Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Basketball als Integration
In der neuen Mannschaft BBU’01-Specials trainieren geistig Behinderte Jugendliche
SENDEN/NEU-ULM - Der Pass kommt nicht an, der Mitspieler schimpft, Gegenzug, Treffer, der erfolgreiche Korbschütze jubelt, als hätte er gerade eine ganz wichtige Partie entschieden. Dabei war es nur ein erfolgreicher Korbwurf in einem Trainingsspiel. Für den Schützen ist wie für die anderen Spieler, die sich seit Ende der Schulferien jeden Donnerstagnachmittag zur eineinhalbstündigen Übungseinheit im Trainingszentrum des Basketballklubs BBU’01 in Neu-Ulm treffen, jeder kleine Erfolg ganz wichtig. Er gibt den zwölf Jungs und Mädchen, die in der Nelsonhalle gemeinsam trainieren, mehr Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl.
Sie kommen alle aus dem Heilpädagogischen Zentrum Senden und sind geistig behindert. Außerdem: Die jungen, sehr engagiert und fröhlich spielenden Basketballer stehen in ihrem Sport ja noch ganz am Anfang und sind einfach stolz, wenn ihnen etwas gelingt.
Natürlich steht der eine oder die andere bei manchen Übungen mit dem Ball noch etwas auf Kriegsfuß, während sich wieder andere recht geschickt anstellen, aber die Trainerin der „Specials“, Linda Ansa, führt immer wieder mit viel Geduld vor, wie man es richtig macht.
Die gebürtige Finnin und Partnerin von Ulms Nachwuchstrainer Danny Jansson weiß, wie man mit Anfängern, noch dazu, wenn sie geistig behindert sind, umgeht: „Ich habe früher in meiner Heimat viel mit Behinderten gearbeitet. Es ist etwas Besonderes, wie diese Kinder pure Freude erleben und ausdrücken.“Natürlich ist die Bandbreite der Emotionen bei den Specials sonst genauso breit wie bei Nichtbehinderten. Deshalb sagt Ansa auch: „Insgesamt gibt es bei uns wenig Unterschiede zum Training mit Nichtbehinderten. Es geht nur etwas langsamer.“
Die Initialzündung zur Gründung der BBU’01-Specials kam, wie der Pressesprecher des Vereins, Martin Fünkele, berichtet, als ein Team geistig behinderter Basketballer aus Zuffenhausen bei einem Ulmer Eurocup-Heimspiel gegen eine U 16 Nichtbehinderter in der Pause ein Einlagespiel bestritt. Die Kinder waren total begeistert. So ein Team fehlte noch im Ulmer Verein, in dem momentan rund 30 Jugendteams spielen, wie Nachwuchskoordinator Rajiv Althaus berichtet.
Die Lebenshilfe Donau-Iller fand sich als Partner, das DrachenkinderProjekt leistete finanzielle Hilfe, die Schüler, die sich am Ulm-Sendener Projekt beteiligen, stammen bislang ausschließlich aus dem Heilpädagogischen Zentrum. Fünkele: „Unser Ziel ist, dass die Specials irgendwann auch Wettkämpfe bestreiten. Vor allem aber, dass sie regelmäßig am Ball bleiben.“Die Verantwortlichen für das Projekt haben bereits eine gemischte Mannschaft aus Behinderten und Nichtbehinderten im Sinn.
„Das Projekt mit den Specials gibt uns eine tolle Möglichkeit, mit geistig behinderten Menschen Berührungspunkte zu schaffen“, sagt Rajiv Althaus. So treffen die Specials in der Nelsonhalle auf Nichtbehinderte, die vor ihnen trainieren und nach ihnen. Ferner ist ein gemeinsamer Besuch eines Eurocupspiels der Ulmer Bundesliga-Basketballer geplant und die Specials sollen natürlich beim BBUSommerfest dabei sein. „Das Team soll in der BBU-Familie seinen Platz finden und wahrgenommen werden“, verspricht Althaus.
Die jungen Sendener sind also auch Ulmer oder eigentlich Neu-Ulmer, denn der Sitz des Vereins ist in Neu-Ulm und die Specials trainieren auch in Neu-Ulm. Aber das ist eigentlich egal. Für den 17-jährigen Tim, der stolz mit einem „We are one“-Shirt trainiert, ist es wichtig, dabei zu sein: „Das hier macht Spaß.“Tim sieht sich auch die Partien von Ratiopharm Ulm in der Neu-Ulmer Arena an und will selbst schnell besser werden. Einen Lieblingsspieler hat er aber nicht: „Ich mag alle Ulmer Spieler, die sind alle so gut.“
„Aber Basketball ist auch gut.“
Der zwölfjährige Caner gesteht zwar: „Am liebsten mag ich Fußball“, fügt dann aber an: „Aber Basketball ist auch gut. Ich hoffe, dass ich bald größer werde.“Er ist der Kleinste der Specials, hat aber dafür ein riesen Kämpferherz.
„We are one“, das ist die Losung der hiesigen Basketballfamilie. Und sie gilt auch oder noch mehr für die Integration der Specials in den Verein. „Anfangs gab es bei uns gewisse Bedenken“, verrät der stellvertretende Geschäftsführer der Lebenshilfe Donau-Iller, Karsten Zanor. „Jetzt herrscht totale Begeisterung. Es ist toll, welche Entwicklung die Jugendlichen nehmen.“Martin Fünkele hat das auch beobachtet und unterstützt das Projekt noch einmal verbal: „Wir wollen die Losung ,We are one‘ weiter mit Leben erfüllen. Das steht für unser Selbstverständnis.“