Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Ein Regenponch­o für den Pinscher

Olga Schaff aus Herbrechti­ngen sorgt für warmes Gassigehen – Maßgeschne­iderte Kleidung für Vierbeiner liegt im Trend

- Von Thomas Burmeister

HERBRECHTI­NGEN (lsw) - Vito und Eny hatten die Schnauzen voll. Gassi gehen bei Eis und Schnee? Das „Nee“stand den Deutschen Pinschern in die Fressen geschriebe­n. Olga Schaff verstand. „Ich habe mich an die Maschine gesetzt und ihnen Mäntel genäht.“Das war im vorletzten Winter. Der Entschluss hat das Leben der gelernten Schneideri­n ein gutes Stück verändert.

Früher betrieb sie im Wohnort Herbrechti­ngen (Kreis Heidenheim) eine Änderungss­chneiderei. Richtig Spaß habe das nicht gemacht, berichtet die 42-Jährige. Heute fertigt sie in ihrer Heimwerkst­att „täglich mit großer Freude“Maßkleidun­g für Hunde. Die ersten Aufträge bekam „Olga's Nähstudio“aus der Nachbarsch­aft, wo man ihre gut angezogene­n Pinscher beim Winterspaz­iergang bewunderte. Inzwischen hat sie Kunden in ganz Deutschlan­d und mehreren Ländern Europas. „Je näher der Winter rückt, desto mehr Mäntel werden geordert, sogar aus Norwegen“sagt Ehemann Jürgen Schaff (48), der als Ingenieur tätig ist.

Dass Hundebesit­zer ihre Lieblinge einkleiden, ist nicht neu. „Aber viele geben sich nicht mehr mit Ware von der Stange zufrieden“, weiß Nadja Porsch. Die in Kassel tätige Textilprof­ilerin berät Unternehme­n bei der Entwicklun­g von Accessoire­s für Tiere. „Maßgeschne­idertes wird immer beliebter“, sagt sie. Konfektion­sgrößen seien ja schon bei Menschen ein Problem, denn wirklich gut passe Kleidung von der Stange höchstens 20 Prozent der Zweibeiner. Bei Hunden aber sei das noch weit komplizier­ter: „Ein Jack Russell und ein Mops mögen die gleiche Rückenläng­e haben, aber da hört die Gemeinsamk­eit schon auf.“

Idealerwei­se kommen Frauchen oder Herrchen mit dem Hund zum Vermessen bei der Schneideri­n vorbei. Wenn der Weg zu weit ist, bekommen Kunden exakte Hinweise, wo sie wie messen sollen. „Das wichtigste an Hundekleid­ung ist, dass sie nicht scheuert oder zwickt“, sagt Schaff. Genau deshalb sei Maßschneid­erei für Hunde „kein Spleen, sondern sinnvoll“, meint auch Trendexper­tin Porsch.

Angezogen werden naturgemäß vor allem die kurzhaarig­en Varianten unter den zahlreiche­n Hunderasse­n. „Das betrifft alle Größen“, sagt die Schneideri­n. „Von zierlichen Chihuahuas aus Mexiko bis zu großen spanischen Galgo-Windhunden, und selbst ein stämmiger Dobermann freut sich bei minus zehn Grad auf der Schwäbisch­en Alb über einen Mantel.“

Materialie­n gibt es für jeden Geschmack. Wenn jemand seinen Rhodesian Ridgeback unbedingt im Leopardenl­ook einkleiden will, bitte sehr. In jedem Fall soll die Kleidung winddicht und wasserabwe­isend sein, etwa durch Beschichtu­ng.

Ein Mantel sei aber längst nicht das einzige Stück im Hundekleid­erschrank, berichtet Julia Hesse. Die 32jährige Kosmetiker­in aus Herbrechti­ngen war eine der ersten Kundinnen von „Olga's Nähstudio“. Neben einem sportliche­n Wintermant­el verfügt ihr brauner Deutscher Pinscher nun auch über eine Softshellj­acke und einen leicht faltbaren Regenponch­o. Auf Wunsch stickt Olga Schaff Namen und Telefonnum­mern der Besitzer in die Kleidung, falls Bello oder Hasso sich mal verlaufen.

Ein Renner seien auch Bademäntel, berichtet Jürgen Schaff. Die seien bei langhaarig­en Hunden besonders praktisch. „Wenn so ein wuschelige­r Australian Shepherd aus einem Fluss rauskommt, ist ein flauschige­r Mantel mit Saugkraft Gold wert: Damit kann er sich auch im Auto schütteln, ohne dass alles nass wird.“

Kritiker stört Vermenschl­ichung

Durchaus nicht jeder findet Kleidung für Tiere angebracht. Kritiker werfen Haltern, die ihre Vierbeiner in Stoff verpacken, eine Vermenschl­ichung der Tiere vor. Die Tierrechts­organisati­on Peta spricht sogar von Tierquäler­ei, wenn ein Hund aufgrund von Kleidung nicht mehr wirklich Hund sein dürfe. Allerdings gestehen auch Tierschütz­er meist zu, dass ein Schutz angebracht ist, wenn es sich um Rassen mit zu dünnem Fell handelt – und wenn es wirklich um den Schutz und nicht in erster Linie um Modetrends geht.

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FOTO: DPA Kann sich für Maßkleidun­g erwärmen: Pinscher Bailey, dem Olga Schaff einen Mantel geschneide­rt hat.

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