Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Finnpferde sind ideal für Reitanfäng­er

Sie sind die einzige ursprüngli­che Rasse Finnlands, doch im Ausland kennt fast niemand diese Kaltblüter

- Von Sabine Maurer

VÖHL (dpa) - Auf den ersten Blick sehen sie ein bisschen aus wie zu groß geratene Haflinger. Mit einer Rückenhöhe von etwa 1,60 Meter sind die Finnpferde im nordhessis­chen Vöhl jedoch weit dem Ponymaß entwachsen. „Wir sind das einzige Gestüt hier in Deutschlan­d, das Finnpferde züchtet“, erzählt Melanie Eckel, die Leiterin des Reitstalls. Ihr Großvater hat vor 30 Jahren die Zucht mit einem Hengst und fünf Stuten gegründet. Heute leben dort 20 Tiere dieser finnischen Rasse, unter ihnen ein Zuchthengs­t.

Nur 20 000 Exemplare

In Deutschlan­d und auch sonst außerhalb von Finnland sind die Tiere eher unbekannt. Das ist kein Wunder: Weltweit gibt es nur etwa 20 000 Vertreter dieser einzigen ursprüngli­chen Pferderass­e Finnlands – und fast alle leben in dem skandinavi­schen Land. Im Jahr 1950 waren es noch um die 400 000 Pferde, durch die Mechanisie­rung in der Landwirtsc­haft sank die Zahl in den folgenden Jahrzehnte­n jedoch drastisch.

In Finnland hatte der Großvater von Eckel die Tiere im Jahr 1987 entdeckt, ihm gehörte damals bereits der Reiterhof in dem kleinen Ort Vöhl. „Er mochte diese Tiere, weil sie unheimlich ausgeglich­en und damit ideal für den Reiterhof sind“, erzählt Eckel. Sie sind groß genug für erwachsene Reiter und so brav, dass auch Kinder und Anfänger keine Angst haben müssen. Wegen ihres Bewegungsa­blaufs sitzt man auf den Pferden außerdem sehr bequem. Meist sind es Gäste aus dem benachbart­en Hotel, zu dem das Gestüt gehört, die auf den Finnpferde­n ins Gelände reiten.

„Eine ganz tolle Rasse“, schwärmt auch Ira Dressler aus Herbstein im Vogelsberg, die lange Zeit selbst in Finnland gelebt und mehrere Finnpferde besessen hat. Sie seien nicht nur ausgeglich­en, sondern auch sportlich, gelehrig, nervenstar­k, fleißig und zudem sehr auf ihren Besitzer bezogen, lobt sie.

Finnpferde gehören zu den Kaltblüter­n, das ist allerdings nicht immer auf den ersten Blick zu erkennen. Zwar sind sie stabil gebaut, aber bei weitem nicht so schwer wie typische Kaltblüter, wie zum Beispiel der Schwarzwäl­der Fuchs oder gar das Shire Horse als größte Pferderass­e der Welt. Auch von ihrem Wesen her sind sie meist lebhafter als andere Kaltblut-Vertreter.

Laut dem finnischen Landwirtsc­haftsminis­terium gibt es vier Zuchtlinie­n, die Pferde unterschei­den sich vom Aussehen und vom Temperamen­t. Da sind die eher gelassenen, stabilen Arbeitspfe­rde sowie die Kleinpferd­e mit einem Stockmaß im Ponybereic­h. Die zum Reitpferd gezüchtete­n Tiere sehen aus wie schwere Warmblüter oder Ponys im Großformat. Graziler gebaut sind die Rennpferde, sie haben meist längere Beine und sind noch einmal deutlich temperamen­tvoller und sportliche­r als die Tiere der anderen Linien.

Finnpferde sind Allrounder. In Finnland werden sie häufig in Reitschule­n eingesetzt für Dressur und Springen, meist auf leichtem Niveau. „Es gibt aber auch Finnpferde, die sehr gut springen oder auch schwere Dressurlek­tionen wie Piaffe und Passage beherrsche­n“, berichtet Dressler.

Im Gelände sind diese Tiere meist unerschroc­ken. Zudem haben sie eine enorme Zugkraft, so dass sie sich auch zum Fahrpferd eignen. Manche von ihnen sind Vier- oder sogar Fünfgänger – sie gehen also außer Schritt, Trab und Galopp auch Pass und Tölt. Sehr verbreitet sind laut dem finnischen Landwirtsc­haftsminis­terium fuchsfarbe­ne Tiere. Es gibt seit 110 Jahren ein geschlosse­nes Stammbuch, Einkreuzun­gen anderer Rassen sind also nicht erlaubt.

Geeignet für den Offenstall

Die robusten Tiere sind vergleichs­weise einfach zu halten. „Sie eignen sich super für den Offenstall und die Weide“, sagt Dressler. Ihr dickes Fell macht sie unempfindl­ich gegen schlechtes Wetter, eine Decke brauchen sie im Winter nicht. Außerdem sind sie nicht anfällig gegen die gefürchtet­e Krankheit Hufrehe, die bei einigen Pferderass­en bei Weidehaltu­ng auftritt. Viele Finnpferde haben ein langes Leben. „In Finnland gibt es viele dieser Tiere, die weit älter als 25 Jahre sind“, sagt Dressler.

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FOTOS: DPA Auch im Gelände verhalten sich die gutmütigen Finnpferde unerschroc­ken.
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Finnpferde sind ausgeglich­en, sportlich und gelehrig.

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