Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Trump genießt weiter großen Rückhalt
Einen Präsidenten wie Donald Trump hatten die USA noch nie, zumindest nicht in ihrer jüngeren Geschichte. Seit fast einem Jahr steht ein launischer, dünnhäutiger, meist mit sich selber beschäftigter Egomane an der Spitze der USA. Ein Lautsprecher, der gern den Superlativ bemüht, ohne Taten folgen zu lassen. Ein Populist, der autokratische Neigungen erkennen lässt, wenn er nicht nur die Presse mit Worten angreift, die an Putin oder Erdogan denken lassen, sondern auch Richter aufs Übelste beschimpft, sobald ihm deren Entscheidungen nicht passen.
Das meiste von dem, was er im Wahlkampf versprach, ist entweder Stückwerk geblieben oder noch gar nicht in Angriff genommen. Im Weißen Haus residiert ein 71-Jähriger, für den Politik nicht nur Neuland ist, sondern dem auch die Neugier zu fehlen scheint. Und die Bereitschaft, das Handwerk des Regierens zu erlernen. So selbstgefällig sein Habitus ist, so bescheiden ist seine Bilanz.
Das groß angekündigte Infrastrukturprogramm lässt auf sich warten, die Steuerreform hängt in der Schwebe, statt der für jedermann bezahlbaren Krankenversicherungen, die er in Aussicht stellte, klettern die Versicherungsprämien für viele auf unbezahlbare Höhen. Trumps Feuer-und-Wut-Rhetorik im Konflikt mit Nordkorea zerrt so sehr an den Nerven, dass selbst ein Republikaner wie Bob Corker, einer der profiliertesten Außenpolitiker des Senats, düster davor warnt, dass man unter diesem Commander-in-Chief auf einen Dritten Weltkrieg zuzusteuern drohe.
Er allein könne Amerikas Probleme lösen, hatte sich der New Yorker Unternehmer seinen Landsleuten empfohlen, als ihn die Republikaner in Cleveland zum Kandidaten fürs Weiße Haus kürten. Bei Slogans lässt sich Trump so leicht nicht übertreffen.
Wiederwahl nicht ausgeschlossen
Wer davon ausgeht, dass dieser Präsident allenfalls vier Jahre regiert, sollte ihn die Russlandaffäre nicht schon früher zu Fall bringen, der könnte sich irren. Im Moment scheint seine Wiederwahl im Herbst 2020 wahrscheinlicher als seine Amtsenthebung. Denn noch immer versteht es das PR-Genie im Oval Office, den furchtlosen Rebellen zu geben, der die Etablierten zittern lässt. Geht es nicht voran mit seiner Agenda, dann nur, weil es länger dauert, den Sumpf des Establishments trockenzulegen. Die Schuld trifft allein das Parlament, die Festung Washington, wo sich die politische Klasse, Republikaner wie Demokraten, hinter ihren Privilegien verschanzt. So suggeriert es Trump, und seine Fans glauben ihm jedes Wort. Dass da einer den „Saustall“rigoros auszumisten verspricht, reicht ihnen schon.
Jedenfalls steht ein harter Kern seiner Anhänger mindestens so unbeirrt hinter dem selbsternannten Aufständischen, wie es vor einem Jahr der Fall war. Es ist eine nach rechts gerückte, vom nationalistischen Fieber erfasste Parteibasis, die gemäßigteren, weltoffeneren Konservativen wie Jeb Bush oder John Kasich einst beim Bewerbermarathon keine Chance ließ. Die Basis wird ihre Macht bei der Nominierung der Kandidaten für die Kongresswahlen erneut ausspielen. Wer in den republikanischen Reihen Kritik am Präsidenten übt, muss damit rechnen, dass ihn die Basis 2018 bei den Primaries durchfallen lässt. Keine schlechten Aussichten für Donald Trump.