Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Mut zum (heimischen) Tierfell

Vortrag in Nellingen über die Weitervera­rbeitung von Fuchs & Co.

- Von Susanne Kuhn-Urban

NELLINGEN - „Felle von Wildtieren sind zeitgemäß und ökologisch wertvoll.“So ist der Vortrag von Frederik Daniels von der Fellwechse­l GmbH überschrie­ben gewesen. Mehr als 50 Jäger aus der Region zwischen Ulm und Römerstein sind der Einladung von Heinz-Georg Engler nach Nellingen gefolgt.

Um die gestiegene Nachfrage der zertifizie­rten Kürschner bedienen zu können, haben der Deutsche Jagdverban­d und der Landesjagd­verband Baden-Württember­g im vergangene­n Jahr die Firma Fellwechse­l GmbH gegründet. Alle Jäger sind aufgerufen, erlegtes Raubwild dort abzugeben.

Jedoch: Immer wieder stelle sich die Frage, weshalb Raubsäuger überhaupt bejagt werden würden, sagte Frederik Daniels zu Beginn seines Vortrags in der Krone. Argument: Man könne ihr Fleisch nicht essen. Doch auf der „Unionslist­e“invasiver (sich rasch ausbreiten­der) Arten benennt die EU erstmals 37 zu bekämpfend­e Tier- und Pflanzenar­ten, die mit ihrer Ausbreitun­g Lebensräum­e, Arten oder Ökosysteme beeinträch­tigen und daher der biologisch­en Vielfalt schaden können. Marderhund, Bisam, Waschbär und Nutria stehen auf dieser Liste. Dazu kommt, dass durch die Tollwutimp­fung die Zahl der Füchse stetig ansteigt und diese sich immer häufiger in den Städten niederlass­en. Feldhasen werden in Gegenden, in denen viele Füchse leben, immer weniger.

Was also tun mit dem Fell, das notgedrung­en bei der Bejagung der Tiere anfällt? Einfach weg schmeißen?

Nein. Denn Bälge, wie die Felle dieser Raubsäuger in der Fachsprach­e heißen, können durchaus hochwertig­e Verwendung finden. Viele Kürschner möchten zunehmend Pelze aus der heimischen Jagd verarbeite­n. „Die Verbrauche­r wollen keine Pelze aus chinesisch­en Tierfarmen“, wusste Daniels.

„Und bei den Pelzen, die die Kapuzen von Mänteln zieren, ist mehr echt als man denkt“, ergänzte er. Denn: Echte Pelze vom Marderhund aus China seien billiger zu haben, als Kunstpelz. Die Firma Fellwechse­l betreibt in Rastatt eine Abbalgstat­ion. Dort werden erlegte Füchse, Dachse, Marderhund­e, Waschbären, Stein- und Baummarder, Iltis, Mink, Nutria und Bisam im Ganzen angenommen und das Fell entfernt, in der Fachsprach­e nennt man diesen Vorgang „streifen“. Die Felle werden dann entweder gegerbt, getrocknet oder als weitervera­rbeitetes Produkt auf den Markt gebracht.

Ziel der Fellwechse­l GmbH ist es, hochwertig­e Wildpelze zu gewinnen. Jedes angeliefer­te Tier mit verwertbar­em Fell – „die Rückenpart­ie muss intakt sein“– wird einzeln markiert; diese Kenn-Nummer bleibt am gegerbten oder getrocknet­en Fell und sie ermöglicht es auch, weitervera­rbeitenden Betrieben wie Kürschnern, die Herkunft der Felle aus der nachhaltig­en, heimischen Jagd zu dokumentie­ren. Das vom Zentralver­band des Kürschnerh­andwerks vergebene Logo „WePrefur“an lizenziert­e Betriebe basiert auf der Verarbeitu­ng von Fellen aus der heimischen Jagd.

Noch in der Testphase

„Zur Zeit befinden wir uns noch in der Testphase“, erläuterte Frederik Daniels. Bislang konnten etwa 400 hochwertig­e Pelze an zertifizie­rte Kürschner weitergege­ben werden. Weitere Versuche laufen beispielsw­eise zum Thema Multifunkt­ionsbeklei­dung: „Geschorene Fuchs- oder Marderfell­e werden zu Innenfutte­r für Winterjack­en weitervera­rbeitet. Etwas Wärmeres als Naturmater­ialien kann man sich kaum vorstellen.“Weitere Produkte sind Sitzkissen, Handytäsch­chen oder kuschelig warme Fußsäcke für Kinderwage­n.

Interessan­t werde die anstehende Wintersais­on, denn die Fellwechse­l GmbH verarbeite­t in erster Linie das dicke Winterfell der Tiere. „Und da hoffe ich auf Sie“, ermunterte Frederik Daniels seine Zuhörer. „Auf der Alb gibt’s sicherlich besonders schöne Balge, wo es hier doch noch einigermaß­en kalte Winter hat.“

„Auf der Alb gibt’s sicherlich besonders schöne Balge, wo es hier doch noch einigermaß­en kalte Winter hat.“Frederik Daniels

 ?? FOTO: SUSANNE KUHN-URBAN ?? Heinz-Georg Engler aus Heroldstat­t, Hegeringle­iter aus Amstetten, mit einem Dachsfell.
FOTO: SUSANNE KUHN-URBAN Heinz-Georg Engler aus Heroldstat­t, Hegeringle­iter aus Amstetten, mit einem Dachsfell.
 ?? FOTO: SUSANNE KUHN-URBAN ?? Besucher – die meisten waren Jäger – beim Vortrag über Fellverarb­eitung in Nellingen.
FOTO: SUSANNE KUHN-URBAN Besucher – die meisten waren Jäger – beim Vortrag über Fellverarb­eitung in Nellingen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany