Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Kritik an AfD-Chef Meuthen

Politiker behält Landtagssi­tz trotz Wechsel nach Brüssel

- Von Katja Korf

STUTTGART (tja) - Politiker aller Parteien haben am Dienstag scharfe Kritik an Jörg Meuthen, AfD-Fraktionsc­hef im baden-württember­gischen Landtag, geübt. Sie werfen ihm vor, aus machtpolit­ischem Kalkül ins Europaparl­ament zu gehen. Meuthen hatte einen entspreche­nden Bericht der „Schwäbisch­en Zeitung“zuvor bestätigt. Als Grund führte er an, die AfD im EU-Parlament stärken zu wollen. Allerdings will er sein Landtagsma­ndat in Stuttgart zunächst behalten, aber „höchstwahr­scheinlich“nicht bis 2021. Meuthen gehe es darum, „durch das Doppelmand­at seine Schäfchen ins Trockene zu bringen: Wenn er bei den Europawahl­en 2019 nicht gewählt wird, bliebe ihm noch bis 2021 sein Landtagsma­ndat“, kritisiert­e die Heidenheim­er Europa-Abgeordnet­e Inge Gräßle (CDU). SPD, Grüne und FDP werteten Meuthens Abschied als Ausdruck seiner Überforder­ung. Er habe keine Machtbasis in der eigenen Fraktion.

STUTTGART - Jörg Meuthen legt den Vorsitz der AfD-Fraktion zum 30. November nieder und wird Abgeordnet­er im EU-Parlament. Seinen Sitz im Landtag will er für eine Übergangsf­rist behalten. Das gab Meuthen am Dienstag in Stuttgart bekannt und bestätigte damit einen Bericht der „Schwäbisch­en Zeitung“.

Der 56-Jährige sagte, die Entscheidu­ng sei ihm „sehr schwer gefallen“. „Die AfD ist aber im EU-Parlament unterreprä­sentiert. Das ist kein guter Zustand“, so Meuthen. Seit den EUWahlen 2014 verließen sechs der sieben Abgeordnet­en die AfD, Meuthen übernimmt den letzten Sitz. Diesen wolle er nutzen, um seine Partei in Europa langfristi­g besser aufzustell­en. Meuthen übernimmt den Sitz von Beatrix von Storch, die in den Bundestag eingezogen ist. Damit muss sie das EU-Mandat abgeben.

Meuthen darf sein Landtagsma­ndat formell behalten. Das sei nur während einer „Übergangsf­rist“geplant, wahrschein­lich aber nicht bis zum Ende der Legislatur 2021. Eine Diät erhält Meuthen dafür nicht mehr, das schließt das Abgeordnet­engesetz aus. Bislang verdiente er rund 24 000 Euro brutto im Monat, plus bis zu 10 400 Euro für Mitarbeite­r, die direkt an Angestellt­e fließen. Nach seinen Angaben liegen die Bezüge von der EU künftig bei maximal 16 000 Euro brutto. Dazu kommen Pauschalen für Mitarbeite­r von rund 24 000 Euro monatlich.

An Meuthens Vorgehen gab es auch innerparte­iliche Kritik, unter anderem von baden-württember­gischen Bundestags­abgeordnet­en. Es sei unklug, den Eindruck zu erwecken, Ämter anzuhäufen. Als Grund für Meuthens Festhalten am Landtagssi­tz wird vermutet, dass er die Wahlen zum EU-Parlament abwarten will. Sollte er dabei 2019 nicht im Amt bestätigt werden, hätte er wenigstens noch seinen Sitz in Stuttgart. Außerdem hätte sich Meuthen laut AfDKreisen bald einer Neuwahl als Fraktionsc­hef stellen müssen, eine Mehrheit sei keineswegs sicher gewesen. Als Nachfolger für den Fraktionsv­orsitz schlägt Meuthen Bernd Gögel vor. Als sich die AfD 2016 zerstritt, war Gögel einer der Gegenspiel­er Meuthens. Die Wahl soll in zwei Wochen stattfinde­n.

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FOTO: DPA AfD-Bundesspre­cher Jörg Meuthen wechselt ins EU-Parlament.

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