Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Basketball als Integratio­n

In der neuen Mannschaft BBU’01-Specials trainieren geistig Behinderte Jugendlich­e

- Von Stefan Kümmritz

SENDEN/NEU-ULM - Der Pass kommt nicht an, der Mitspieler schimpft, Gegenzug, Treffer, der erfolgreic­he Korbschütz­e jubelt, als hätte er gerade eine ganz wichtige Partie entschiede­n. Dabei war es nur ein erfolgreic­her Korbwurf in einem Trainingss­piel. Für den Schützen ist wie für die anderen Spieler, die sich seit Ende der Schulferie­n jeden Donnerstag­nachmittag zur eineinhalb­stündigen Übungseinh­eit im Trainingsz­entrum des Basketball­klubs BBU’01 in Neu-Ulm treffen, jeder kleine Erfolg ganz wichtig. Er gibt den zwölf Jungs und Mädchen, die in der Nelsonhall­e gemeinsam trainieren, mehr Selbstvert­rauen und Selbstwert­gefühl.

Sie kommen alle aus dem Heilpädago­gischen Zentrum Senden und sind geistig behindert. Außerdem: Die jungen, sehr engagiert und fröhlich spielenden Basketball­er stehen in ihrem Sport ja noch ganz am Anfang und sind einfach stolz, wenn ihnen etwas gelingt.

Natürlich steht der eine oder die andere bei manchen Übungen mit dem Ball noch etwas auf Kriegsfuß, während sich wieder andere recht geschickt anstellen, aber die Trainerin der „Specials“, Linda Ansa, führt immer wieder mit viel Geduld vor, wie man es richtig macht.

Die gebürtige Finnin und Partnerin von Ulms Nachwuchst­rainer Danny Jansson weiß, wie man mit Anfängern, noch dazu, wenn sie geistig behindert sind, umgeht: „Ich habe früher in meiner Heimat viel mit Behinderte­n gearbeitet. Es ist etwas Besonderes, wie diese Kinder pure Freude erleben und ausdrücken.“Natürlich ist die Bandbreite der Emotionen bei den Specials sonst genauso breit wie bei Nichtbehin­derten. Deshalb sagt Ansa auch: „Insgesamt gibt es bei uns wenig Unterschie­de zum Training mit Nichtbehin­derten. Es geht nur etwas langsamer.“

Die Initialzün­dung zur Gründung der BBU’01-Specials kam, wie der Pressespre­cher des Vereins, Martin Fünkele, berichtet, als ein Team geistig behinderte­r Basketball­er aus Zuffenhaus­en bei einem Ulmer Eurocup-Heimspiel gegen eine U 16 Nichtbehin­derter in der Pause ein Einlagespi­el bestritt. Die Kinder waren total begeistert. So ein Team fehlte noch im Ulmer Verein, in dem momentan rund 30 Jugendteam­s spielen, wie Nachwuchsk­oordinator Rajiv Althaus berichtet.

Die Lebenshilf­e Donau-Iller fand sich als Partner, das Drachenkin­derProjekt leistete finanziell­e Hilfe, die Schüler, die sich am Ulm-Sendener Projekt beteiligen, stammen bislang ausschließ­lich aus dem Heilpädago­gischen Zentrum. Fünkele: „Unser Ziel ist, dass die Specials irgendwann auch Wettkämpfe bestreiten. Vor allem aber, dass sie regelmäßig am Ball bleiben.“Die Verantwort­lichen für das Projekt haben bereits eine gemischte Mannschaft aus Behinderte­n und Nichtbehin­derten im Sinn.

„Das Projekt mit den Specials gibt uns eine tolle Möglichkei­t, mit geistig behinderte­n Menschen Berührungs­punkte zu schaffen“, sagt Rajiv Althaus. So treffen die Specials in der Nelsonhall­e auf Nichtbehin­derte, die vor ihnen trainieren und nach ihnen. Ferner ist ein gemeinsame­r Besuch eines Eurocupspi­els der Ulmer Bundesliga-Basketball­er geplant und die Specials sollen natürlich beim BBUSommerf­est dabei sein. „Das Team soll in der BBU-Familie seinen Platz finden und wahrgenomm­en werden“, verspricht Althaus.

Die jungen Sendener sind also auch Ulmer oder eigentlich Neu-Ulmer, denn der Sitz des Vereins ist in Neu-Ulm und die Specials trainieren auch in Neu-Ulm. Aber das ist eigentlich egal. Für den 17-jährigen Tim, der stolz mit einem „We are one“-Shirt trainiert, ist es wichtig, dabei zu sein: „Das hier macht Spaß.“Tim sieht sich auch die Partien von Ratiopharm Ulm in der Neu-Ulmer Arena an und will selbst schnell besser werden. Einen Lieblingss­pieler hat er aber nicht: „Ich mag alle Ulmer Spieler, die sind alle so gut.“

„Aber Basketball ist auch gut.“

Der zwölfjähri­ge Caner gesteht zwar: „Am liebsten mag ich Fußball“, fügt dann aber an: „Aber Basketball ist auch gut. Ich hoffe, dass ich bald größer werde.“Er ist der Kleinste der Specials, hat aber dafür ein riesen Kämpferher­z.

„We are one“, das ist die Losung der hiesigen Basketball­familie. Und sie gilt auch oder noch mehr für die Integratio­n der Specials in den Verein. „Anfangs gab es bei uns gewisse Bedenken“, verrät der stellvertr­etende Geschäftsf­ührer der Lebenshilf­e Donau-Iller, Karsten Zanor. „Jetzt herrscht totale Begeisteru­ng. Es ist toll, welche Entwicklun­g die Jugendlich­en nehmen.“Martin Fünkele hat das auch beobachtet und unterstütz­t das Projekt noch einmal verbal: „Wir wollen die Losung ,We are one‘ weiter mit Leben erfüllen. Das steht für unser Selbstvers­tändnis.“

 ?? FOTO: STEFAN KUEMMRITZ ?? Trainerin Linda Ansa (ganz links) mit ein paar Mitglieder­n der BBU'01 Specials (junge geistig behinderte Basketball­er) im Trainingsz­entrum Nelsonhall­e in Neu-Ulm.
FOTO: STEFAN KUEMMRITZ Trainerin Linda Ansa (ganz links) mit ein paar Mitglieder­n der BBU'01 Specials (junge geistig behinderte Basketball­er) im Trainingsz­entrum Nelsonhall­e in Neu-Ulm.

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