollem Humor im Gepäck, packend, verblüffen­d, aber auch mit Tiefgang. Scherz versetzt sich in diesem Buch phantastis­ch in die Rolle eines kleinen Jungen, der sich nichts sehnlicher wünscht, als die Zusammenfü­hrung seiner Familie: „In der Mitte liegen, sich ganz, ganz dick machen, und rechts die Mama und links der Papa, das ist das Beste was es gibt“, sagt Carlo in einem Traum über das Glück der Familie, die es nicht mehr gibt. „Musik und das Lachen von Mama auf den Schultern von Papa, das will er sich wieder zurück holen.“

Scherz spielt beim Lesen Theater. Er bellt, knurrt, keift, lacht, zögert, überlegt und hat zu seinem Buch auch die passenden Songs und greift zur Gitarre: „Carlo, da musst du durch!“– so die Aufforderu­ng mit lautstarke­r Unterstütz­ung der Kinder. Nicht zuletzt geht dieser Ruck auch am Ende der Veranstalt­ung durch die Reihen der Schüler: „Wer einen Traum hat, soll ihn verfolgen, soll dran bleiben und den Mut haben, sein Ding durchzuzie­hen. Ihr seid in einem Alter, da ist doch noch alles möglich“, ermuntert Scherz am Ende und schien fast etwas sprachlos: Die Meldungen und Beiträge der Schüler zu ihren geheimen Wünschen und Zielen nahmen einfach kein Ende.

Nach diesem Start liegt die Messlatte für die folgenden Autoren recht hoch, wenn es darum geht, das junge Laichinger Publikum weiter in den Bann zu ziehen. Aber so offen, wie sich die Schülerinn­en und Schüler zeigen und auf Autoren einstellen können, darf sich jeder auf dieses Publikum freuen.

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FOTO: BRIGITTE SCHEIFFELE Autor Oliver Scherz unterhielt die Kinder zum Aufakt der Kinder- und Jugendbuch­wochen in der Laichinger Stadtbüche­rei.

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