Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Auf der Suche nach den Werners von morgen
Nach seinem Verletzungsaus hilft der frühere NFL-Footballer Björn Werner Talenten aus Europa nach Übersee
BERLIN (SID/sz) - Den Jagdinstinkt besaß Björn Werner schon immer. Früher scharrte er als Footballer in der National Football League (NFL) mit den Hufen und war stets bereit, den gegnerischen Quarterback gnadenlos zu Boden zu reißen. Dann setzte eine Knieverletzung seiner Profilaufbahn im vergangenen Jahr ein jähes Ende. Doch auch in der Karriere nach der Karriere jagt der Berliner wieder. Nach den NFL-Talenten von morgen – und das in Europa.
Gridiron Imports, so heißt Werners Firma, die er im September 2016 auf den Weg gebracht hat. „Wir haben gerade Jungs rübergebracht, viele gehen jetzt an die Colleges“, so Werner. Kurz bevor Gridiron Imports auf den Markt ging, hatten die Jacksonville Jaguars Björn Werner entlassen – der Anfang vom Ende seiner aktiven Laufbahn. Nach anhaltenden Knieproblemen (vier Operationen in acht Jahren!) machte er im Januar 2017 offiziell Schluss. Nach gerade einmal 38 NFL-Spielen in der regulären Saison, vier Play-off-Begegnungen – und langer Leidenszeit. Doch das Unternehmen des heute 27-Jährigen wuchs und wurde ihm zur Perspektive für die Zukunft. Die bietet er über seine Plattform nun auch europäischen Nachwuchsspielern. „Ich arbeite mit meiner Firma mit vielen Europäern. Nicht nur mit Deutschen, auch mit Österreichern, Dänen.“In den USA, in den College-Ligen Fuß zu fassen, sei für sie „schon wirklich hart“.
Um den Talenten den schwierigen Sprung über den großen Teich zu ermöglichen, evaluiert Werner mit seinem Team ihre Chancen, stellt Kontakte zu ausgewählten Highschools her und berät im Bewerbungsprozess. Im Alter von 15 bis 17 Jahren sollen sich die Jungen für einen Platz an einem College empfehlen. Von dort rekrutieren später die NFL-Teams im jährlichen Draft, der Ziehung der Talente, ihre neuen Spieler.
Die Zeit am College hält Björn Werner für eine Profikarriere für unabdingbar. Das beweise auch das Beispiel Moritz Böhringer. Der Wide Receiver war 2016 ohne College-Erfahrung von den Minnesota Vikings verpflichtet worden, schaffte es aber nicht in deren Kader. „Die Situation hat gezeigt, dass dir, wenn du nicht direkt durch den College-Level kommst, diese jahrelange Erfahrung einfach fehlt. College-Football ist wie eine Profiliga, das ist die zweitbeste Liga der Welt“, sagte Werner.
Dieses Jahr brachte Werner auch zwei Deutsche dort unter. Gerrik Vollmer aus Hamburg (University of Virgina) und der Stuttgarter Simon Krizak (Bucknell University) sind 20 Jahre und spielen in der höchsten Universitätsliga Division 1. Vielleicht schaffen die Offensive Linemen ja den Sprung nach ganz oben. Aktuell sind zwei Deutsche in der NFL vertreten: Kasim Edebali (Denver Broncos) und Mark Nzeocha (San Francisco 49ers). Da wartet noch einige (Jagd-)Arbeit.