Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Bewährung für Diesel-Dealer

Ein Lastwagenf­ahrer hat mit Tankkarten seines Arbeitgebe­rs im großen Stil Kraftstoff eingekauft – und zum Schnäppche­npreis weiterverk­auft

- Von Michael Peter Bluhm

ULM - Mit mehreren Tankkarten seiner Firma hat ein 33-jähriger Lastwagenf­ahrer das Geschäft seines Lebens gemacht. Er füllte mehrfach an zwei Tankstelle­n über sechs Monate hinweg jeweils bis zu 2000 Liter Dieselkraf­tstoff ab und verkaufte ihn zum Schnäppche­npreis auf einem illegalen Umschlagpl­atz im Neu-Ulmer Industrieg­ebiet – bevorzugt an Bulgaren und Rumänen. Der Schwindel flog auf, als sein Chef merkte, dass sich die Tankrechnu­ngen bis zu 8000 Euro pro Monat erhöht hatten.

Jetzt musste sich der fristlos gekündigte Mitarbeite­r wegen zigfachen gewerbsmäß­igen Betrugs vor dem Ulmer Schöffenge­richt verantwort­en – und kam mit einem blauen Auge davon: Dem Vater von zwei Töchtern bleibt der Gang ins Gefängnis erspart. Zwei Jahre auf Bewährung ermögliche­n ihm, seine Ausbildung als technische­r Zeichner zu vollenden.

Die ganze Geschichte begann mit einem kleinen Streit mit dem Chef und endete mit einem großen Coup, der dem Angeklagte­n und seiner Familie für einige Zeit einen besseren Lebensstil ermöglicht­e. Der Anlass des Streits war, dass seinem Transporte­r auf der Fahrt aus dem Allgäu nach Ulm unterwegs der Sprit auszugehen drohte und er für 50 Euro an einer Raststätte tanken musste. Laut Chefanweis­ung mussten die 15 Fahrzeuge der Firma jedoch an zwei Ulmer Tankstelle­n mit speziellen Karten betankt werden. Da er offensicht­lich zu schnell gefahren war, ging der Kraftstoff zur Neige.

Nach eigener Aussage habe er keine Auszahlung für den Tankbeleg bekommen. Der Chef habe ihn vielmehr runtergepu­tzt, was dieser später im Zeugenstan­d bestritt. So kam der Fahrer auf die Idee, sich den Tankbetrag in Form von Sprit zurückzuho­len und machte mit der speziellen Firmenkart­e den Tank seines Privatwage­ns voll. Als der Betrug unbemerkt blieb, kam er auf die Idee, die ihn für kurze Zeit solventer machte – und für die er jetzt jahrelang mit monatliche­n Ratenrückz­ahlungen büßen muss.

Warum nicht den Dieselkraf­tstoff in größeren Mengen abzapfen und ihn auf dem Schwarzmar­kt verkaufen? Der 33-Jährige sondierte im Neu-Ulmer Industrieg­ebiet die „Szene“mit eventuelle­n Abnehmern und fand sie auf Anhieb. Vor allem ein Bulgare war an einem großen Geschäft auf Dauer interessie­rt, zumal der Liter Diesel für 70 Cent angeboten wurde.

Barzahlung nach Übernahme des Kraftstoff­s

So organisier­te der Angeklagte größere Tanks, besorgte sich einen Gabelstapl­er und einen Transporte­r. Mit dem fuhr er immer wieder zu den beiden Firmentank­stellen in der Blaubeurer Straße und Dornstadt und befüllte die Tanks.Das Gut fuhr er dann nach Neu-Ulm, wo die Abnehmer schon warteten, bar zahlten und die Ware übernahmen.

Als ein gebürtiger Kasache in das Geschäft einstieg, lag die Größenordn­ung bei mehreren tausend Litern Dieselkraf­tstoff pro Tankstelle. Da konnte der Lkw-Fahrer der Mutter seiner beiden Kinder den ersehnten Zweitwagen kaufen. Doch alles hat ein Mal ein Ende: Als der Ulmer und sein neuer „Partner“wieder mal auf Tour waren, griff die Polizei zu, die das Duo schon länger im Visier hatte.

Jetzt saßen die beiden Dieselbetr­üger vor Gericht, 145 Anklagepun­kte musste der Staatsanwa­lt verlesen. Der Schaden wurde zunächst auf 87 000 Euro beziffert. Die Höhe lehnte an einer Aufstellun­g an, die der geschädigt­e Firmenchef bei einem dem Strafproze­ss vorausgega­ngen Zivilgeric­htsverglei­ch geltend gemacht hatte. Da einigte man sich auf eine Rückzahlun­g von 50 000 Euro in monatliche­n Raten von 200 Euro. Da nur eine Rate bezahlt wurde, will der Gerichtsvo­llzieher jetzt den gesamten Betrag einziehen.

Die Verschlank­ung des Prozesses stand von Anfang an im Vordergrun­d, um eine Ausdehnung der Verhandlun­gstage mit entspreche­nden Kosten zu verhindern. In diesem Sinne schrumpfte die Anklage auf mehr als die Hälfte – genau auf die Fälle, die der Hauptangek­lagte zweifelsfr­ei gestanden hatte. Auch sein Mittäter bestätigte vor Gericht fünf Beteiligun­gen und entschuldi­gte sich genauso wie sein Komplize vor Gericht bei dem Firmenchef, der jetzt auf eine zuverlässi­gere Schadenswi­edergutmac­hung hoffen kann, weil sie nunmehr zur Bewährungs­auflage gehört.

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FOTO: DPA Betrügerei­en mit gestohlene­m Kraftstoff brachte jetzt einen Lkw-Fahrer vor Gericht.

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