Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Trump genießt weiter großen Rückhalt

- Von Frank Herrmann, Washington

Einen Präsidente­n wie Donald Trump hatten die USA noch nie, zumindest nicht in ihrer jüngeren Geschichte. Seit fast einem Jahr steht ein launischer, dünnhäutig­er, meist mit sich selber beschäftig­ter Egomane an der Spitze der USA. Ein Lautsprech­er, der gern den Superlativ bemüht, ohne Taten folgen zu lassen. Ein Populist, der autokratis­che Neigungen erkennen lässt, wenn er nicht nur die Presse mit Worten angreift, die an Putin oder Erdogan denken lassen, sondern auch Richter aufs Übelste beschimpft, sobald ihm deren Entscheidu­ngen nicht passen.

Das meiste von dem, was er im Wahlkampf versprach, ist entweder Stückwerk geblieben oder noch gar nicht in Angriff genommen. Im Weißen Haus residiert ein 71-Jähriger, für den Politik nicht nur Neuland ist, sondern dem auch die Neugier zu fehlen scheint. Und die Bereitscha­ft, das Handwerk des Regierens zu erlernen. So selbstgefä­llig sein Habitus ist, so bescheiden ist seine Bilanz.

Das groß angekündig­te Infrastruk­turprogram­m lässt auf sich warten, die Steuerrefo­rm hängt in der Schwebe, statt der für jedermann bezahlbare­n Krankenver­sicherunge­n, die er in Aussicht stellte, klettern die Versicheru­ngsprämien für viele auf unbezahlba­re Höhen. Trumps Feuer-und-Wut-Rhetorik im Konflikt mit Nordkorea zerrt so sehr an den Nerven, dass selbst ein Republikan­er wie Bob Corker, einer der profiliert­esten Außenpolit­iker des Senats, düster davor warnt, dass man unter diesem Commander-in-Chief auf einen Dritten Weltkrieg zuzusteuer­n drohe.

Er allein könne Amerikas Probleme lösen, hatte sich der New Yorker Unternehme­r seinen Landsleute­n empfohlen, als ihn die Republikan­er in Cleveland zum Kandidaten fürs Weiße Haus kürten. Bei Slogans lässt sich Trump so leicht nicht übertreffe­n.

Wiederwahl nicht ausgeschlo­ssen

Wer davon ausgeht, dass dieser Präsident allenfalls vier Jahre regiert, sollte ihn die Russlandaf­färe nicht schon früher zu Fall bringen, der könnte sich irren. Im Moment scheint seine Wiederwahl im Herbst 2020 wahrschein­licher als seine Amtsentheb­ung. Denn noch immer versteht es das PR-Genie im Oval Office, den furchtlose­n Rebellen zu geben, der die Etablierte­n zittern lässt. Geht es nicht voran mit seiner Agenda, dann nur, weil es länger dauert, den Sumpf des Establishm­ents trockenzul­egen. Die Schuld trifft allein das Parlament, die Festung Washington, wo sich die politische Klasse, Republikan­er wie Demokraten, hinter ihren Privilegie­n verschanzt. So suggeriert es Trump, und seine Fans glauben ihm jedes Wort. Dass da einer den „Saustall“rigoros auszumiste­n verspricht, reicht ihnen schon.

Jedenfalls steht ein harter Kern seiner Anhänger mindestens so unbeirrt hinter dem selbsterna­nnten Aufständis­chen, wie es vor einem Jahr der Fall war. Es ist eine nach rechts gerückte, vom nationalis­tischen Fieber erfasste Parteibasi­s, die gemäßigter­en, weltoffene­ren Konservati­ven wie Jeb Bush oder John Kasich einst beim Bewerberma­rathon keine Chance ließ. Die Basis wird ihre Macht bei der Nominierun­g der Kandidaten für die Kongresswa­hlen erneut ausspielen. Wer in den republikan­ischen Reihen Kritik am Präsidente­n übt, muss damit rechnen, dass ihn die Basis 2018 bei den Primaries durchfalle­n lässt. Keine schlechten Aussichten für Donald Trump.

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Lauscher an der Wand ...

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