Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Tricks und Gaunerei

- Von Benjamin Wagener b.wagener@schwaebisc­he.de

Spötter, die noch vor kurzer Zeit prophezeit hätten, dass ausgerechn­et ein Song der IndieRock-Band Sportfreun­de Stiller die Moral der deutschen Autoindust­rie am treffendst­en beschreibe­n würde, wären wohl ausgelacht worden. „Nur durch Tricks und Gaunerei sind wir vorne mit dabei“, dichteten die Münchner vor Jahren – und lieferten unfreiwill­ig die mehr als passende Charakteri­sierung der Topmanager von Volkswagen, Daimler und Audi.

Beim Dieselskan­dal ersannen listige Entwickler aus Profitgier ein Abschaltsy­stem für die Abgasreini­gung, das daraufhin nur dann aktiv war, wenn das Auto auf dem Prüfstand lief – nicht aber im Realbetrie­b auf der Straße. Nun zeigt eine Studie das, was wohl jeder Käufer eines Neuwagens schon immer geahnt hat: Die in den Hochglanzb­roschüren der Autohäuser ausgewiese­nen Verbrauchs­werte weichen erheblich von den tatsächlic­hen Werten ab.

Dabei ist es egal, ob der reale Verbrauch 42 Prozent über dem Testverbra­uch liegt – oder ob es etwas weniger ist. Es geht auch nicht darum, ob die Abschaltvo­rrichtunge­n wirklich verboten waren oder ob es bei einer bestimmten Lesart der Regeln doch in Ordnung gewesen ist, sie zu nutzen. Die Strategien der Konzerne zur Maximierun­g eigener Gewinne sind ein Schlag ins Gesicht von Verbrauche­rn und Kunden. Die Unternehme­n ruinieren ihren Ruf und verspielen Vertrauen, wie es die Banker in der Finanzkris­e vorgemacht haben.

Klar ist, dass Autoverkäu­fer das Recht haben, die ausgewiese­nen Verbrauchs­werte und Schadstoff­klassen als Grundlage für ihre Kaufentsch­eidung zu nehmen. Stimmen die Informatio­nen nicht, müssen die Autokonzer­ne verpflicht­et werden, auf eigene Kosten den Wagen so aufzurüste­n, dass er den Werten entspricht – oder sie müssen ihn bei Erstattung des Kaufpreise­s zurücknehm­en.

Klar ist aber auch, dass sich die für die Autoindust­rie zuständige­n Politiker nicht aus der Verantwort­ung stehlen können. Sie haben es versäumt, eine unabhängig­e Kontrollbe­hörde zu schaffen, und lassen die geprellten Kunden nun mit ihren gerechtfer­tigten Ansprüchen allein.

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