Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
DFB setzt Krug als Videobeweis-Chef ab
Hellmut Krug von Aufgaben entbunden – Heynemann fordert weitere Konsequenzen
FRANKFURT (dpa/falx) - Hellmut Krug ist nicht mehr Projektleiter Videobeweis beim Deutschen FußballBund. Dies teilte der DFB nach einer Krisensitzung in Frankfurt mit. Krug wird künftig durch SchiedsrichterBoss Lutz Michael Fröhlich ersetzt. Krug war nicht zuletzt über den katastrophalen Start der Neuerung gestolpert. „So wie es jetzt läuft, hat man nur mehr Ungerechtigkeit geschaffen“, meint auch Ex-Schiedsrichter Bernd Heynemann und fordert Konsequenzen.
FRANKFURT - Interne Grabenkämpfe, Maulkörbe, harsche Kritik am Videobeweis – Deutschlands Schiedsrichter sorgen derzeit für reichlich negative Schlagzeilen. Jetzt hat es mit dem früheren FIFA-Schiedsrichter und bisherigen Projektleiter Videobeweis Hellmut Krug einen der prominentesten Figuren im deutschen Schiedsrichterwesen getroffen. Der DFB zeigte Krug die Rote Karte und setzte ihn als Projektleiter ab. Krug darf sich allerdings weiterhin engagieren, er „wird sich auf die inhaltliche Analyse und die fachliche Dokumentation konzentrieren“, wie der DFB mitteilte.
Der 61-Jährige muss die Konsequenzen tragen für die bis dato desaströs verlaufene Anfangsphase – und das noch schlimmere Krisenmanagement – des Videoschiedsrichters in der Bundesliga. Kritik über seinen Führungsstil sowie die am Sonntag aufgekommenen Vorwürfe, er habe in seiner Funktion als Supervisor in der Videozentrale in Köln unerlaubterweise Einfluss auf die Entscheidungen der Videoassistenten genommen, brachten das Fass wohl zum Überlaufen. Krug bestreitet die Vorwürfe. Der DFB stellte zumindest klar, dass Krug, dessen Aufgaben als Projektleiter bis auf Weiteres Schiedsrichter-Chef Lutz Michael Fröhlich übernimmt, wie auch die anderen Supervisoren „künftig während der Spiele keine direkte Kommunikation mehr mit den Videoassistenten haben werden“.
Dass der Videobeweis als solcher funktioniert – erst am Sonntag gab Schiedsrichter Jochen Drees bei der Partie zwischen dem VfL Wolfsburg und Hertha BSC (3:3) etwa zwei irreguläre Tore dank des Videobeweises nicht – geschenkt. Nach den jüngsten Entwicklungen steht die Zukunft mehr denn je in den Sternen. Fritz Keller, Präsident des SC Freiburg, sagte etwa dem SWR: „Ich würde sagen: Mann aus dem Ohr, Stecker ziehen, Fußball spielen, Entscheidungen im Stadion und sonst nichts.“Mönchengladbachs Trainer Dieter Hecking prognostizierte bereits das Aus zur Winterpause.
Für den früheren FIFA-Schiedsrichter und Ex-Bundestagsabgeordneter Bernd Heynemann (CDU) ist das keine Überraschung: „Es ist durchaus nachvollziehbar, dass einige Manager jetzt sagen: ,Schluss’“, so der 63-Jährige zur „Schwäbischen Zeitung“. Allerdings liege dies vor allem an der mangelhaften Umsetzung des Projekts. Dass der Assistent an den Monitoren den Schiedsrichter auf dem Platz überstimmen kann, stößt Heynemann sauer auf: „Die Einbahnstraße ist ja jetzt von Köln auf den Platz geschaltet. Der Assisent sagt nun: ,Mach dies und das’. Dies ist völlig aus dem Ruder gelaufen. Der Videoassistent soll ein Helfer bei strittigen Szenen sein, wenn der Schiedsrichter Zweifel hat.“
Allgemein sieht Heynemann, die „Videokontrolle“nicht als gescheitert. „Man sollte zu den vier Grundsätzen zurückkehren, die vor der Saison ausgegeben wurden (Videobeweis nur bei Strafstoß, Abseits-Tor, Karten, spielentscheidende Fehler, d.Red.) und sich dann mit den Clubs in der Winterpause zusammensetzen und über Kritikpunkte reden.“Die Videoschiedsrichter-Chefs um Krug hatten nach dem fünften Spieltag die Kompetenzen des Videoassistenten per Rundbrief an die Schiedsrichter aufgewertet, den Clubs aber zunächst nicht Bescheid gegeben. Das Unverständnis darüber hatte auch die Spirale in Gang gesetzt, die Krug nun das Amt gekostet hat. Auch SCF-Präsident Keller will seinen Vorstoß nicht als Generalkritik an den Unparteiischen verstanden wissen: „Die Fehlerquote ist relativ gering. Wir regen uns zwar immer auf, aber letztendlich haben wir wirklich gute Schiedsrichter.“
Doch im Schiedsrichterwesen läuft einiges schief. Als Manuel Gräfe, einer der besten Schiedsrichter des Landes, jüngst Krug und Schiedsrichterchef Herbert Fandel erst intern und dann öffentlich einen miserablen Führungsstil und Vetternwirtschaft vorwarf, schloss sich dieser Kritik auch FIFA-Schiredsrichter Felix Brych an. Der DFB gründete schnell eine Ethik-Kommission unter dem Vorsitz des früheren Bundesaußenministers Klaus Kinkel (FDP). Doch statt die Gelegenheit gründlich zu untersuchen und alle Beteiligten anzuhören, folgte letzten Freitag ein Schiedsspruch in Rekordzeit – bei dem alle ein bisschen bestraft wurden. Gräfe wurde zudem ein Maulkorb verpasst, anderfalls droht der Ausschluss aus dem Oberhaus.
Diese Schweigespirale, die seit Jahren die deutsche Schiedsrichterei beherrscht, kritisiert auch Heynemann. „Jeder möchte Bundesliga pfeifen und wer aus der Reihe tanzt, der pfeift eben nur noch jede fünfte Woche Bundesliga. „Das ist schon – Geheimclub will ich nicht sagen – aber schon nicht transparent. Nur wenige trauen sich was zu sagen und bisher hat das System so funktioniert.“Die Gruppe sei eine Art BlackBox. „Es müssen jetzt Konsequenzen gezogen werden und die EliteSchiesdrichtergruppe muss Chefsache werden.“
„Es müssen jetzt Konsequenzen gezogen werden.“Bernd Heynemann