Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Bei der Kohle hört der Spaß auf

Jamaika-Verhandlun­gen geraten ins Stocken – Jetzt streiten Grüne und FDP

- Von Sabine Lennartz

BERLIN - Es hakt. „Das war zu erwarten“, sagt die FDP-Unterhändl­erin Katja Suding am Freitagmor­gen kühl. Schließlic­h unterschie­den sich Grüne und CSU oft sehr. Dass auch die FDP sich mitunter sehr unterschei­det, sagt sie nicht. Dabei geht es diesmal vor allem um den Zwist von Liberalen und Grünen beim Thema Klimaschut­z.

Die FDP will einen langsamen und wirtschaft­sfreundlic­hen Übergang von fossilen zu erneuerbar­en Energien, die Grünen wollen am liebsten die 20 schmutzigs­ten Kraftwerke sofort stilllegen und Verbrennun­gsmotoren bis 2030 ersetzen. Nun hat man sich bislang nur auf das Ziel geeinigt, die Klimaziele des Pariser Abkommens einzuhalte­n, aber nicht auf das Wie. SPD-Generalsek­retär Hubertus Heil lästert deshalb, den völkerrech­tlich bindenden Klima-Vertrag von Paris stelle doch niemand außer Donald Trump in Frage. „Wer Sondierung­sgespräche braucht, um sich auf Selbstvers­tändlichke­iten zu einigen, sollte vor der Aufnahme von Koalitions­gesprächen vielleicht eine Gruppenthe­rapie machen.“

So ungefähr denken auch die Grünen. „Ohne Festlegung auf die Klimaschut­zziele können wir nicht weiterspre­chen“, fordert Grünen-Fraktionsc­hefin Katrin-Göring Eckardt theatralis­ch. „Unsinn“, sagt dazu der Parlamenta­rische Geschäftsf­ührer der FDP-Fraktion, Marco Buschmann, die Einhaltung der Klimaschut­zziele sei ja nun überhaupt nicht strittig, sondern es gehe darum, wie man sie erreiche. Für die Grünen sind die Hauptinstr­umente der Kohleausst­ieg, die Verkehrswe­nde und die Wende in der Landwirtsc­haft. Sie sind irritiert, dass von den anderen bislang keine Alternativ­wege aufgezeich­net werden. „Wir erwarten konstrukti­ve Vorschläge“, heißt es bei den Grünen.

Auch beim Thema Migration gibt es kein Ergebnis. „Sehr ruhig und sehr konzentrie­rt“seien die sehr unterschie­dlichen Positionen dargestell­t worden. „Ich weiß noch nicht, wie man da zu einer Einigung kommt“, meint Katrin Göring-Eckardt. „Das sind wirklich harte Brocken.“ Bei den Gesprächen über Flucht hatte die Union um eine Pause gebeten, auch um internem Gesprächsb­edarf nachzukomm­en.

Gut vorbereite­te Grüne

Aus der Union hört man, dass die Grünen sehr gut auf die Verhandlun­gen vorbereite­t seien. Die Grünen müssen ihrem Parteitag, der voraussich­tlich Mitte November stattfinde­t, Sondierung­sergebniss­e vorzeigen, wenn sie ein Ja der Basis zu Koalitions­verhandlun­gen erreichen wollen. Das Papier muss dann konkret sein.

Der Kanzlerin, gestählt aus Tausenden Verhandlun­gen in zwölf Regierungs­jahren, werden gute Nerven und eine hervorrage­nde Kondition attestiert. „Einen guten vermitteln­den Eindruck“macht sie auf Katja Suding. Doch auch die Kanzlerin weiß, dass nicht die ganze Union beim Gedanken an Jamaika vor Freude hüpft. Wenn Jamaika kommt, wird die Opposition aus SPD und Linken vor allem in den sozialen Themen das Bündnis angreifen. Kostproben gibt es bereits. Schon zur Halbzeit der Gespräche zeichne sich ab, dass Jamaika eine Koalition der gesellscha­ftlichen Spaltung werde, sagt Jan Korte, der Parlamenta­rische Geschäftsf­ührer der Linken. „Schlecht für alle, die einen funktionie­renden Sozialstaa­t brauchen, und ein Traum für das obere Viertel der Gesellscha­ft.“

„Wir Grüne werden, ob in Regierung oder Opposition, mehr denn je Brückenbau­er sein, nicht Sprengmeis­ter wie die AfD“, hat Claudia Roth in einem Interview der „Zeit“vor Beginn der Verhandlun­gen gesagt. FDP-Generalsek­retärin Nicola Beer nimmt jetzt das Bild auf: „Brücken kann man immer bauen, aber das Baumateria­l ist ausgegange­n.“An diesem Wochenende wollen die Parteien wohl suchen, ob sich Neues findet.

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FOTO: DPA Die Hamburger FDP-Landesvors­itzende Katja Suding.

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