Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
„Es ist nicht gefährlicher als Alpinsport. Nur bei uns kannst du nicht immer etwas dafür, wenn es dich schmeißt.“
Skicrosser Daniel Bohnacker hat sich im Training verletzt – Sein Start beim Weltcup-Auftakt ist fraglich
Der Westerheimer Skicrosser Daniel Bohnacker im großen Interview mit der SZ.
WESTERHEIM/STUTTGART Deutschlands bester Skicrosser Daniel Bohnacker hat sich in der Vorbereitung auf die Weltcup-Saison am Knie verletzt. Bei einem Trainingssturz in Saas Fee (Schweiz) vor wenigen Tagen hat sich der gebürtige Westerheimer das vordere Kreuzband angerissen. Ein Start im ersten Weltcup-Rennen am 7. Dezember in Val Thorens (Frankreich) ist fraglich. Seine Teilnahme bei den Olympischen Spielen 2018 in Pyeongchang (Südkorea) hat der 27-Jährige, der für den SC Gerhausen fährt, aber fest eingeplant. SZ-Volontär Michael Kroha hat mit ihm beim Training im Olympiastützpunkt in Stuttgart gesprochen.
Wie geht’s Ihrem Knie?
Es ist auf einem guten Weg. Schmerzen habe ich gar nicht. Aber es ist ein blöder Zeitpunkt. Die Ärzte sind aber zuversichtlich. Ich muss trotzdem langsam machen. Und das ist das Tückische. Es fühlt sich gut an, aber ich kann noch viel kaputt machen. Auf Zypern werden jetzt nochmal Konditionstraining machen. Eigentlich auch, um weg vom Schnee zu kommen. Aber so schneesatt bin ich jetzt eigentlich noch nicht.
Ist der Weltcup-Auftakt in Gefahr?
Wenn alles gut geht, schaffe ich es. Mitte November wird bei einem MRT-Termin alles nochmal überprüft. Dann kommt es darauf an, wie ich mich auf Schnee fühle. Ende November soll das soweit sein – eine Woche vor dem Weltcupstart. Ob das Sinn macht, muss ich mit den Trainern diskutieren. Aber das Ziel ist, zum Saisonstart auf Schnee zu sein.
Und Olympia?
Es wirft natürlich ein Stück weit zurück. Ich muss mich noch qualifizieren. Der Quali-Zeitraum geht Anfang Dezember los. Es wäre schade, wenn ich Rennen verpasse. Das würde die Chancen meiner Qualifikation schmälern.
Aber Sie rechnen mit einer Teilnahme?
Klar, das ist ein festes Ziel. Es wäre eine Enttäuschung, wenn nicht. Die Vorbereitung läuft nicht so wie gewünscht. Aber wenn mein Knie funktioniert, dann ist das schon mein Ziel. Ich habe Olympia fest eingeplant.
Was ist für eine Olympia-Quali notwendig?
Innerhalb der deutschen SkicrossMannschaft gibt vier Quali-Plätze. Und es gibt noch die Quote des DOSB: Da musst du zweimal unter den Top 16 oder einmal unter den Top acht sein.
Ihre Erfolge haben in der vergangenen Zeit abgenommen, Sie waren öfters verletzt. Stimmen Aufwand und Ertrag noch?
Natürlich geht es besser. Als ich frisch dabei war, gab es einen großen Umbruch. Nach den Spielen 2010 haben viele Arrivierte aufgehört. Seither steigt das Niveau. Allerdings hatte ich immer konstante Leistungen. Was fehlt, sind die großen Dinger wie ein Sieg. Aber lohnen tut sich das immer.
Warum?
Der Sport gibt einem viel. Ich verdiene damit auch mein Geld. Wobei es nicht so ist, dass ich wie ein Fußballspieler riesig Kohle einstreiche. Der Sport gibt einem drumherum aber auch sehr viel.
Sie haben ein Bachelor-Studium hinter sich, sind jetzt aber Sportsoldat. Warum?
Es ist extrem schwierig, einen Job zu finden, der für beide Seiten gut ist. Als Profisportler muss ich flexibel sein. Wenn im Herbst das Wetter umschlägt, kann es sein, dass wir diese Woche nicht trainieren gehen, sondern erst nächste. Dann dreht sich aber der Trainingsrhythmus. Da ist schwierig beruflich mit mir zu planen. Du kannst nirgends Verantwortung übernehmen. Deswegen bin ich zur Bundeswehr. Dort habe ich die finanzielle Absicherung und kann mich auf den Sport konzentrieren. Eigentlich ein super System. Alles andere funktioniert halt nicht.
Aber Ihre Vorstellungen sahen doch anders aus?
Ich hatte das so nicht geplant. Mir war es wichtig, eine Ausbildung nebenher zu machen. Ich wollte immer ein zweites Standbein haben. Man weiß ja nie, was kommt.
Die deutschen Spitzenathleten haben sich dazu entschieden, einen eigenen Verein zu gründen, um mehr Mitspracherecht in der Sportpolitik zu bekommen. Was halten Sie davon?
Die Idee klingt nicht schlecht. Deutsche Spitzenathleten haben so eine eigene Stimme. Sie sind zwar oft Beisitzer in Gremien, werden aber oft nicht gehört. Im Sport gibt es viele Interessen. Die der Athleten kommen oft zu kurz.
Was läuft schief?
Wenn ich nur mich als Athlet betrachte, gibt es viele Dinge, wo ich sagen würde, das könnte man anders machen. Aber als Athlet ist es schwierig, alles zu überblicken, um dann auch Kritik äußern zu können.
Wie gut ist denn der deutsche Skicross-Nachwuchs?
Es gibt ein paar vielversprechende Jungs. Aber es kommt darauf an, wie sich einer entwickelt. Das ist schwer vorherzusagen.
Skicross sieht im Fernsehen sehr gefährlich aus. Ist es das auch?
Es ist nicht gefährlicher als Alpinsport. Nur bei uns kannst du nicht immer etwas dafür, wenn es dich schmeißt. Du hast drei Kontrahenten und so kommst du auch mal in etwas rein. Das sieht spektakulär aus. Man lernt aber damit umzugehen.
Und wie kommt man als Westerheimer überhaupt zum Skifahren?
Meine Eltern haben viel Wintersport gemacht. Ich war von klein auf dabei. Mein Vater und meine Brüder sind Alpinrennen gefahren. Dann hat sich das Schritt für Schritt entwickelt.
Wie wichtig ist Ihnen noch die Heimat auf der Alb?
Da ich noch daheim wohne, komme ich öfters daheim vorbei. Speziell im Sommer, wo ich nicht so viel unterwegs bin. Ich gehe gerne Biken. Und ich freue mich aus den Verbandsstrukturen herauszukommen. Das wird manchmal auch viel. Zudem sind dort noch meine Kumpels.
Und wenn Sie jetzt nach Weltcup und Olympia wieder nach Hause kommen sollten. Auf was freuen Sie sich am liebsten?
Essen von Mama. (lacht) Nein, einfach daheim zu sein. Egal wo man unterwegs war, man freut sich, im eigenen Bett zu schlafen.
Ein Video über den Westerheimer Skicrosser Daniel Bohnacker beim Training gibt im Internet unter: schwäbische.de/bohnacker
„Es ist extrem schwierig, einen Job zu finden, der für beide Seiten gut ist“, sagt Sportsoldat Daniel Bohnacker.